Schubförmige multiple Sklerose

Subkutanes Ofatumumab verringert Zahl neuer Entmarkungsherde im MRT


Prof. Dr. med. H.-C. Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
Die subkutane Gabe von Ofatumumab alle zwölf Wochen verringert bei Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose (MS) die Zahl neu aufgetretener Entmarkungsherde in der Kernspintomographie (MRT). Die Therapieeffekte sind am ausgeprägtesten bei einer Dosierung von ≥ 30 mg Ofatumumab alle 12 Wochen. Dies ergab die Phase-IIb-Studie MIRROR (Ofatumumab subcutaneous administration in subjects with relapsing-remitting multiple sclerosis) mit 232 MS-Patienten.

Für die Verhinderung neuer Schübe bei der schubförmigen MS gibt es eine Vielzahl von oralen und parenteralen immunsuppressiven Therapien, die mit großem Erfolg eingesetzt werden. Einer der therapeutischen Ansätze sind gegen CD20 gerichtete monoklonale Antikörper, die die Funktion von B-Zellen hemmen, wie Rituximab (z. B. MabThera®) und Ocrelizumab (Ocrevus®). Beide Substanzen reduzieren nicht nur die Schubrate, sondern verringern auch die Zahl neu aufgetretener Entmarkungsherde in der Kernspintomographie (MRT). Ofatumumab ist ein neuer gegen CD20 gerichteter monoklonaler Antikörper, der zunächst zur intravenösen Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) entwickelt wurde. Für die Anwendung bei der MS befindet sich eine subkutane Applikationsform in der Entwicklung.

Studiendesign

In der Phase-IIb-Studie MIRROR sollten Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ofatumumab in steigenden Dosen bei Patienten mit schubförmiger MS im Vergleich zu Placebo untersucht werden. In die multizentrische, randomisierte, doppelblinde Studie wurde 231 Patienten mit schubförmiger MS im mittleren Alter von 37 Jahren aufgenommen. Sie waren im Durchschnitt seit 4,4 Jahren erkrankt, der Behinderungsgrad auf der Expanded Disability Status Scale (EDSS) lag unter 5,5.

In den ersten 24 Wochen der Behandlung erhielten die Patienten Placebo (n = 67) oder Ofatumumab 3 mg (n = 34), 30 mg (n = 32) oder 60 mg alle zwölf Wochen (n = 34) oder 60 mg alle vier Wochen (n = 64). In Woche 12 erhielten alle Patienten in der Placebo-Gruppe eine Einzeldosis von 3 mg Ofatumumab. Die Nachbeobachtungsphase erstreckte sich über 24 Wochen. Primärer Endpunkt war die kumulative Zahl neu aufgetretener Kontrastmittel-aufnehmender Herde in der Kernspintomographie in Woche 12 (Tab. 1).

Tab. 1. Studiendesign [nach Bar-Or A, et al.]

Erkrankung

Schubförmige MS

Studienziel

Verringerung der Zahl neuer Kontrastmittel-aufnehmender Herde in der MRT durch subkutanes Ofatumumab in steigender Dosierung

Studientyp

Interventionsstudie mit Dosisfindung

Studienphase

Phase IIb

Studiendesign

Multizentrisch, randomisiert, doppelblind, Placebo-kontrolliert

Eingeschlossene Patienten

231

Intervention

  • Placebo (n = 67)
  • Ofatumumab 3 mg/12 Wochen (n = 34), 30 mg/12 Wochen (n = 32), 60 mg/12 Wochen (n = 34), 60 mg/4 Wochen (n = 64)

Primäre Endpunkte

Zahl der neu aufgetretenen Kontrastmittel-aufnehmenden Herde im MRT nach 12 Wochen

Sponsor

GlaxoSmithKline

Studienregisternummer

NCT01457924 (ClinicalTrials.gov)

Ergebnisse

Über alle Dosierungen hinweg ergab sich für Woche 0 bis 12 eine 65%ige Reduktion der mittleren Zahl neuer Kontrastmittel-aufnehmender Herde in der Kernspintomographie durch Ofatumumab im Vergleich zu Placebo (Rate-Ratio 0,35; 95%-Konfidenzintervall 0,221–0,548; p < 0,001). Mit Dosierungen 30 mg Ofatumumab wurde das Auftreten neuer Herde in der Kernspintomographie zwischen den Wochen 4 und 12 um 90 % reduziert.

In der Placebo-Gruppe berichteten 64 % der Patienten und in der Ofatumumab-Gruppe 74 % über unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Bei drei Patienten in der Verum-Gruppe kam es zu einer Reaktion nach der Injektion und bei einem Patienten kam es zu einem Zytokin-Freisetzungssyndrom nach der ersten Gabe von Ofatumumab (60 mg). Je ein Patient in der Verum-Gruppe (60 mg/4 Wochen) erlitt eine Cholelithiasis und eine Hypokaliämie. Bei einem Patienten unter 3 mg Ofatumumab entwickelten sich Angioödem und Urtikaria.

  • Kommentar

Diese kleine Dosisfindungsstudie legt nahe, dass Ofatumumab den für diese Entwicklungsstufe typischen Endpunkt, nämlich die Zahl neu aufgetretener Gadolinium-aufnehmender Herde in der Kernspintomographie, signifikant reduziert. Die Effekte sind am ausgeprägtesten bei einer Dosis von 30 mg pro zwölf Wochen. Ofatumumab unterscheidet sich von anderen Therapien zur B-Zelldepletion dadurch, dass es die B-Zellen nicht vollständig eliminiert, sondern nur auf 25 % des Ausgangsniveaus reduziert. Ob sich dies in einem besseren Sicherheitsprofil niederschlägt und zu einer reduzierten Zahl von Infektionen führt, können erst Phase-III-Studien belegen. Diese sind auch mit großen Patientenzahlen notwendig, um zu belegen, dass die Substanz die Zahl der Schübe reduziert und die klinische Verschlechterung der MS aufhält.

Quelle

Bar-Or A, et al. Subcutaneous ofatumumab in patients with relapsing-remitting multiple sclerosis: The MIRROR study. Neurology 2018;90:e1805–e14.

Psychopharmakotherapie 2018; 25(05):263-276