Photosensibilisierung durch Psychopharmaka und andere Arzneimittel
Über 300 verschiedene Medikamente können die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöhen. Arzneimittelbedingte Photosensibilisierung ist für bis zu 8 % aller kutanen unerwünschten Arzneimittelwirkungen verantwortlich und stellt somit ein häufiges klinisches Problem dar. Pathophysiologisch lassen sich arzneimittelinduzierte Photodermatosen in phototoxische und photoallergische Reaktionen differenzieren. In dieser Übersichtsarbeit werden vor allem Psychopharmaka dargestellt, welche die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöhen können. Hierzu zählen insbesondere Antipsychotika aus der Gruppe der Phenothiazine, trizyklische Antidepressiva, einige Benzodiazepine, Phasenprophylaktika und Johanniskraut. Photosensibilisierende Medikamente zur Behandlung somatischer Erkrankungen finden sich hauptsächlich unter den Antiinfektiva, nichtsteroidalen Antirheumatika, Antihypertensiva, Diuretika, Antiarrhythmika sowie den Onkologika. Patienten sollten über entsprechende Sonnenschutzmaßnahmen aufgeklärt werden. Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei Auftreten einer Photosensitivitätsreaktion ist das Absetzen des auslösenden Agens in Kombination mit einer antiallergischen und/oder analgetischen Medikation.
Schlüsselwörter: Photosensibilisierung, Psychopharmaka, unerwünschte Arzneimittelwirkung, Arzneimitteltherapiesicherheit
Psychopharmakotherapie 2021;28:94–101.
English abstract
Photosensitization induced by psychotropic drugs and other medicines
More than 300 different drugs are known to increase the photosensitivity of the skin. Drug-induced photosensitization is responsible for up to 8 % of cutaneous adverse drug reactions and thus represents a common clinical problem. Pathophysiologically, drug-induced photodermatoses can be differentiated into phototoxic and photoallergic reactions. In this review, psychotropic drugs with photosensitizing properties are presented. These primarily include antipsychotics from the phenothiazine group, tricyclic antidepressants, several benzodiazepines, mood stabilizers, and St. John's wort. Photosensitizing drugs for the treatment of somatic diseases are mainly found among the anti-infectives, non-steroidal anti-inflammatory drugs, antihypertensives, diuretics, antiarrhythmics, and oncologics. Patients should be informed about appropriate sun protection measures. The most important therapeutic measure in the event of a photosensitivity reaction is discontinuation of the causative agent in combination with anti-allergic and/or analgesic treatment.
Key words: photosensitization, psychotropic drugs, adverse drug reaction, pharmacotherapy safety
Psychopharmaka: therapeutische Perspektiven gegen Covid-19
Bedingt durch den großen Zeitdruck bei der Suche nach neuen Medikamenten gegen Covid-19 hat man in der letzten Zeit vermehrt versucht, wirksame Substanzen unter bereits in anderen Indikationen eingeführten Wirkstoffen zu finden. Zwei bekannte Beispiele bei dieser Wiederverwendung (repurposing) sind das Malariamittel Hydroxychloroquin und das Wurmmittel Ivermectin. Während Hydroxychloroquin zunehmend kritisch gesehen wird, gibt es vermehrt positive Einschätzungen für Ivermectin. Auch ältere Befunde über antivirale In-vitro-Eigenschaften verschiedener Psychopharmaka wurden aufgegriffen und die antiviralen Eigenschaften gegen SARS-CoV-2 bestätigt. Relativ deutliche In-vitro-Effekte hat man hier für Chlorpromazin und einige andere Phenothiazin-Antipsychotika gesehen. Zwei klinische Studien sind zurzeit in Frankreich und in Ägypten in Planung. Ähnlich ist der Status für das Antidepressivum Fluoxetin, für das in vitro ebenfalls eine deutliche antivirale Wirkung gezeigt werden konnte; klinische Daten fehlen aber bisher. Etwas anders ist die Situation für das Antidepressivum Fluvoxamin, das zusätzlich zu seiner Eigenschaft als Serotonin-Wiederaufnahmehemmer auch ein sehr potenter Sigma-1-Rezeptoragonist ist und über diesen Mechanismus antiinflammatorische Effekte in einem Tiermodell mit Analogien zum Zytokin-Stress bei Covid-19-Infektionen gezeigt hat. Dies konnte in einer ersten doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie an Covid-19-Patienten bestätigt werden, in der eine 15-tägige Behandlung mit Fluvoxamin den Krankheitsverlauf im Vergleich zu Placebo signifikant verbesserte.
Schlüsselwörter: Covid-19, Antipsychotika, Antidepressiva, antivirale und antiinflammatorische Effekte, SARS-CoV-2
Psychopharmakotherapie 2021;28:102–10.
English abstract
Psychotropic drugs: therapeutic perspectives against Covid-19
Based on older reports about antiviral effects in vitro, several antipsychotics and antidepressants have recently been investigated for possible activity against the Covid-19 virus (SARS-CoV-2). A few have been found to be active in vitro, like chlorpromazine and some other phenothiazine antipsychotics as well as the antidepressants fluoxetin and fluvoxamine. For chlorpromazine, two clinical studies with Covid-19 patients are currently under way in France and Egypt, while for fluoxetine clinical data are not yet available. The specific serotonin reuptake inhibitor fluvoxamine is also a potent sigma-1 receptor agonist and has been shown to reduce inflammation in an animal model of cytokine-stress. In analogy to these findings, fluvoxamine treatment for 15 days was superior to placebo in reducing symptoms of impaired respiratory function in a first placebo-controlled clinical study.
Key words: Covid-19, antipsychotics, antidepressant drugs, antiviral and anti-inflammatory properties, SARS-CoV-2
Eine neue Therapieoption zur intrajejunalen Levodopa-Gabe
Beim Parkinson-Syndrom lässt sich im fortgeschrittenen Stadium durch die orale Medikation oft kein ausreichender Therapieerfolg mehr erzielen. Zu diesem Zeitpunkt werden die nicht-oralen, geräteunterstützten Therapien wie Apomorphin-Pumpe, intrajejunale Levodopa-Pumpe und die tiefe Hirnstimulation diskutiert. Bisher bot ein Hersteller ein Levodopa/Carbidopa-Gel an, welches mittels einer Pumpe über ein Gastrostoma in das Jejunum infundiert wurde. Seit Juni 2019 (Schweden) beziehungsweise Februar 2021 (Österreich und Deutschland) ist ein weiteres Präparat auf dem Markt, das zusätzlich Entacapon beinhaltet, wodurch Levodopa eingespart werden kann. Pumpe und Patrone sind deutlich kleiner als bei der bisherigen Anwendung, was die Akzeptanz der Therapie verbessern dürfte. Auf die unerwünschten Wirkungen des Entacapon ist zu achten.
Schlüsselwörter: fortgeschrittenes Parkinson-Syndrom, geräteunterstützte Therapien, Levodopa, LECIG
Psychopharmakotherapie 2021;28:111–4.
English abstract
A new therapeutic option for intrajejunal levodopa administration
In Parkinson's disease, oral medication can often no longer achieve sufficient therapeutic success in an advanced stage. At this point, non-oral, device-aided therapies such as the apomorphine pump, the intrajejunal L-dopa pump, and deep brain stimulation are discussed. So far, one manufacturer offers a L-Dopa/Carbidopa gel, which is infused into the jejunum by means of a pump via a gastrostoma. A new preparation is on the market since June 2019 (Sweden) resp. February 2021 (Austria and Germany), also containing entacapone, which allows to reduce levodopa. The pump and cartridge are significantly smaller than in the previous application, which should improve the acceptance of the therapy. The unwanted effects of entacapone have to be considered.
Key words: advanced Parkinson's disease, device-aided therapies, Levodopa, LECIG
Analyse von CYP450-Wechselwirkungen: kleiner Aufwand, große Wirkung
Das Interaktionspotenzial der antiretroviralen HIV-Therapeutika
Die antiretrovirale Therapie (ART) der HIV-1-Infektion ist nach derzeitigem Wissensstand eine lebenslange Therapiestrategie. Es werden bei der ART Arzneimittel mit unterschiedlichem Wirkansatz kombiniert (Abb. 1). Die Auswahl der Arzneistoffkombinationen soll anwendungsfreundlich sein und ein geringes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial besitzen. In den Interaktionstabellen (Tab. 1–4) wird das Verhalten der antiretroviralen HIV-Therapeutika der vier wichtigsten Wirkstoffklassen zu den Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzymen dargestellt.
Psychopharmakotherapie 2021;28:116–28 (als Printversion).
Schizophrenie
Muskarin-Agonist Xanomelin in Kombination mit Trospium als neuer Therapieansatz?
Mit einem Kommentar des Autors
In einer Phase-II-Studie zeigte der hirngängige muskarinisch-cholinerge Agonist Xanomelin, kombiniert mit dem nicht hirngängigen Muskarin-Antagonisten Trospium zur Dämpfung peripherer Nebenwirkungen, antipsychotische Wirkung bei schizophren Kranken. Die Aussicht auf ein Antipsychotikum ohne Dopaminrezeptorblockade erscheint attraktiv. Nach der noch zu bestehenden Phase-III-Prüfung sind aber noch weitere Hürden für die Kombination zu erwarten.
Schizophrenie
Cariprazin – von der Akutphase bis zur Rezidivprophylaxe
In klinischen Studien zur Akut- und zur Langzeittherapie führte der Einsatz des atypischen Antipsychotikums Cariprazin zu einer schnellen Kontrolle akuter positiver Symptome sowie zu einer für den Langzeitverlauf relevanten Verbesserung von Negativsymptomen. Das bietet die Möglichkeit, verschiedene Symptomausprägungen der Schizophrenie im stationären und ambulanten Setting effektiv zu behandeln, wie in einer von Recordati veranstalteten virtuellen Pressekonferenz ausgeführt wurde.
COVID-19 und MS
Die meisten Verläufe sind mild
Auf einem von Merck veranstalteten Webinar diskutierten Experten Ende Februar 2021 über multiple Sklerose zu Zeiten der Corona-Pandemie. Außerdem stellten sie vor, welche Besonderheiten bei den einzelnen MS-Therapien in Bezug auf eine COVID-19-Impfung bestehen können.
Schubförmige multiple Sklerose
Anti-CD20-Antikörper zur subkutanen Gabe
Der vollhumane Antikörper Ofatumumab, der gezielt CD20-positive B-Zellen adressiert, zeigte bei der Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmig verlaufender multipler Sklerose (RMS) eine überlegene Wirksamkeit sowie ein gutes Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil. Die Möglichkeit der Selbstverabreichung gewährt dabei ein hohes Maß an persönlicher Freiheit.
Migräne am Arbeitsplatz
Belastungen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber reduzieren
Noch deutlich unterschätzt werden die gesundheitliche und auch die volkswirtschaftliche Bedeutung der Migräne. Vor allem die Migräne von Arbeitnehmern schränkt deren Produktivität erheblich ein. Dennoch ist die Mehrzahl der Menschen mit Migräne deutlich unterversorgt. Ändern soll das ein spezielles Migräne-Care-Programm, das eigens zur Anwendung in Betrieben konzipiert wurde.
Die MOXIe-Studie
Omaveloxolon zur Therapie der Friedreich-Ataxie
Mit einem Kommentar des Autors
In der randomisierten MOXIe-Studie verbesserte der Nrf2-Aktivator Omaveloxolon bei Patienten mit Friedreich-Ataxie signifikant die neurologischen Funktionen im Vergleich zu Placebo und war gut verträglich.
Epilepsie
Perampanel als frühe Zusatztherapie und als neue evidenzbasierte Therapie bei Kindern
Der AMPA-Rezeptor-Antagonist Perampanel ist als antiepileptische Zusatztherapie anhaltend wirksam und verträglich – auch bei frühem Einsatz. Nach der kürzlich erfolgten Zulassungserweiterung können nun auch Kinder ab dem 4. bzw. ab dem 7. Lebensjahr behandelt werden. Wesentliche Studienergebnisse hierzu wurden im Rahmen des von Eisai veranstalteten 14. Valentinssymposiums präsentiert.
Neuromuskuläre Erkrankungen
„Wir alle wünschen uns gesunde Kinder“
Vom 23. bis 27. März 2021 fand der virtuelle Kongress des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e. V. (DGM) statt. Auf der Pressekonferenz am 24. März wurde über wichtige Errungenschaften, aber auch über Herausforderungen diskutiert.
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
Neue Entwicklungen beim Management der ADHS
ADHS ist nicht gleich ADHS – die Problemlage ist bei den jeweiligen Patientengruppen recht unterschiedlich. Inwieweit vor allem bei Kindern und Jugendlichen eine digitale Unterstützung der Therapie möglich ist, wurde beim ADHS-Frühjahrs-Update 2021 dargestellt. Dort wurde ferner die besondere Situation bei Frauen mit ADHS diskutiert.
Chronische Sialorrhö
IncobotulinumtoxinA kann auch bei Kindern Symptome verbessern
IncobotulinumtoxinA ist für Erwachsene zur symptomatischen Behandlung von Bewegungsstörungen z. B. aufgrund von Spastik oder Dystonien sowie von chronischer Sialorrhö aufgrund neurologischer Erkrankungen zugelassen. Die Ergebnisse der SIPEXI-Studie zeigen zudem eine gute Wirksamkeit und Sicherheit bei Kindern und Jugendlichen. Auf einem virtuellen Symposium im Rahmen des Kongresses für Parkinson und Bewegungsstörungen berichteten Experten Anfang März 2021 über Studiendaten und Erfahrungen mit dem Neurotoxin-Präparat.
Multiple Sklerose
THC:CBD-Oromukosalspray bewährt sich als Add-on-Therapie bei MS-induzierter Spastik
Eines der häufigsten Symptome der multiplen Sklerose (MS) ist die Spastik, die zudem eine der Hauptursachen für schwere Einschränkungen darstellt. Wenn herkömmliche antispastische Therapien an ihre Grenzen stoßen, kann das THC:CBD-Oromukosalspray Nabiximols eine wertvolle Add-on-Option darstellen, wie in einer von Almirall veranstalteten Pressekonferenz ausgeführt wurde.