Postpartale Depression

Neue Therapieoption bei postpartaler Depression


Julia Pieper, Bonn

Eine spezifische Behandlung der postpartalen Depression war bisher nicht möglich. Die neue Arzneimittelgruppe der GABAA-spezifischen positiven allosterischen Modulatoren verspricht ein schnelles Ansprechen. Mit Zuranolon wurde nun der erste Wirkstoff dieser Gruppe zur oralen Einnahme in einer klinischen Phase-III-Studie untersucht.

Die postpartale Depression (PPD) gehört mit einem Anteil von 10 bis 15 % der Gebärenden zu den häufigsten psychischen Erkrankungen während und kurz nach der Schwangerschaft. Als PPD wird das Auftreten einer depressiven Episode im dritten Trimester bis zu vier Wochen postpartal bezeichnet [2]. Die Symptomatik gleicht der einer depressiven Episode und ist oft zusätzlich begleitet von starken Schuldgefühlen oder Gedanken, dem Kind etwas anzutun bis hin zum Infantizid. Die PPD kann im Verlauf der Erkrankung zu einer beeinträchtigten Mutter-Kind-Bindung, zu einer verzögerten Kindesentwicklung und einem veränderten Verhalten in der Partnerschaft führen, auch maternale Suizide können auftreten [3].

Bisher setzt man in der Therapie auf psychotherapeutische Maßnahmen und Wirkstoffe aus der Klasse der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) oder Amitriptylin [2]. Ein Nachteil ist insbesondere ein verzögerter Wirkungseintritt.

Neue Wirkstoffgruppe

Einen neuen Ansatz verfolgt man nun mit der Klasse der GABAA-Rezeptor-spezifischen positiven allosterischen Modulatoren (GABAA-R PAM): Das neuroaktive Steroid Allopregnanolon (ein Metabolit des Progesterons) bindet an die Delta-Untereinheit des extrasynaptischen GABAA-Rezeptors. Ein Abfall der Allopregnanolonkonzentration kann zur Entstehung von Angst und Depression führen [1]. Mit Brexanolon wurde 2019 erstmals ein GABAA-R PAM von der FDA zur Behandlung der PPD zugelassen. Es handelt sich hierbei um eine besser lösliche Formulierung von Allopregnanolon, die als intravenöse Gabe über 60 Stunden appliziert wird (Kasten „Es stand in der PPT“). Zuranolon ist ein weiterer Vertreter dieser Wirkstoffgruppe, der aber nur einmal täglich oral eingenommen werden muss.

Es stand in der PPT

Postpartale Depression. Brexanolon zur Behandlung der Wochenbettdepression. Psychopharmakotherapie 2018;25:321–2.

Vielversprechende Ergebnisse

In der von Deligiannidis et al. durchführten randomisierten Phase-III-Doppelblindstudie wurde nun der Effekt von Zuranolon im Vergleich zur Placebo-Gabe bei 148 Patientinnen mit einer schweren postpartalen depressiven Episode untersucht (definiert durch einen Wert ≥ 26 auf der Hamilton rating scale for depression [HAMD-17]). Die Patientinnen erhielten über zwei Wochen einmal täglich abends eine Kapsel Zuranolon oder Placebo. Der primäre Endpunkt der Studie war eine mindestens 50%ige Reduktion des HAMD-17-Werts an Tag 15, der sekundäre Endpunkt eine entsprechende Reduktion zu allen anderen Zeitpunkten. Zusätzlich wurden unter anderem Verbesserungen hinsichtlich Angst (Hamilton rating scale for anxiety [HAMA]) und der Fähigkeit, das Kind zu betreuen, untersucht (Barkin index of maternal functioning [BIMF]).

Zuranolon zeigte bereits ab dem dritten Tag bessere Ergebnisse als das Placebo. An Tag 15 ergab sich eine signifikant größere HAMD-17-Reduktion (–17,8 vs. –13,6; p = 0,003) (Tab. 1). Der Vorteil hielt bis zur letzten Untersuchung an Tag 45 an. Für den BIMF ergab sich nur bei der abschließenden Untersuchung ein Vorteil für Zuranolon.

Tab. 1. Ergebnisse zur Wirksamkeit von Zuranolon vs. Placebo [nach Deligiannidis et al.]

Endpunkte an Tag 15

Zuranolon

Placebo

Effekt

Primärer Endpunkt

Veränderung HAMD-17-Score

–17,8

–13,6

Differenz –4,2 (95%-KI –6,9 bis –1,5); p = 0,003

Sekundäre Endpunkte (Auswahl)

HAMD-17-Response (≥ 50 % Reduktion)

72 %

48 %

Odds-Ratio 2,63 (95%-KI 1,34–5,16); p = 0,05

HAMD-17-Remission (≤ 7)

45 %

23 %

Odds-Ratio 2,53 (95%-KI 1,24–5,17); p = 0,011

HAMA-Score

Differenz –3,9 (95%-KI –6,7 bis –1,1); p = 0,006

HAMD-17: Hamilton Rating Scale for Depression; HAMA: Hamilton Rating Scale for Anxiety; KI: Konfidenzintervall

Die Substanz wurde gut vertragen. Typische unerwünschte Wirkungen waren Somnolenz, Kopfschmerzen und Schwindel.

Ob Zuranolon auch bei Patientinnen mit leichter bis mittelschwerer postpartaler Depression geeignet ist, wurde nicht untersucht. Für Patientinnen mit schweren Episoden postpartaler Depressionen könnte sich die Substanz aber als vielversprechende, schnell wirkende Option herausstellen.

Quelle

Deligiannidis KM, et al. Effect of zuranolone vs placebo in postpartum depression A randomized clinical trial. JAMA Psychiatry. Online Publication 30.06.2021

Literatur

1. Kanes S, et al. Brexanolon (SAGE-547 injection) in post-partum depression: a randomised controlled trial. Lancet 2017;390:480–9.

2. Sonnenmoser M. Vom Tief nach der Geburt. Dtsch Ärztebl 2007;2:82–3.

3. Stewart DE, et al. Postpartum depression: Pathophysiology, treatment, and emerging therapeutics. Annu Rev Med 2019;70:183–96.

Psychopharmakotherapie 2021; 28(05):216-226