Prof. Dr. Jürgen Fritze, Pulheim
Die Europäische Union wurzelt in der Idee, durch wirtschaftliche und kulturelle Kooperation militärische Konflikte zu verhindern und den Wohlstand der Bürger zu steigern. In zahlreichen Staaten – zum Beispiel jüngst Moldawien, Ukraine, Georgien, seit Jahren weitere Staaten des Balkans – gibt es Bestrebungen, sich der Europäischen Union anzuschließen. Der Vertrag über eine Verfassung für Europa wurde 2004 von den Mitgliedsstaaten unterzeichnet, ist aber nicht in Kraft getreten, da er nicht von allen Parlamenten (Frankreich, Niederlande) ratifiziert wurde. Ersatzweise wurde 2007 der „Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ ausgehandelt, der 2009 in Kraft trat. Parallel zum zentripetalen Einigungsstreben wirken derzeit wachsende nationalstaatliche Bestrebungen zentrifugal, bisher kulminierend im Austritt Großbritanniens („Brexit“ zum 01.01.2021). Diese zentrifugalen Bestrebungen werden durch Verschwörungsmythen befördert [3, 4], sind also nur fraglich rational motiviert, vielmehr zumindest teilweise psychopathologischen Schwächen zuzuschreiben. Gemäß schlichter mathematischer Prüfung dürften die verbliebenen 27 Kleinstaaten als Einzelstaaten den aktuellen internationalen Herausforderungen – Kriege, Klimawandel, Wirtschaft, demographischer Wandel (Gerontisierung), Gesundheitsversorgung, Isolationismus, etc. – kaum gewachsen sein.
Laut Bundesministerium für Gesundheit ist Grundlage der europäischen Gesundheitspolitik gemäß Art. 168 Abs. 7 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) „die alleinige Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung der Gesundheitspolitik, die Verwaltung des Gesundheitswesens sowie die medizinische Versorgung, einschließlich der Finanzierung der Leistungen und der Leistungsumfang“. Die EU „beschränkt sich […] darauf, die Politik der Mitgliedstaaten zu ergänzen, ihre Zusammenarbeit zu fördern und ihre Tätigkeit – falls erforderlich – zu unterstützen. Dies ist z. B. der Fall beim Austausch bewährter Praktiken im Bereich nicht übertragbarer Krankheiten und bei der Bündelung von hochspezialisierten medizinischen Ressourcen in Europäischen Referenznetzwerken, insbesondere im Bereich der seltenen Erkrankungen“.
Ein Zentrum der Zusammenarbeit im Gesundheitswesen ist die europäische Zulassung von Arzneimitteln. Diese wurde nun erweitert um eine europäische Nutzenbewertung von Arzneimitteln. In der PPT 2024 haben Behring et al. die Grundsätze dieser EU-HTA-Verordnung dargelegt [1]. In der vorliegenden PPT schildern Haberkamp et al. am Beispiel der Antidepressiva und Antidementiva die Relevanz für Neuropsychopharmaka. Dem Präsidenten des BfArM Karl Broich, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der PPT, sei gedankt für seine Mitwirkung.
geben einen umfassenden Überblick über die Wirkungen von und die Grundsätze des Zugangs zu Cannabinoiden sowie ihrer Verordnung – dies mit hoher Praxisrelevanz. Wohin die bedingte Freigabe von Cannabis wohl führen mag? Der Anteil der Cannabis-Privatrezepte übertrifft mit 70,6 % [2] bei weitem den Anteil der Privatversicherten. Webportale ermöglichen den Zugang zu Cannabis-Privatrezepten anscheinend ohne Arztkontakt, also ohne Indikationsprüfung. Der Gesetzgeber hat sich jedenfalls in beiden Regelungsbereichen einiges zugetraut – und dabei die Prinzipien des Arzneimittelrechts außer Kraft gesetzt.
steuern eine vorbildliche wissenschaftliche Zusammenfassung der Datenlage zu Atogepant – oraler CGRP-Antagonist zur Migräneprophylaxe – bei. Formal vorbildlich für die Vorstellung eines neuen Arzneimittels. Und beispielhaft, welche Fortschritte systematische Forschung ermöglichen kann.
Nicht minder erwähnenswert sind die Berichte aus Literatur und Kongressen:
- Oberpichler-Schwenk referiert eine Metaanalyse, wonach Lichttherapie auch bei nichtsaisonaler Depression wirksam ist.
- Hahn referiert eine Langzeitstudie, wonach Paliperidonpalmitat injiziert alle 6 Monate in der Erhaltungstherapie über 3 Jahre wirksam blieb.
- Christ diskutiert, welchen Beitrag Künstliche Intelligenz (KI) in der Neurologie leisten kann.
- Diener kommentiert eine Metaanalyse zum Vergleich von Tenecteplase und Alteplase mit der Frage, ob der Vorteil der Bolustherapie die höheren Kosten der Tenecteplase rechtfertigt.
- Diener berichtet über ein mögliches neues, pathophysiologisch begründetes Therapieprinzip der Migräne, einen monoklonalen Antikörper gegen PACAP (Pituitary adenylate cyclase activating polypeptide).
- Willen berichtet über ein Symposium anlässlich des DGN-Jahreskongresses 2024 zur Frage der Effektivität von CGRP-Antikörpern in der Migräneprophylaxe in der Routineversorgung.
Literatur
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