Myotone Dystrophie Typ I

Metformin verbessert Beweglichkeit


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
Das Antidiabetikum Metformin führte in einer kleinen Placebo-kontrollierten Phase-II-Studie (MYOMET) bei Patienten mit myotoner Dystrophie Typ I zu einer Verbesserung der Beweglichkeit.

Die myotone Dystrophie Typ I ist eine autosomal-dominante monogenetische Erkrankung. Sie führt zu zunehmender Muskelschwäche, Muskelatrophien und myotonen Anspannungen der Muskulatur insbesondere bei Bewegung, was die Bewegungsfähigkeit deutlich einschränkt. Eine symptomatische Therapie ist beispielsweise mit Mexiletin (Namuscla®) möglich, das im Dezember 2018 die EU-Zulassung für die orale symptomatische Behandlung von Myotonien bei Erwachsenen erhalten hat. Eine kausale Therapie gibt es nicht.

Zellkulturuntersuchungen mit Zellen von betroffenen Patienten ergaben, dass das Antidiabetikum Metformin offenbar einen Teil der molekularen Mechanismen positiv beeinflussen kann. In einem Maus-Modell der Erkrankung zeigte Metformin bei einer Studie in Frankreich einen günstigen Effekt auf die Motorik. Daher sollte Metformin in einer doppelblinden, randomisierten Studie untersucht werden.

Studiendesign

Die MYOMET-Studie war eine monozentrische, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Phase-II-Studie (EudraCT Number 2013-001732-21). Eingeschlossen wurden Patienten im Alter zwischen 18 bis 60 Jahren mit einer myotonen Dystrophie Typ I, die molekulargenetisch nachgewiesen war. Die Patienten waren alle noch gehfähig. Metformin oder Placebo wurden über 52 Wochen dreimal täglich gegeben, mit einer langsamen Dosissteigerung über vier Wochen bis zu einer Höchstdosis von 3 g Metformin pro Tag. Primärer Endpunkt war die Gehstrecke beim Sechs-Minuten-Gehtest. Außerdem wurden Parameter der Muskelkraft, das Ausmaß der myotonischen Reaktion, Variablen der Gehfunktion und Lebensqualitätsparameter erhoben.

Ergebnisse

In die Studie wurden 40 Patienten im Durchschnittsalter von 40 Jahren eingeschlossen, 38 (je 19 Patienten in jeder Gruppe) erhielten mindestens eine Dosis Metformin oder Placebo und galten als Intention-to-treat-(ITT-)Gruppe. 29 Patienten (Placebo n = 17, Metformin n = 12) führten die Studie über ein Jahr durch (ITT-Komplett-Gruppe), von diesen wichen 23 Patienten nicht wesentlich vom Protokoll ab (Per-Protokoll-Gruppe, Placebo n = 14, Metformin n = 9).

Bei 23 Patienten betrug die sechsminütige Gehstrecke (6MWT) zu Beginn der Studie 456 Meter. Nach 52 Wochen nahm die 6MWT unter Placebo um 3,7 Meter zu und unter Verum um 33 Meter. Dieser Unterschied war mit einem p-Wert von 0,048 signifikant. Bei den beiden ITT-Gruppen konnten keine signifikanten Unterschiede in der 6MWT gesehen werden. Das Ausmaß der Myotonie und der Muskelkraft wurden durch die Einnahme von Metformin nicht beeinflusst. Unter Metformin kam es erwartungsgemäß zu einer Gewichtsabnahme. In der Metformin-Gruppe waren unerwünschte Wirkungen, vor allem gastrointestinale Nebenwirkungen, häufiger.

Kommentar

Diese kleine, prospektive, randomisierte, doppelblinde Studie zeigte über einen Zeitraum von einem Jahr eine Verbesserung der Gehstrecke durch die Gabe von Metformin bei Patienten mit myotoner Dystrophie Typ I. Alle anderen Symptome der Erkrankung wurden allerdings inklusive der Lebensqualität nicht positiv beeinflusst. Die Studie war darüber hinaus monozentrisch und hatte eine relativ hohe Rate an Studienabbrüchen. Ob Metformin wirklich bei dieser Erkrankung symptomatisch wirksam ist, müsste jetzt in einer größeren Phase-III-Studie untersucht werden.

Quelle

Bassez G, et al. Improved mobility with metformin in patients with myotonic dystrophy type 1: a randomized controlled trial. Brain 2018;141:2855–65.

Psychopharmakotherapie 2019; 26(02):104-113