Parkinson-Erkrankung

Mit innovativen Therapien die On-Zeit verlängern


Dr. med. Kirsten Westphal, Heimstetten

Innovative Therapien optimieren die Behandlung von Menschen mit einer Parkinson-Erkrankung (PD): Durch die Zusatztherapie mit Opicapon, einem Inhibitor der Catechol-O-Methyltransferase (COMT) der dritten Generation, profitieren PD-Erkrankte von mehr Zeit im On und einer verbesserten Lebensqualität. Für die Bedarfstherapie von Off-Episoden wird ab Herbst erstmals Apomorphin als Sublingualfilm verfügbar sein. Experten diskutierten die Optionen bei einem Pressegespräch der Firma Bial.

Motorische Fluktuationen sind ein häufiges Symptom bei PD-Erkrankten. Nach 2,5 Jahren sind bereits mehr als 40 % betroffen [9]. Der therapeutische „Goldstandard“ der Parkinson-Therapie ist Levodopa in Kombination mit einem Dopa-Decarboxylasehemmer [5]. Allerdings ist der Effekt von Levodopa wegen seines pharmakokinetischen Profils mit Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung zunehmend instabil, sodass die tägliche Einnahmefrequenz erhöht werden muss. Eine effektive Add-on-Therapie muss daher die Wirkung von Levodopa optimieren, erklärte Prof. Dr. med. Alexander Storch, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Rostock. Eine wirksame Option bietet der COMT-Hemmer Opicapon, der bei Auftreten von motorischen Fluktuationen bereits dann als Bestandteil der Basistherapie eingesetzt werden sollte, wenn Levodopa drei- bis viermal täglich eingenommen wird. Durch den Zusatz von Opicapon wird die Levodopa-Pharmakokinetik direkt verbessert, so Storch. Opicapon ist zugelassen als Zusatztherapie zu Levodopa/Dopa-Decarboxylase-Hemmern (DDCI) bei Erwachsenen mit PD mit motorischen End-of-Dose-Fluktuationen, bei denen unter diesen Kombinationen keine Stabilisierung erreicht werden kann [3].

Mehr Zeit im On

Opicapon weist im Vergleich mit dem älteren COMT-Hemmer Entacapon eine ausgeprägtere, länger anhaltende COMT-Hemmung und deshalb einen überlegenen Effekt auf die Bioverfügbarkeit von Levodopa auf [7]. Eine Post-hoc-Analyse einer Vergleichsstudie zeigte, dass sich Opicapon durch eine bessere Wirksamkeit im Vergleich zu Entacapon bei COMT-Hemmer-naiven Patienten mit kürzlich aufgetretenen motorischen Fluktuationen auszeichnet; Opicapon konnte die tägliche On-Zeit signifikant mehr als Entacapon verlängern (um 124 vs. 60 Minuten; p = 0,0344) [4].

Zudem weist Opicapon eine gute Verträglichkeit auf. Die von Entacapon bekannten Nebenwirkungen Diarrhö oder verfärbter Urin treten unter Opicapon kaum auf [1, 3]. Anders als Entacapon, das zu jeder Levodopa-Einnahme eingenommen wird, muss Opicapon nur einmal täglich eingenommen werden [1, 3].

Apomorphin-Sublingualfilm: schnelle und bequeme Bedarfstherapie

Um Off-Episoden zu durchbrechen bzw. zu verkürzen, kann bisher der Dopaminagonist Apomorphin subkutan eingesetzt werden. Ab Herbst 2023 wird Apomorphin erstmals als Sublingualfilm (Kynmobi®) zur Bedarfstherapie von Off-Phasen bei Erwachsenen mit PD in Deutschland verfügbar sein [2]. Die innovative sublinguale Darreichungsform von Apomorphin umgeht den First-Pass-Effekt, was zu einer schnellen und anhaltenden Wirkung führen kann – unabhängig von der Art der sonstigen Therapie und der Ursache des Off-Zustands [2, 6]. Die Wirkung des Apomorphin-Sublingualfilms setzt schnell ein, sodass binnen 30 Minuten etwa 80 % der Off-Phasen beendet und in einen vollständigen On-Zustand überführt werden können [6]. Dabei hält die Wirksamkeit bis zu 90 Minuten an [6].

„Die Anwendung ist einfach und durch die Patienten bequem selbst durchführbar“, betonte Prof. Dr. med. Jan Kassubek, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Ulm. Es ist keine Spritze oder sonstiges Device erforderlich. In einer offenen, randomisierten Cross-over-Studie bevorzugten 72 % der Teilnehmenden den Sublingualfilm im Vergleich zur subkutanen Injektion von Apomorphin [8].

Quelle

Digitales Pressegespräch „Den Therapiealltag von Parkinson-Patienten effizient managen: von der L-Dopa-Optimierung mit Ongentys® bis hin zur Bedarfstherapie mit dem neuen Kynmobi®“, 4. Mai 2023, veranstaltet von Bial Deutschland.

Literatur

1. Fachinformation Comtess®, Stand Oktober 2021.

2. Fachinformation Kynmobi®, Stand März 2023.

3. Fachinformation Ongentys®, Stand März 2022.

4. Ferreira JJ, et al. Efficacy of opicapone compared to entacapone in catechol-O-methyltransferase inhibitor-naïve Parkinson’s disease patients recently diagnosed with motor fluctuations: A post-hoc conservative analysis. Mov Disord 2020;35(Suppl 1):S447, Abstract 998.

5. Jenner P, et al. Redefining the strategy for the use of COMT inhibitors in Parkinson’s disease: the role of opicapone. Expert Rev Neurother 2021;21:1019–33.

6. Olanow CW, et al. Apomorphine sublingual film for off episodes in Parkinson’s disease: a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 3 study. Lancet Neurol 2020;19:135–44.

7. Rocha JF et al. Effect of opicapone and entacapone upon levodopa pharmacokinetics during three daily levodopa administrations. Eur J Clin Pharmacol 2014;70:1059–71.

8. Schwarz J et al. Apomorphine sublingual film versus subcutaneous apomorphine in the treatment of OFF episodes in Parkinson’s disease: Results from an assessment of patient satisfaction [Abstract]. Mov Disord 2022;37(Suppl 1): Poster 769.

9. Stocchi F et al. Early DEtection of wEaring off in Parkinson disease: the DEEP study. Parkinsonism Relat Disord 2014;20:204–11.

Psychopharmakotherapie 2023; 30(04):131-142