Schwangerschaft bei Epilepsie-Patientinnen

Pränatal mit Antiepileptika belastete Kinder zeigen früh Entwicklungsstörungen


Rosemarie Ziegler, Albershausen

Gemäß einer prospektiven Studie aus Norwegen sind die feinmotorischen Fähigkeiten von Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft mit antiepileptisch wirkenden Medikamenten behandelt wurden, schon im Alter von 6 Monaten beeinträchtigt [1]. Stillen unter Antiepileptika hat dagegen keine schädlichen Auswirkungen auf das Kind.

In Deutschland kommen auf 1000 Schwangerschaften drei bis vier Mütter mit Epilepsie [2], deren Behandlung sorgfältig eingestellt und überprüft werden muss. Während der Schwangerschaft eingenommene Medikamente gegen Epilepsie können die Entwicklung des Fetus schädigen und es gibt Hinweise, dass Antiepileptika auch Kognition, motorische Funktion und Verhalten des Kindes beeinflussen. Eine frühzeitige Identifizierung solcher Risikokinder könnte geeignete Nachuntersuchungen und Interventionen in die Wege leiten.

Eine norwegische Forschergruppe hat von 1999 bis 2009 Frauen zwischen der 13. und 17. Schwangerschaftswoche in eine prospektive Mutter-Kind-Studie aufgenommen. Kinder von Eltern ohne Epilepsie waren die Referenzgruppe. Die Epilepsiegruppe bestand aus 503 Kindern von an Epilepsie leidenden Frauen, von denen 223 (44,3%) während der Schwangerschaft Medikamente einnahmen, in 182 Fällen als Monotherapie (unter anderem Lamotrigin [n=71], Carbamazepin [n=48], Valproinsäure [n=27]). 41 Kinder (18,4%) waren mehreren Antiepileptika ausgesetzt. Die Mütter berichteten über Fähigkeiten, Sprache und Verhalten ihrer Kinder nach 6, 18 und 36 Monaten unter Verwendung standardisierter Screening-Instrumente. Für das sekundäre Studienziel beobachteten die Mütter ihr Kind in der Stillzeit. Um mögliche genetische Einflüsse auf die frühkindliche Entwicklung auszuschließen, dienten Kinder von Vätern oder unbehandelten Müttern mit Epilepsie als interne Kontrollgruppe. Kinder solcher Eltern wiesen aber im Alter von sechs Monaten keinerlei Störungen auf.

Im Alter von sechs Monaten hatten Kinder von behandelten Müttern im Vergleich zur Referenzgruppe ein höheres Risiko für Störungen der Feinmotorik (Tab. 1). Bei Vorliegen einer Polytherapie erhöhte sich das Risiko für Entwicklungsstörungen sowohl im motorischen als auch im sozialen Geschick (Tab. 1).

Tab. 1. Risiko für Entwicklungsstörungen bei Kindern (6 Monate) von Müttern mit Epilepsie [mod. nach 1]

Beeinträchtigung feinmotorischer Fähigkeiten

Beeinträchtigung sozialer Fähigkeiten

Kindergruppea

n

Anteil [%]

OR (95%-KI)

Anteil [%]

OR (95%-KI)

Referenz

77770

4,8

1

10,2

1

Keine Antiepileptika

276

6,9

1,4 (0,8–2,2)

13,4

1,4 (1,0–2,0)

Antiepileptika gesamt

223

11,5

2,1 (1,3–3,2) *

12,7

1,3 (0,9–1,9)

Monotherapie

182

8,5

1,6 (0,9–2,7)

10,5

1,0 (0,6–1,7)

Polytherapie

41

25,0

4,3 (2,0–9,1) *

22,5

2,6 (1,2–5,5) *

a Kategorisierung nach Therapie während Schwangerschaft; KI: Konfidenzintervall; OR: Odds-Ratio; * p<0,05

Unabhängig von einer antiepileptischen Behandlung war regelmäßiges Stillen in den ersten sechs Monaten in allen Entwicklungsbereichen mit tendenziell besseren Ergebnissen verbunden, was auch die Entwicklung autistischer Wesenszüge betraf. Die durch die Muttermilch aufgenommenen Antiepileptika-Konzentrationen sind wesentlich geringer als diejenigen, denen der Fetus im Uterus ausgesetzt ist, so bei Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin und Valproinsäure. Andere, wie Levetiracetam und Gabapentin, werden effizient vom Kind eliminiert. Die Autoren meinen deshalb, dass die positiven Wirkungen des Stillens (darunter auch die Vermeidung von Untergewicht des Säuglings) die negativen aufwiegen.

Quellen

1. Veiby G, et al. Early child development and exposure to antiepileptic drugs prenatally and through breastfeeding. A prospective cohort study on children of women with epilepsy. JAMA Neurol 2013; doi:10.1001/jamaneurol2013.4290.

2. www.aerzteblatt.de/archiv/79089/Behandlung-von-Frauen-mit-Epilepsie

Psychopharmakotherapie 2014; 21(01)