Sabine M. Rüdesheim, Frechen
Morbus Parkinson ist eine chronische, fortschreitende Erkrankung. Weltweit leben rund 10 Millionen Betroffene, und die Prävalenz steigt. Die Symptomatik belastet zunehmend und beeinflusst erheblich die Lebensqualität. Seit 50 Jahren ist die orale Gabe von Levodopa/Carbidopa mit nachgewiesener Wirksamkeit und Verträglichkeit der Goldstandard in der Parkinson-Therapie, allerdings sprechen die Patienten in späteren Krankheitsstadien oft nicht mehr ausreichend an. Dies äußert sich in schwankenden Wirkspiegeln, die mit On-Off-Phasen einhergehen. Im Krankheitsverlauf nehmen die Wirkfluktuationen zu und das therapeutische Fenster schließt sich immer mehr. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung werden meist nicht-orale Therapiemöglichkeiten in Betracht gezogen, um weitere Einbußen in der Lebensqualität zu vermeiden. Dazu gehören die Apomorphin-Pumpe mit einer subkutanen Verabreichung des Dopaminagonisten, die intestinale Pumpentherapie mit Levodopa-Carbidopa-Intestinalgel (LCIG) oder mit Levodopa-Entacapon-Carbidopa-Intestinalgel und die tiefe Hirnstimulation mit einem programmierbaren Impulsgenerator. Allerdings erfolgt die Umstellung auf eine nicht orale Folgetherapie oft erst spät. Als Hauptgrund für Ablehnung wird von 56 % der Patienten Angst vor einem operativen Eingriff genannt. Die verzögerte Umstellung führt jedoch zu einer Verschlechterung der Lebensqualität.
Foslevodopa/Foscarbidopa als nichtchirurgische Alternative
Abhilfe schaffen kann die subkutane Dauerinfusion von Foslevodopa/Foscarbidopa (Produodopa®). Dabei ist der nur gering invasive Weg der subkutanen Infusion mit flexibler Kanüle im Bauchraum, für die kein operativer Eingriff erforderlich ist, gegenüber den jejunalen Applikationsformen ein entscheidender Vorteil, und es kann gleichzeitig der Therapiegoldstandard eingesetzt werden.
Die phosphatierten Prodrugs von Levodopa und Carbidopa weisen eine sehr gute Löslichkeit bei physiologischem pH auf. Dies ermöglicht es, mit der subkutanen Infusion von Foslevodopa/Foscarbidopa eine Levodopa-Exposition zu erreichen, die mit der von LCIG vergleichbar ist. Der Steady-State wird innerhalb von zwei Stunden erreicht und während der gesamten Infusionsdauer aufrechterhalten [2].
Wirksamkeit und Sicherheit der neuen Darreichungsform im Vergleich zu oralem Levodopa wurden in der 12‐wöchigen randomisierten, doppelblinden, aktiv kontrollierten, multizentrischen Phase-III-Studie M15-736 untersucht. Dabei zeigte sich unter Foslevodopa/Foscarbidopa eine signifikante Verbesserung der On- und Off-Zeiten bereits am Anfang der Therapie. Nach 12 Wochen wurden 2,72 vs. 0,97 Stunden mehr On- und 2,75 vs. 0,96 Stunden weniger Off-Zeit beobachtet. Zudem wurde durch den Einfluss auf die motorischen Symptome die Schlafqualität verbessert, was sich bereits nach 12 Wochen in einer deutlichen Steigerung der Lebensqualität widerspiegelte [3].
Auch nach 52 Wochen verbrachten die Patienten unter der Infusionstherapie mit Foslevodopa/Foscarbidopa täglich im Durchschnitt 3,8 Stunden mehr Zeit ohne beeinträchtigende Dyskinesien in der On-Phase und 3,5 Stunden weniger Zeit in der Off-Phase, wie die zulassungsrelevante, offene, multizentrische Phase-III-Studie M15-741 mit einem Behandlungsarm dokumentierte. Dabei verringerte sich der Anteil der Patienten mit morgendlicher Akinese von 77,7 % bei Baseline auf 27,8 %. Dies reflektieren auch die Verbesserungen der Schlafqualität (Abnahme des PDSS-2-Scores um insgesamt 7,5 Punkte) und der Lebensqualität (Abnahme des PDQ-39-Scores um 7,2 Punkte) [1].
Außerdem konnte auch bei subkutaner Applikation das bekannte Verträglichkeitsprofil von Levodopa bestätigt werden. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse in den Foslevodopa/Foscarbidopa-Gruppen waren nichtinfektiöse unerwünschte Ereignisse an der Infusionsstelle wie Erythem bei 27 % (M15-736) bzw. 52,0 % (M15-741) der Patienten, Schmerzen bei 26 bzw. 15,6 %, Zellulitis bei 19 bzw. 23,0 % und Ödeme bei 12 bzw. 19,3 %. Zwar wiesen die meisten Nebenwirkungen lediglich einen leichten bis mittleren Schweregrad auf; trotzdem wird bei der Anwendung zu einem geeigneten Hautmanagement an der Infusionsstelle geraten.
Fazit
Die kontinuierliche, subkutane Infusion von Foslevodopa/Foscarbidopa verspricht einen gleichbleibenden Levodopa-Plasmaspiegel mit weniger unvorhersehbaren Wirkfluktuationen im Alltag. Die motorische Kontrolle ist auch in der Nacht gewährleistet. Dadurch wird die Schlafqualität verbessert und die Morgenakinese vermindert. Ein weiterer Vorteil ist die Umgehung des Gastrointestinaltrakts: Die Patienten sind nicht mehr davon abhängig, wie schnell die Substanz dort aufgenommen wird, und können das Präparat unabhängig von den Mahlzeiten applizieren.
Quelle
Prof. Dr. med. Jan Kassubek, Ulm, Dr. Carsten Holland, Wiesbaden, Pressegespräch „Produodopa® – Die subkutane Levodopa-Innovation bei fortgeschrittenem Morbus Parkinson“, Frankfurt am Main, 18. September 2023, veranstaltet von AbbVie.
Literatur
1. Aldred J, et al. Continuous subcutaneous foslevodopa/foscarbidopa in Parkinson’s disease: Safety and efficacy results from a 12-month, single-arm, open-label, phase 3 Study. Neurol Ther. 2023; doi: 10.1007/s40120-023-00533-1.
2. Rosebraugh M, et al. Foslevodopa/foscarbidopa subcutaneous infusion maintains equivalent levodopa exposure to levodopa-carbidopa intestinal gel delivered to the jejunum. Parkinsonism Relat Disord 2022;97:68–72.
3. Soileau MJ, et al. Safety and efficacy of continuous subcutaneous foslevodopa-foscarbidopa in patients with advanced Parkinson’s disease: a randomised, double-blind, active-controlled, phase 3 trial. Lancet Neurol. 2022;21:1099–109.
Psychopharmakotherapie 2023; 30(06):206-217