Dr. Alexander Kretzschmar, München
Die BTK wurden bereits 1951 von dem amerikanischen Kinderarzt Dr. Ogden Bruton entdeckt. Sie werden vor allem in B-Zellen exprimiert und sind an der intrazellulären Signaltransduktion beteiligt. Immunologisch übernehmen sie Funktionen im angeborenen Immunsystem – Induktion der Freisetzung proinflammatorischer Zytokine – und beim erworbenen Immunsystem: Antigen-Präsentation, Proliferation und Differenzierung der B-Zellen und Monozyten (M1, M2) sowie Freisetzung von Zytokinen und Antikörpern [1, 3].
Inhibition der B-Zellfunktion
Der BTK-Inhibitor (BTKi) Evobrutinib führt zu einer raschen Hemmung der B-Zellfunktion. Dieser Effekt ist nach Absetzen des BTKi ebenso rasch reversibel. In einem Mäusemodell der RMS mit B-Zell-Beteiligung (experimentelle Autoimmunenzephalitis [EAE]) kam es dosisabhängig nach Gabe von Evobrutinib innerhalb von rund 14 Tagen zu einer deutlichen Besserung der klinischen Symptomatik [3, 4].
Aus dem klinischen Studienprogramm wurde auf der ECTRIMS-Tagung 2018 eine Interimsanalyse nach 24 Wochen aus einer Phase-IIb-Proof-of-Concept-Studie vorgestellt. An der multizentrischen, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie (NCT02975349) nahmen insgesamt 267 Patienten (18 bis 65 Jahre; ≥ 1 Schub in den letzten zwei Jahren) mit einer RMS oder einer sekundär progredienten MS (SPMS) mit überlagernden Schüben teil. Sie erhielten entweder Evobrutinib 25 mg/Tag, 75 mg/Tag, 75 mg zweimal täglich oder Placebo. Zudem gab es eine aktiv behandelte Referenzgruppe mit unverblindeter Einnahme von Dimethylfumarat.
Primärer Endpunkt war die Zahl Gadolinium-aufnehmender (Gd+) Läsionen in den Studienwochen 12, 16, 20 und 24. Es kam zu einer signifikanten Reduktion gegenüber Placebo unter Evobrutinib 75 mg/Tag und 75 mg zweimal täglich, nicht jedoch unter Evobrutinib 25 mg/Tag, und es zeigte sich eine Dosis-Wirkungs-Abhängigkeit [2].
Weitere Indikationen in der Prüfung
Evobrutinib wird im Rahmen von Phase-IIb-Studien auch in den Indikationen rheumatoide Arthritis (RA) und systemischer Lupus erythematodes (SLE) untersucht. BTKi werden bereits sehr erfolgreich in der Therapie hämatologischer Tumoren eingesetzt. In der Allergologie werden die BTKi als sehr potente und rasch wirkende Hemmer der IgE-abhängigen Histaminfreisetzung aus humanen basophilen Granulozyten und Hautmastzellen für den klinischen Einsatz untersucht.
Quelle
Prof. Jerry Wollinsky, Houston, Fachpressegespräch „Über Innovation hinaus: Neudefinition der Behandlungslandschaft bei MS“, veranstaltet von Merck Serono im Rahmen der Jahrestagung des European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS), Berlin, 10. Oktober 2018.
Literatur
1. Alankus YB, et al. BTK inhibition prevents inflammatory macrophage differentiation: a potential role in MS. ECTRIMS 2018; Poster P557.
2. Montalban X, et al. Primary analysis of a randomised, placebo-controlled, phase 2 study of the Bruton’s tyrosine kinase inhibitor evobrutinib (M2951) in patients with relapsing multiple sclerosis. ECTRIMS 2018; Abstract 322.
3. Torke S, et al. Inhibition of Bruton’s tyrosine kinase selectively prevents antigen-activation of B cells and ameliorates B cell-mediated experimental autoimmune encephalomyelitis. ECTRIMS 2018; Poster P575.
4. Torke S. B cell-mediated experimental CNS autoimmunity is modulated by inhibition of Bruton‘s tyrosine kinase. ECTRIMS-ACTRIMS 2017; Abstract O143.
Psychopharmakotherapie 2019; 26(02):104-113