Teriflunomid
Seit Oktober 2013 ist mit Teriflunomid (Aubagio®) ein neues orales Medikament in Deutschland zur Immuntherapie der multiplen Sklerose auf dem Markt. Die Substanz wurde in großen klinischen Studien getestet und hat sich in der Therapie der schubförmigen multiplen Sklerose als wirksam erwiesen. Teriflunomid konnte in der zugelassenen Dosis von 14 mg/Tag die Schubfrequenz signifikant reduzieren und das Fortschreiten der Behinderung verlangsamen. Damit ist das Medikament – auch weil es nur einmal täglich appliziert werden muss – eine Alternative zu den zugelassenen Ersttherapien wie Interferon beta und Glatirameracetat. Teriflunomid hemmt reversibel die Pyrimidinsynthese und vermindert damit die Proliferation und Zytokinsekretion in proliferierenden Immunzellen. Dieser therapeutische Effekt ist bereits von der Vorgängersubstanz Leflunomid (Arava®) bekannt, das zur Therapie der aktiven, rheumatoiden Arthritis und Psoriasisarthritis bei Erwachsenen zugelassen ist. Teriflunomid hat ein gut bekanntes Sicherheitsprofil. Allerdings sind während der Therapie das Blutbild und die Leberwerte zu kontrollieren und die Kontraindikation bei Schwangerschaft zu beachten. Der folgende Artikel gibt eine Übersicht über Wirkungsmechanismus, Pharmakokinetik, relevante klinische Studiendaten und den Stellenwert in der MS-Therapie.
Schlüsselwörter: MS, orale Therapie, Basistherapie, Immuntherapie
Psychopharmakotherapie 2014;21:3–6.
English abstract
Teriflunomide
Since 10/2013 teriflunomide is licensed as a new oral substance for multiple sclerosis therapy in Germany. The substance has been tested in large-scale clinical studies and proven to be effective in the therapy of relapsing-remitting multiple sclerosis. Applied in the admitted dosage of 14 mg/day it significantly reduced the relapse rate and slowed down the progression of disability. Considering these features and the fact that it needs to be applied only once a day teriflunomide can be considered as an alternative to approved first-line therapies such as interferon beta und glatiramer acetate. Teriflunomide reversibly inhibits pyrimidine synthesis and therefore reduced proliferation and cytokine secretion in proliferating immune cells. This method of action is already known from its prodrug leflunomide (Arava®), which is licensed for the treatment of active rheumatoid arthritis for years. Teriflunomide’s safety profile is well-known. Nevertheless blood cell counts and liver enzymes have to be checked regularly under therapy. Teriflunomide is contraindicated during pregnancy. The following article provides a short overview on mechanisms of action, pharmacokinetics, relevant study data and the role of teriflunomide in MS therapy.
Key words: MS, oral therapy, first-line therapy, immune therapy
„Unmet needs“ in der Antidepressiva-Therapie
Depression, eine weltweit häufige Erkrankung, kann die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen, zu Invalidität führen und die Lebenserwartung verkürzen. Fortschritte bei der Behandlung mit Antidepressiva stagnieren jedoch, es existiert eine Reihe von „unmet needs“. Zukünftige Antidepressiva sollten nicht nur rascher wirken, höhere Remissionsraten aufweisen, auf individuelle Leitsymptome wirken, besser verträglich sein und so zu verbesserter Compliance führen, sondern auch nichtaffektive Symptome, beispielsweise kognitive Störungen, positiv beeinflussen. In Anbetracht dieser Anforderungen und des heterogenen Krankheitsbilds der Depression ist es unwahrscheinlich, dass Medikamente mit nur jeweils einem Wirkungsmechanismus diese Anforderungen erfüllen können. Substanzen mit neuen pharmakologischen und multimodalen Wirkungsmechanismen sind in klinischer Entwicklung bzw. stehen vor der Einführung.
Schlüsselwörter: Depression, unmet needs, Antidepressiva, multimodale Medikamente
Psychopharmakotherapie 2014;21:7–11.
English abstract
Unmet needs in treatment with antidepressants
Major depression is a common disorder worldwide, which severely affects patient’s quality of life, leads to disability and shortens life expectancy. Progress in treatment with antidepressants is stagnating while we are confronted with a number of unmet needs. Future drugs should work faster and in more patients than present antidepressants available, as well as being better tolerable and providing better compliance. In addition to treating mood symptoms, future antidepressants should also treat non-affective symptoms like disturbed sleep or cognition functions. Considering this task list as well as the heterogeneous pathophysiology of major depression, it is unlikely that any drug with just one mechanism can meet all these unmet needs. Needed are drugs with new, alternative and multimodal mechanisms, which combine several synergistic pharmacological mechanisms.
Key words: Major depression, unmet needs, antidepressants, multimodal drugs
Realität der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung im Kontrast zur Nationalen …
Auf der Basis der wenigen vorliegenden Untersuchungen und sonstigen Informationen wird zu klären versucht, inwieweit die Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie Depression der realen ambulanten psychotherapeutischen Versorgung depressiver Patienten entsprechen. Die Ergebnisse zeigen, dass die nationale Versorgungsleitlinie einen Idealstandard beschreibt, der nicht die Realität abbildet. Mögliche Hintergründe für diese Diskrepanz werden aufgezeigt, unter anderem mangelnde Versorgungsdichte mit psychologischen/ärztlichen Psychotherapeuten, Stadt-Land-Gefälle der Versorgungsdichte, lange Wartezeiten bis zum Therapiebeginn, störungs- und patientenbezogene Charakteristika und diesbezüglich Selektionsprozesse.
Schlüsselwörter: Leitlinien, depressive Störungen, Psychotherapie
Psychopharmakotherapie 2014;21:12–20.
English abstract
The recommendations for a broad use of psychotherapy in the National (German) Treatment Guideline are in contrast to the real care situation of depressed outpatients in Germany
On the basis of the few available studies and other information, this article will attempt to analyse whether the recommendations of the (German) National Treatment Guideline on Depression correspond with the real care situation of depressed outpatients. The results show that the National Treatment Guideline describes an ideal standard that does not correspond with reality. Potential background factors for this discrepancy are discussed, including an insufficient availability of psychological/medical psychotherapists, differences in the number of practices in urban and rural areas, long waiting times until psychotherapy begins, disorder- and patient-related characteristics and respective selection processes.
Key words: Guidelines, depressive disorders, psychotherapy
Kasuistik: Schluckauf als Nebenwirkung von Aripiprazol
Singultus ist eine nicht ungewöhnliche unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) von verschiedenen Medikamenten. Im Rahmen des AMSP-Projekts fiel der Fall eines 30-jährigen Patienten mit einer Cannabis-induzierten Psychose auf. Der Mann entwickelte parallel zur Einnahme von Aripiprazol einen hartnäckigen Schluckauf, der nach Absetzen der Medikation verschwand. Im deutschen Spontanerfassungssystem finden sich insgesamt sechs Fälle von Schluckauf unter Aripiprazol. Pathophysiologisch könnten dopaminerge Mechanismen eine Rolle spielen.
Schlüsselwörter: Schluckauf, Aripiprazol, Nebenwirkung, AMSP
Psychopharmakotherapie 2014;21:21–2.
English abstract
Case report: hiccups – a side effect of aripiprazole
Hiccup is a well-known but rare side effect of various drugs. Within the AMSP project, an ongoing European system for the assessment of side effects of psychotropic drugs in psychiatric inpatients, a case of hiccup in a 30-year-old patient under aripiprazole treatment was observed. Discontinuation of aripiprazole resulted in disappearance of this symptom. In the German databank of spontaneously reported adverse drug reactions six cases of hiccup possibly due to aripiprazole are listed. Dopaminergic mechanisms may play a role in the induction of drug-induced hiccups.
Key words: Hiccup, aripiprazole, adverse druc reaction
Analyse von CYP450-Wechselwirkungen: kleiner Aufwand, große Wirkung
Das Interaktionspotenzial der Fluorchinolone (Gyrasehemmer)
Für die Bewertung des pharmakokinetischen Interaktionspotenzials der Fluorchinolone (Gyrasehemmer) sind deren modulierende Eigenschaften auf das Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzym 1A2 von maßgeblicher Bedeutung. In der Interaktionstabelle (Tab. 1) wird das Verhalten von fünf Fluorchinolonen zu Cytochrom-P450-Isoenzymen dargestellt.
Psychopharmakotherapie 2014;21:24–6.
Multiple Sklerose
Fortschritte in der Therapie
Die multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems mit unterschiedlichen Verlaufsformen. Allen gemein ist, dass körpereigene Immunzellen die Myelinscheiden der Nervenfasern zerstören. Durch eine moderne Therapie kann die klinisch relevante und radiologisch nachweisbare Krankheitsaktivität heute so weit unterdrückt werden, dass die Krankheitsprogression und die Entwicklung von Behinderungen aufgehalten werden. Fortschritte in der Therapie wurden im September bei einem Symposium in Dresden vorgestellt. Das Symposium wurde von Biogen im Rahmen des 86. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie veranstaltet.
Epilepsie
Lacosamid wirkt auch langfristig
Da zwei Drittel aller Epilepsiepatienten lebenslang therapiert werden, sollten statt Enzyminduktoren und Enzymhemmern (klassische Antikonvulsiva) moderne Arzneimittel mit geringerem Interaktionspotenzial vorgezogen werden, besagt die aktuelle Epilepsie-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) von 2012. Zu diesen modernen Antiepileptika gehört auch Lacosamid, das als Zusatztherapie bei Patienten ab 16 Jahren mit fokalen Epilepsien mit oder ohne sekundäre Generalisierung zugelassen ist. Es hat sich in randomisiert-kontrollierten und nichtinterventionellen Studien bewährt. Aktuelle Studiendaten zu Lacosamid wurden auf dem DGN-Kongress in Dresden vorgestellt.
Schwangerschaft bei Epilepsie-Patientinnen
Pränatal mit Antiepileptika belastete Kinder zeigen früh Entwicklungsstörungen
Gemäß einer prospektiven Studie aus Norwegen sind die feinmotorischen Fähigkeiten von Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft mit antiepileptisch wirkenden Medikamenten behandelt wurden, schon im Alter von 6 Monaten beeinträchtigt [1]. Stillen unter Antiepileptika hat dagegen keine schädlichen Auswirkungen auf das Kind.
ASCO 2013
Tumoren des Zentralnervensystems
In einer von der deutschen Krebsgesellschaft organisierten Veranstaltung, Best of ASCO® Germany, die im Juni 2013 in Köln stattfand, wurden einige Beiträge des diesjährigen Kongresses der American Society of Clinical Oncology (ASCO) zur Behandlung von Tumoren des Zentralnervensystems vorgestellt.
Schlaganfall – Sekundärprävention
Früher Beginn der oralen Antikoagulation ohne Risiko
In den Zulassungsstudien zu den neuen Antikoagulanzien zur Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern, vorausgegangenen transitorischen ischämischen Attacken (TIA) oder Schlaganfall waren die ersten beiden Wochen nach dem Ereignis ein Ausschlusskriterium. Eine kleine Studie aus Japan zeigt, dass offenbar keine größeren Risiken bestehen, wenn die Therapie mit neuen Antikoagulanzien früh begonnen wird.
Mit einem Referentenkommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener
Antikoagulative Therapie
Langzeitbeobachtungsstudie mit Dabigatran bei Patienten mit Vorhofflimmern
Nach der randomisierten RE-LY(Randomized evaluation of long-term anticoagulation therapy)-Studie zum Vergleich der Antikoagulanzien Dabigatran und Warfarin wurden die Patienten unter der Therapie mit Dabigatran offen über einen Zeitraum von ein bis drei Jahren weiter beobachtet. Dabei zeigte sich, wie in der Hauptstudie, eine höhere Rate von schwerwiegenden Blutungskomplikationen bei Dosissteigerung von Dabigatran. Die Häufigkeit von Schlaganfällen und systemischen Embolien war mit beiden Dosierungen identisch.
Mit einem Referentenkommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener
Cardiovascular Health Study
Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und kognitiven Abbau
Einer siebenjährigen Beobachtungsstudie zufolge entwickeln Menschen im Alter über 65 Jahre rascher kognitive Störungen, wenn sie unter Vorhofflimmern leiden. Das hat Implikationen für die Therapie.
Mit einem Referentenkommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener
Therapie der Alzheimer-Erkrankung
Semagacestat nicht wirksam
In einer doppelblinden Plazebo-kontrollierten Studie mit 1537 Patienten mit wahrscheinlicher Alzheimer-Erkrankung war Semagacestat, ein Gamma-Sekretase-Inhibitor, bei der Behandlung der Alzheimer-Erkrankung nicht wirksam.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener
Zwangsstörungen
Verhaltenstherapie unterstützt die Wirkung von SRI besser als Risperidon
Bei Patienten mit Zwangsstörungen, die unzureichend auf einen Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SRI) ansprachen, erwies sich die Augmentation mit einer kognitiven Verhaltenstherapie als wirksamer und nebenwirkungsärmer als eine Kombination aus SRI und Risperidon.
Alkoholabhängigkeit
Gabapentin hilft bei der Entwöhnung
Gabapentin kann Alkoholabhängigen helfen, die ersten Wochen in der Abstinenz besser zu überstehen. In einer Plazebo-kontrollierten Studie reduzierte Gabapentin die Tage mit Abstinenz und die Tage mit heftigem Trinken sowie Dysphorie und Schlafstörungen durch den Alkoholentzug.
Global burden of disease
Psychische Störungen und Substanzmissbrauch auf Platz 5
Sie zählen zu den Volkskrankheiten und sollten nicht unterschätzt werden: Psychische Störungen sind zusammen mit dem Missbrauch von Alkohol, Opioiden und Cocain für 7,4% der weltweiten Krankheitslast (Global burden of disease, GBD) verantwortlich.