Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen
Rimegepant ist ein Calcitonin-Gene-related-Peptide(CGRP)-Rezeptorantagonist, der bei der Therapie akuter Migräneattacken wirksam ist [1, 2]. In der Vergangenheit war eine Reihe von CGRP-Rezeptorantagonisten zur Prophylaxe der Migräne entwickelt worden. Die entsprechenden Arzneimittel wurden allerdings nicht weiter entwickelt, da sie entweder schlecht resorbiert wurden, viele Interaktionen mit anderen Arzneimitteln hatten oder zu Leberschäden führten [3]. Dies ist, soweit bisher bekannt, für Rimegepant nicht der Fall. Daher sollte dieser CGRP-Rezeptorantagonist in der Prophylaxe der Migräne untersucht werden.
Studiendesign
Es handelte sich um eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Phase-II/III-Studie an 92 Kopfschmerzzentren in den USA. Rekrutiert wurden Erwachsene mit einer mindestens 1-jährigen Migräneanamnese. Nach einer 4-wöchigen Baselinephase wurden die Teilnehmer randomisiert und erhielten jeden zweiten Tag 75 mg Rimegepant oral oder Placebo. Die Studie erstreckte sich über 12 Wochen.
Der primäre Endpunkt der Studie war die Veränderung der mittleren Zahl der Migränetage in den Wochen 9 bis 12 im Vergleich zur Baseline. Patienten, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation erhielten, wurden in die Sicherheitsanalyse aufgenommen.
Ergebnisse
Zwischen November 2018 und August 2019 wurden 1591 Teilnehmer rekrutiert, von denen 747 randomisiert wurden und entweder Rimegepant (n = 373) oder Placebo (n = 374) erhielten.
695 Teilnehmer wurden in der Wirksamkeitsanalyse ausgewertet. Die Patienten waren im Mittel 41 Jahre alt und 83 % waren Frauen. Die mittlere Zahl der Migränetage pro Monat in der Baselinephase betrug 10,1 Tage. Die Veränderung der mittleren Anzahl von Migränetagen pro Monat in den Wochen 9 bis 12 gegenüber dem Baselinezeitraum betrug –4,3 Tage (95%-Konfidenzintervall [KI] –4,8 bis –3,9) mit Rimegepant und –3,5 Tage (95%-KI –4,0 bis –3,0) mit Placebo. Die mittlere Differenz betrug –0,8 Tage mit einem 95%-KI von –1,46 bis –0,20 (p = 0,0099).
741 Teilnehmer wurden in die Sicherheitsanalyse eingeschlossen. 133 (36 %) der 370 Patienten, die Rimegepant erhielten, berichteten über unerwünschte Arzneimittelwirkungen im Vergleich zu 133 (36 %) der 371 Patienten, die Placebo erhielten. Sieben (2 %) Teilnehmer, die Rimegepant erhielten, und vier (1 %), die Placebo erhielten, brachen die Studie aufgrund von Nebenwirkungen ab.
Kommentar
Rimegepant ist ein kleines Molekül, das direkt den CGRP-Rezeptor blockiert. In den Vereinigten Staaten ist die Substanz bereits zur Behandlung akuter Migräneattacken zugelassen. In der vorliegenden Studie wurde Rimegepant in einer Dosis von 75 mg jeden zweiten Tag zur Prophylaxe der Migräne untersucht. Die Ergebnisse waren ernüchternd: Im Vergleich zu Placebo wurde die durchschnittliche Zahl der Migränetage pro Monat um weniger als einen Tag reduziert. Damit ist dieser CGRP-Rezeptorantagonist deutlich weniger wirksam als beispielsweise die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder die traditionellen Migräneprophylaktika [4]. Der einzige Vorteil ist die niedrige Rate an unerwünschten Arzneimittelwirkungen, die aber bei den monoklonalen Antikörpern ebenfalls sehr gering ist. Auch bei der Therapie akuter Migräneattacken war in indirekten Vergleichen Rimegepant deutlich weniger wirksam als beispielsweise die Triptane. Angesichts eines Preises von über 60 US-Dollar pro Tablette in den Vereinigten Staaten ist schwerlich vorstellbar, dass eine solche prophylaktische Therapie in Deutschland erstattet wird.
Quelle
Croop R, et al. Oral rimegepant for preventive treatment of migraine: a phase 2/3, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet published online December 15, 2020; https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)32544-7.
Literatur
1. Croop R, et al. Efficacy, safety, and tolerability of rimegepant orally disintegrating tablet for the acute treatment of migraine: a randomised, phase 3, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 2019;394:737–45.
2. Lipton RB, et al. Rimegepant, an oral calcitonin gene-related peptide receptor antagonist, for migraine. N Engl J Med 2019;381:142–9.
3. Dubowchik GM, et al. Blocking the CGRP pathway for acute and preventive treatment of migraine: The evolution of success. J Med Chem 2020;63:6600–23.
4. Diener H, et al. Prevention of migraine with monoclonal antibodies against CGRP or the CGRP receptor. Recommendations of the Germany Society of Neurology and the German Migraine and Headache Society. Neurol Res Pract 2020; https://doi.org/10.1186/s42466-020-00057-1.
Psychopharmakotherapie 2021; 28(02):86-91