Migräne

Triptan-Non-Responder: Querschnittsdaten aus dem DMKG-Kopfschmerz-Register


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
Im Rahmen einer Erhebung der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) bei 2284 erwachsenen Migränepatienten hatten bei 13,1 % der Patienten ≥ 2 Triptane zur Therapie akuter Migräneattacken versagt. Bei ≥ 3 Triptanen betrug diese Quote nur noch 3,9 %. Das Versagen von Triptanen war mit einem erhöhten Schweregrad der Migräne verbunden, was die Bedeutung eine wirksamen und verträglichen Akutmedikation bei Migräne unterstreicht. Die Optimierung der Akutbehandlung könnte die Umstellung auf ein Triptan mit den höchsten Ansprechraten oder auf eine andere Klasse von Akutmedikamenten umfassen.

Triptane (Serotonin-1B/1D-Agonisten) sind bei vielen Migränepatienten wirksam. Bei einigen Patienten ist aber die Wirksamkeit nicht ausreichend und die Verträglichkeit kann problematisch sein. Die European Headache Federation (EHF) hat vorgeschlagen, dass Patienten mit mangelnder Wirksamkeit und/oder Verträglichkeit von mindestens zwei Triptanen („Triptan-Resistenz“) für eine Behandlung mit den neuen Medikamenten aus den Gruppen der Ditane und Gepante infrage kommen [5]. Es gibt nur wenige prospektiv erhobene Daten über die Häufigkeit einer tatsächlichen „Triptan-Resistenz“.

Patienten und Methodik

Die Autoren verwendeten Patientenselbstauskünfte aus dem seit Juni 2020 bestehenden Kopfschmerzregister der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), an dem zum Zeitpunkt des Datenschnitts (Mai 2023) 22 Zentren beteiligt waren [4]. Erfasst wurde das Ansprechen auf Triptane und deren Verträglichkeit. Triptan-Non-Response oder -Versagen wurde konstatiert, wenn eine frühere Triptan-Therapie wegen Nebenwirkungen oder unzureichender Wirkung abgebrochen wurde oder wenn für eine aktuelle Triptan-Therapie die Wirkung oder Verträglichkeit auf einer 6-Punkte-Likert-Skala schlechter als „gut“ eingestuft wurde.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 2284 erwachsene Migränepatienten, davon 85,4 % Frauen, mit einem mittleren Alter von 39,4 ± 12,8 Jahren eingeschlossen. Bei 42,5 % (n = 970) hatte ≥ 1 Triptan nicht gewirkt oder wurde nicht vertragen, bei 13,1 % (n = 300) ≥ 2 Triptane und bei 3,9 % (n = 88) war dies bei ≥ 3 Triptanen der Fall. Im Vergleich zu Triptan-Respondern (n = 597) wiesen Triptan-Non-Responder eine signifikant schwerere Migräne mit höherer Häufigkeit (p < 0,001), Intensität der Kopfschmerzen (p < 0,05) und einen höheren Behinderungsgrad (p < 0,001). Der Schweregrad der Migräne war umso höher, je mehr Triptane versagt hatten.

Die Ansprechraten waren am höchsten bei nasalem und oralem Zolmitriptan, oralem Eletriptan und subkutanem Sumatriptan.

Kommentar

Die extrem teuren neuen Medikamente zur Behandlung akuter Migräneattacken, Rimegepant und Lasmiditan, suchen nach einer Marktlücke für die Etablierung im Arzneimittelmarkt. Eine Patientenpopulation, die hier ins Auge gefasst wurde, sind sogenannte Triptan-Nonresponder. In mehreren der Publikationen zu Rimegepant und Lasmiditan wird unterstellt, dass bis zu 40 % aller Migränepatienten nicht oder nicht ausreichend auf Triptane ansprechen [2, 3]. Dies liegt ganz überwiegend daran, dass entweder Triptane mit geringer Wirksamkeit wie Naratriptan oder Frovatriptan verwendet wurden anstelle von Rizatriptan und Eletriptan, oder dass die Triptane zu spät eingenommen wurden, nämlich zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kopfschmerz bereits das Maximum erreicht hat.

Die Studie aus dem prospektiven Register der deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft ist hier sehr hilfreich, da sie zeigt, dass sehr wahrscheinlich nur 4 % echte Nonresponder für orale Triptane sind, wenn den Patienten die Option gegeben wird, drei verschiedene Triptane auszuprobieren. Dabei konnte allerdings nicht berücksichtigt werden, dass die Wirksamkeit der Triptane noch verbessert werden kann, wenn sie mit nichtsteroidalen Antirheumatika kombiniert werden [1]. Zurzeit fehlen auch prospektive randomisierte Studien zum Vergleich von Rimegepant und Lasmiditan bei Patienten, die tatsächlich Triptan-Nonresponder sind.

Quelle

Ruscheweyh R, et al. Triptan non-response in specialized headache care: cross-sectional data from the DMKG Headache Registry. J Headache Pain. 2023;24(1):135.

Literatur

1. Diener HC, et al. Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), editor. https://dgn.org/leitlinien2022 (Zugriff am 02.11.2023).

2. Lipton RB, et al. Efficacy of rimegepant for the acute treatment of migraine based on triptan treatment experience: Pooled results from three phase 3 randomized clinical trials. Cephalalgia. 2023;43(2):3331024221141686.

3. Reuter U, et al. Lasmiditan efficacy in the acute treatment of migraine was independent of prior response to triptans: Findings from the CENTURION study. Cephalalgia. 2022;42(1):20–30.

4. Ruscheweyh R, et al. The headache registry of the German Migraine and Headache Society (DMKG): baseline data of the first 1,351 patients. J Headache Pain. 2022;23(1):74.

5. Sacco S, et al. European Headache Federation (EHF) consensus on the definition of effective treatment of a migraine attack and of triptan failure. J Headache Pain. 2022;23(1):133.

Psychopharmakotherapie 2023; 30(06):206-217