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ÜbersichtProf. Dr. Hans-Jürgen Möller, München

Ein wichtiger Monat

Seite 146 - 163
ÜbersichtJulia Krämer und Heinz Wiendl, Münster

Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitoren bei der Multiplen Sklerose

Aktuelle Multiple-Sklerose-(MS-)Therapien reduzieren effektiv das Auftreten von Schüben und einer schubabhängigen Verschlechterung, während sie weniger wirksam in der Verlangsamung einer Behinderungsprogression sind. Ersteres wird mit der effektiven Verhinderung einer Infiltration peripherer Immunzellen in das zentrale Nervensystem (ZNS) in Zusammenhang gebracht. Letzteres ist auf eine fehlende Wirkung auf eine im ZNS lokalisierte Entzündung zurückzuführen.
Die Bruton-Tyrosinkinase (BTK) ist ein intrazelluläres Signalmolekül, das die Reifung, das Überleben, die Wanderung und die Aktivierung von B-Zellen und Mikroglia reguliert. Im ZNS lokalisierte B-Zellen und Mikroglia gelten als zentrale Akteure bei der Immunpathogenese der Krankheitsprogression bei der MS. Dementsprechend versprechen ZNS-penetrierende BTK-Inhibitoren das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten, indem sie auf Immunzellen auf beiden Seiten der Blut-Hirn-Schranke wirken können.
Ursprünglich für die Behandlung von B-Zell-Malignomen entwickelt, werden derzeit fünf BTK-Inhibitoren zur Behandlung der MS in klinischen Studien getestet. Sie unterscheiden sich in Bezug auf Selektivität, Stärke der BTK-Inhibition, Bindungsmechanismen und der Fähigkeit, Immunzellen im ZNS zu modulieren.
BTK-Inhibitoren beeinflussen die Signalwege verschiedener Immunzellen, die für die MS relevant sind. Dieser Artikel gibt einen Überblick über diese Funktion sowie über präklinische Daten und Ergebnisse klinischer Studien zu BTK-Inhibitoren.
Schlüsselwörter: BTK-Inhibitoren, Multiple Sklerose, B-Zellen, Mikroglia, Krankheitsprogression
Psychopharmakotherapie 2023;30:146–63.

FlaggeEnglish abstract

Bruton tyrosine kinase inhibitors for multiple sclerosis

Current therapies for multiple sclerosis (MS) effectively reduce relapses and relapse-associated worsening assumed to be mainly associated with transient infiltration of peripheral immune cells into the central nervous system (CNS). However, they are less effective at slowing disability accumulation in MS, likely reflecting in part their lack of relevant effects on CNS-compartmentalized inflammation.

Bruton’s tyrosine kinase (BTK) is an intracellular signalling molecule regulating maturation, survival, migration, and activation of B cells and microglia. CNS-compartmentalized B cells and microglia are considered central players in immunopathogenesis of progressive disease mechanisms; accordingly, CNS-penetrant inhibitors of BTK (BTKis) hold promise to curtail disease progression by targeting immune cells on both sides of the blood-brain barrier.

Originally developed as a B-cell malignancy treatment, currently five BTKis are undergoing clinical trials in MS. These BTKis differ in selectivity, strength of BTK inhibition, binding mechanisms, and ability to modulate immune cells within the CNS.

Here, we review BTK function in signalling pathways of different immune cells relevant to MS, provide an overview of preclinical data, and discuss clinical trial results.

Key words: BTK inhibitors, multiple sclerosis, B cells, microglia, disease progression

Seite 164 - 169
OriginalarbeitHans-Jürgen Möller, München, und Florian Seemüller, Garmisch-Partenkirchen

Häufigkeit, Art und 1-Jahres-Persistenz von Residualsymptomen bei Patienten mit remittierter D…

Ergebnisse einer großen naturalistischen Multicenter-Studie

Im Rahmen einer großen naturalistischen Multicenter-Studie an N = 1014 stationär behandelten depressiven Patienten (depressive Episode, ICD-10) hatten 88 % der N= 469 Remitter bei Entlassung mindestens ein Residualsymptom, 48 % mindestens vier Residualsymptome. Basierend auf der Untersuchung mit der Hamilton-Depressions-Skala (HAMD-21) waren die häufigsten Residualsymptome: Beeinträchtigung von Arbeit und Aktivitäten (46,70 %), Schlafstörungen (37,74 %), sexuelle Symptome (36,25 %), somatische Symptome (32,84 %), somatische Angst (16,63), Erregung (14,71 %, Tagesschwankungen (13,01 %) und Hemmung (10,02 %). Die meisten Residualsymptome bei Entlassung waren seit Aufnahme persistierende Symptome, die während der stationären Behandlung nicht völlig austherapiert wurden. Residualsymptome von Respondern und Remittern hatten die gleiche Symptomverteilung und unterschieden sich nur im Schweregrad der Symptome. Daraus ist zu schließen, dass sie verschiedenen Graden der Krankheitsaktivität entsprechen. Bei der 1-Jahres-Nachuntersuchung hatten rund 30 bis 50 % der Patienten Symptome, die sie bereits als Residualsymptome bei Entlassung aufwiesen. Konsequenz für die tägliche ärztliche Praxis: Residualsymptome von remittierten Patienten sollten diagnostisch und therapeutisch sorgfältig beachtet werden, da sie mit psychosozialen Einschränkungen und erhöhter Rezidivgefahr verbunden sind.
Schlüsselwörter: Residualsymptome, Remission, depressive Episode
Psychopharmakotherapie 2023;30:164–9.

FlaggeEnglish abstract

Frequency, kind and 1-year persistence of residual symptoms of remitted depressive patients: results of a huge naturalistic multicenter study

In a huge naturalistic multicenter study on N = 1014 depressive inpatients (depressive episode, ICD 10) 88 % of the N = 469 remitters at discharge had at least one residual symptom, 48 % at least four residual symptoms. Based on the HAMD-21 ratings the most frequent residual symptoms were: impairment in work and activities (46.70 %), insomnia (37.74 %), sexual symptoms (36.25 %), somatic symptoms (32.84 %), anxiety with somatic symptoms (16.63 %) agitation (14.71 %), diurnal variations (13.01 %) and retardation (10.02 %). The vast majority of residual symptoms were persistent baseline symptoms, which did not resolve during inpatient treatment. Residual symptoms in patients meeting either response or remission criteria had the same distribution of symptoms and only differed in severity. Thus, residual symptoms indicate most probably different levels of illness severity. At one year-follow-up about 30–50 % of the depressive symptoms were symptoms already present at remission at discharge. Message for the daily clinical practice: residual symptoms of remitted depressive patients should be carefully taken into account under diagnostic and therapeutic aspects, because they are associated with psychosocial impairments and a higher risk of relapse.

Key words: Residual symptom, remission, depressive episode

Seite 170 - 173
DiskussionsforumHans-Jürgen Möller, München, und Jürgen Fritze, Pulheim

Das AMNOG-Bewertungsverfahren des Zusatznutzens erschwert die GKV-Verschreibungsfähigkeit neuer …

Das Beispiel von Esketamin (Spravato)

Psychopharmakotherapie 2023;30:170–3.

Seite 174 - 181
Referiert & kommentiertSimone Reisdorf, Erfurt

Frühes Stadium der Alzheimer-Demenz

Donanemab kann kognitiven Abbau verlangsamen

Zahlreiche Therapieansätze zur Verlangsamung des Krankheitsverlaufs bei Alzheimer-Demenz wurden in den letzten Jahren untersucht. In einer aktuellen Phase-III-Studie konnte kürzlich – verglichen mit Placebo – unter einer Therapie mit Donanemab ein leicht verringerter kognitiver Abbau über 76 Wochen nachgewiesen werden. Die Verlangsamung der klinisch messbaren Symptome war assoziiert mit einem deutlichen Rückgang der Amyloid- und Tau-Pathologie in der PET-Bildgebung.

Seite 174 - 181
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Chronische Migräne

Atogepant zur Prophylaxe der chronischen Migräne: die PROGRESS-Studie

Mit einem Kommentar des Autors
In einer Placebo-kontrollierten Studie zeigten Atogepant 30 mg zweimal täglich und 60 mg einmal täglich eine signifikante und klinisch relevante Reduktion der monatlichen Migränetage über 12 Wochen bei Patienten mit chronischer Migräne. Beide Atogepant-Dosierungen wurden gut vertragen.

Seite 174 - 181
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Schmerztherapie

Opioide bei akuten Kreuz- und Nackenschmerzen

Mit einem Kommentar des Autors
In einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie in Australien zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der Schmerzintensität und im Behinderungsgrad zwischen der Kombination von Oxycodon plus Naloxon und Placebo. Opioide sollten daher bei akuten unspezifischen Kreuz- oder Nackenschmerzen nicht eingesetzt werden.

Seite 174 - 181
Referiert & kommentiertDr. Heike Oberpichler-Schwenk, Stuttgart

Multiple Sklerose

Wirkung von Teriflunomid beim radiologisch isolierten Syndrom

Die Behandlung mit Teriflunomid konnte in der kleinen, Placebo-kontrollierten Studie TERIS bei Personen mit radiologisch isoliertem Syndrom (RIS) die klinische Manifestation einer multiplen Sklerose verzögern. Dies ist die zweite Studie, die auf einen Nutzen einer krankheitsmodifizierenden Therapie in dieser Situation hinweist.

Seite 174 - 181
Referiert & kommentiertDr. Jasmine Naun, Stuttgart

Multiple Sklerose

Risiko neuer Krankheitsaktivität nach Absetzen krankheitsmodifizierender Arzneimittel

Bei multipler Sklerose nimmt die Krankheitsaktivität mit dem Alter ab. In einer Phase-IV-Nichtunterlegenheitsstudie konnte nicht nachgewiesen werden, dass das Absetzen der Medikation bei Patienten über 55 Jahren ohne aktuelle Krankheitsaktivität einer Weiterführung der Medikation gleichwertig ist.

Seite 174 - 181
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Morbus Parkinson

Transdermales Nikotin und Fortschreiten der frühen Parkinson-Krankheit

Mit einem Kommentar des Autors
Raucher haben ein geringeres Risiko, an einem M. Parkinson zu erkranken. Eine transdermale Nikotinbehandlung verlangsamt allerdings nicht das Fortschreiten einer Parkinson-Krankheit im Frühstadium, wie eine einjährige randomisierte Studie im Vergleich zu Placebo ergab.