Es tut sich was!
Schnell wirkende Antidepressiva: aktueller Stand und neue Entwicklungen
Teil 2: Psychedelika, Neurosteroide und weitere Substanzen
Aktuell zugelassene konventionelle Antidepressiva haben eine Wirklatenz von mehreren Wochen. Wie in unserem vorangegangenen Übersichtsartikel aus dieser Reihe beschrieben, ist es in letzter Zeit zu einer vermehrten Erforschung schnell wirkender Antidepressiva (Rapid acting antidepressants, RAAD) gekommen. Mit intranasalem Esketamin wurde 2019 als erstes RAAD eine Substanz einer für die Depressionsbehandlung neuen Wirkstoffklasse (NMDA-Rezeptor-Antagonismus) zugelassen. Nachdem wir uns in dem vorigen Artikel auf potenzielle neuartige RAAD, die am glutamatergen System ansetzen, konzentriert haben, möchten wir nun weitere Pharmaka mit anderen pharmakologischen Targets hinsichtlich ihrer Eignung als RAAD anhand der klinischen Studienlage bewerten. Zu diesen Substanzklassen gehören die Psychedelika (darunter Psilocybin, Lysergsäurediethylamid [LSD], Ayahuasca/Dimethyltryptamin [DMT]), 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin [MDMA], GABAerge Substanzen (d. h. positiv-allosterische Modulatoren [PAM] von GABAA-Rezeptoren [GABA-PAM; PRAX-114, Propofol, Zuranolon]), opioiderge Substanzen (My-Opioid-Rezeptor-Partialagonisten [mOR-pA; Buprenorphin], Kappa-Opioid-Rezeptor-Antagonisten [kOR-A; Aticaprant, Navacaprant]) und Scopolamin.
Schlüsselwörter: Rapid acting antidepressant, Psychedelika, MDMA, GABA-PAM, opioiderge Substanzen, Scopolamin
Psychopharmakotherapie 2024;31:120–7.
English abstract
Rapid acting antidepressants – current status and new developments. Part 2: Psychedelics, neurosteroids and further compounds
Currently approved conventional antidepressants exhibit a significantly delayed onset of action, taking several weeks. As described in our previous review article in this series, this has led to increased research into rapid-acting antidepressants (RAADs). With the approval of intranasal esketamine in 2019, a substance from a new class of drugs (NMDA receptor antagonism) was approved as the first RAAD. In the previous article, we focused on potential novel RAADs targeting the glutamatergic system; here, we aim to evaluate other drugs with different pharmacological targets regarding their suitability as RAADs based on clinical studies. These classes of substances mainly include psychedelics (such as psilocybin, lysergic acid diethylamide [LSD], Ayahuasca/dimethyltryptamine [DMT]), 3,4-methylenedioxy-N-methylamphetamine [MDMA], GABAergic substances (i.e., positive allosteric modulators [PAM] of GABA-A receptors [GABA-PAM; PRAX-114, propofol, zuranolone]), opioidergic substances (my-opioid receptor partial agonists [mOR-pA; buprenorphine], kappa-opioid receptor antagonists [kOR-A; aticaprant, navacaprant]), and scopolamine.
Key words: Rapid-acting antidepressant, psychedelics, MDMA, GABA PAM, opioidergic substances, scopolamine
Monoklonale Antikörper in der Therapie der Alzheimer-Erkrankung
Die Alzheimer-Erkrankung ist die häufigste Ursache für eine Demenz. In der Pathophysiologie spielen Beta-Amyloid-Plaques eine zentrale pathogenetische Rolle. Zur Therapie von frühen Stadien der Alzheimer-Erkrankung wurden monoklonale Antikörper gegen unterschiedliche Epitope von Beta-Amyloid entwickelt und in großen, Placebo-kontrollierten klinischen Studien untersucht. Dabei führten zwei dieser Antikörper, Lecanemab und Donanemab, zu einer signifikanten Verlangsamung der Krankheitsprogression. Problematisch sind allerdings Nebenwirkungen wie Hirnödeme, Mikroblutungen und Eisenablagerungen. Darüber hinaus ist eine aufwendige Primärdiagnostik mit PET-CT oder Biomarkern im Liquor notwendig. Die hohen Kosten der Therapie sind nicht nur durch die Arzneimittelkosten selbst, sondern auch durch Kosten für Infusionszentren und die regelmäßigen Nachuntersuchungen inklusive zerebraler Bildgebung bedingt. Ungeklärt ist derzeit auch, warum einige andere monoklonale Antikörper bei der Therapie der Alzheimer-Erkrankung nicht wirksam waren.
Schlüsselwörter: Alzheimer-Erkrankung, Beta-Amyloid, monoklonale Antikörper, Primärdiagnostik, praktische Anwendung
Psychopharmakotherapie 2024;31:128-38.
English abstract
Monoclonal antibodies in the therapy of Alzheimer’s disease
Alzheimer’s disease is the most common cause of dementia. In the pathophysiology of Alzheimer’s disease, β-amyloid plaques play a central pathogenetic role. For the treatment of early stages of Alzheimer’s disease, monoclonal antibodies against different epitopes of β-amyloid were developed and investigated in large, placebo-controlled clinical trials. Two of these antibodies, lecanemab and donanemab, showed a significant slowing of disease progression. However, side effects such as cerebral edema, microbleeds and iron deposits are problematic. In addition, complex primary diagnostics with PET-CT or biomarkers in the cerebrospinal fluid are necessary. The high costs of the therapy are not only due to the cost of the medication itself, but also by the costs for infusion centers and regular follow-up examinations including cerebral imaging. It is also currently unclear why some other monoclonal antibodies were not effective in the treatment of Alzheimer’s disease.
Key words: Alzheimer’s disease, beta-amyloid, monoclonal antibodies, primary diagnostics, practical application
Verordnung von Neuro-Psychopharmaka
Wegen methodischer Probleme, resultierend aus der Begrenzung auf die 3000 verordnungsstärksten Fertigarzneimittel, auch des Arzneiverordnungsreports (AVR) 2023 als Quelle pharmakoepidemiologischer Daten rechtfertigen sich Analysen auf Wirkstoffebene nur näherungsweise. Seit Jahren imponiert das Wachstum der Antidepressiva und Antikonvulsiva. Die Gründe für die über die Jahre recht stabile und erhebliche Variabilität, insbesondere in Bezug auf die Verordnung von Psychopharmaka zwischen den Bundesländern, bleiben unklar und warten auf Detailanalysen der – öffentlich nicht zugänglichen – Rohdaten.
Schlüsselwörter: Psychopharmaka, Antidementiva, Antiepileptika, Parkinsonmittel, Pharmakoepidemiologie
Psychopharmakotherapie 2024;31:139–43.
English abstract
Prescribing patterns of psychotropic and neurotropic drugs in Germany
Due to ongoing methodological issues the prescribing data presented by the Drug Prescription Report 2023 allow for only limited pharmacoepidemiological reporting especially on the level of individual active compounds and their costs. Prescriptions (DDD) especially of antidepressants and anticonvulsants have again increased. The medical rationale of the heterogeneity of regional prescribing patterns within Germany as revealed by the – although aggregated – reports of GAmSi (reporting by the federal association of sick funds) is unclear where in depth analyses of the raw data are warranted which are not available to the public.
Key words: Psychotropic drugs, antidementives, anticonvulsants, Parkinson drugs, pharmacoepidemiology
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Risiken von Antipsychotika bei Demenzkranken
Der Einsatz von Antipsychotika bei Menschen mit Demenz ist mit erheblichen Risiken verbunden, darunter Pneumonien, akuten Nierenschäden, Schlaganfällen und venösen Thromboembolien. Viele dieser unerwünschten Effekte sind seit langem bekannt, wurden bislang jedoch möglicherweise unterschätzt. Das zeigte eine britische Kohortenstudie mit fast 174 000 Patienten.
Antipsychotika-induzierte Akathisie
Welche Arzneimittel eignen sich bei Bewegungsunruhe unter Antipsychotika?
Eine häufige unerwünschte Wirkung von Antipsychotika ist Bewegungsunruhe. Nicht immer kommt eine Dosisreduktion infrage. Welche Arzneimittel zur Behandlung der Antipsychotika-induzierten Akathisie am wirksamsten sind, wurde vor Kurzem in einer Metaanalyse untersucht.
Parkinson-Krankheit im Frühstadium
Alpha-Synuclein-Antikörper Prasinezumab verlangsamt die motorische Verschlechterung
Mit einem Kommentar des Autors
Eine explorative Analyse der PASADENA-Studie liefert Hinweise, dass Prasinezumab, ein Antikörper, der gegen Alpha-Synuclein gerichtet ist, die Verschlechterung der motorischen Symptome bei Personen mit schneller fortschreitender Parkinson-Krankheit in größerem Maße verlangsamt als Placebo. Da es sich um eine Post-hoc-Analyse handelt, sind weitere randomisierte klinische Studien erforderlich, um diese Ergebnisse zu validieren.
Episodische Migräne bei Erwachsenen
ELEVATE-Studie: Atogepant für die Prophylaxe, wenn herkömmliche orale Therapien versagen
Mit einem Kommentar des Autors
In einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie war der CGRP-Rezeptor-Antagonist Atogepant 60 mg oral einmal täglich gut verträglich und zeigte über 12 Wochen eine signifikante und klinisch relevante Reduktion der mittleren monatlichen Migränetage im Vergleich zu Placebo bei Patienten mit episodischer Migräne, die zuvor auf zwei bis vier Klassen konventioneller oraler Migräneprophylaxen nicht angesprochen hatten.
Neuropathische Schmerzen
Erstes retardiertes Pregabalin bietet 24 Stunden Wirksamkeit
Seit Anfang 2024 steht für den bei neuropathischen Schmerzen etablierten Wirkstoff Pregabalin erstmals eine Retardtablette zur Verfügung. Über die Vorteile der neuen Formulierung wurde im Rahmen eines Pressegesprächs von Aristo Pharma berichtet.
Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung (NMOSD)
Sicherheit und Wirksamkeit von Inebilizumab: End-of-Study-Ergebnisse der N-MOmentum-Studie
Mit einem Kommentar des Autors
Die Daten der finalen Auswertung der N-MOmentum-Studie zeigen einen anhaltenden und nachhaltigen klinischen Nutzen einer Langzeitbehandlung mit Inebilizumab bei Patienten mit NMOSD. Dies belegt die therapeutische Rolle von Inebilizumab als CD19-B-Zell-depletierende Therapie bei dieser Erkrankung.
Multiple Sklerose (MS)
Welchen Einfluss hat das Absetzen einer hochwirksamen immunmodulatorischen Therapie bei Patienten …
Mit einem Kommentar des Autors
Wie bei jüngeren Patienten ist auch bei Patienten über 50 Jahren mit nicht mehr aktiver MS das Risiko eines Schubs nach Absetzen einer hochwirksamen, immunmodulatorischen Therapie mit Natalizumab oder Fingolimod erhöht. Nach dem Absetzen einer hochwirksamen immunmodulatorischen Therapie, die B-Zellen vermindert – einer sogenannten Anti-CD20-Therapie – mit Ocrelizumab oder Rituximab war das Risiko hingegen nicht signifikant erhöht.