Psychose bei Alzheimer-Demenz

Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Pimavanserin


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
Der selektive 5-HT2A-Rezeptorantagonist und inverse Agonist Pimavanserin verbesserte nach sechs Wochen signifikant die Symptome einer Psychose, die im Rahmen einer Alzheimer-Erkrankung auftreten. Dieser Unterschied war nach zwölf Wochen nicht mehr nachweisbar. Das ergab eine randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Phase-II-Studie mit 181 Alzheimer-Patienten, die unter Psychosen litten.

Alzheimer-Erkrankung ist die häufigste Ursache einer Demenz im höheren Lebensalter. Patienten mit manifester Erkrankung entwickeln häufig psychotische Symptome, meist Wahnvorstellungen oder Halluzinationen. Wenn sich eine Psychose im Rahmen einer Alzheimer-Erkrankung entwickelt, ist dies für die pflegenden Angehörigen besonders belastend. Obwohl die meisten Patienten mit Neuroleptika behandelt werden, sind diese spezifisch für die Therapie von psychotischen Symptomen bei Alzheimer nicht zugelassen. Pimavanserin ist ein selektiver Antagonist und inverser Agonist an 5-HT2A-Rezeptoren, der in den Vereinigten Staaten seit 2016 für die Behandlung von psychotischen Symptomen bei Parkinson-Patienten zugelassen ist.

Aufgrund dieser Erfahrung sollte jetzt Pimavanserin bei Patienten mit einer Psychose im Rahmen einer Alzheimer-Erkrankung untersucht werden. In die randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Studie wurden Patienten im Alter von über 50 Jahren mit wahrscheinlicher Alzheimer-Erkrankung und Symptomen einer Psychose wie visuellen oder akustischen Halluzinationen oder Verkennungen eingeschlossen. Die Studie erstreckte sich über 12 Wochen. Die Patienten erhielten entweder 2-mal 17 mg Pimavanserin oder Placebo pro Tag. Der primäre Endpunkt der Studie war die Veränderung gegenüber der Baseline im Neuropsychiatric Inventory – Nursing Home Version (NPI-NH) Psychosis Score. Der primäre Endpunkt wurde nach sechs Wochen erhoben. Eine zweite Analyse erfolgte nach 12 Wochen.

Studienergebnisse

Im Rahmen der Studie wurden 181 Patienten randomisiert, davon 90 auf Pimavanserin und 91 auf Placebo (Tab. 1). Die Patienten waren im Mittel 86 Jahre alt und 81 % waren Frauen. 10 % waren bereits in der Vergangenheit mit Antipsychotika behandelt worden und 22 % erhielten selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. 40 % wurden mit Arzneimitteln gegen Demenz (Cholinesterasehemmern) behandelt. Zu Studienbeginn betrug der mittlere NPI-NH Psychosis Score in der Behandlungsgruppe 9,5 und in der Placebo-Gruppe 10,0. Nach sechs Wochen verringerte sich der Score durchschnittlich um 3,76 Punkte bei Pimavanserin und um 1,93 Punkte in der Placebo-Gruppe. Dieser Unterschied von 1,84 Punkten war mit einem p-Wert von 0,05 signifikant. Nach 12 Wochen ergab sich aber keine Überlegenheit mehr für Pimavanserin gegenüber Placebo. Acht Teilnehmer, die Pimavanserin einnahmen, und elf, die Placebo einnahmen, beendeten die Studie wegen unerwünschter Nebenwirkungen. Ansonsten ergaben sich keine größeren Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen.

Tab. 1. Studiendesign [nach Ballard et al. 2018]

Erkrankung

Psychosen bei Alzheimer

Studienziel

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Pimavanserin

Studientyp

Interventionsstudie

Studienphase

Phase II

Studiendesign

Randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Studie

Eingeschlossene Patienten

181 Patienten

Intervention

2-mal täglich 17 mg Pimavanserin (n = 90)

Placebo (n = 91)

Primäre Endpunkte

Veränderung gegenüber der Baseline im Neuropsychiatric Inventory-Nursing Home Version (NPI-NH) Psychosis Score nach sechs Wochen

Sekundäre Endpunkte

Veränderung gegenüber der Baseline im NPI-NH Psychosis Score nach zwölf Wochen

Sponsor

Acadia Pharmaceuticals

Studienregisternummer

NCT 02035553 (ClinicalTrials.govClinicalTrials.gov)

  • Kommentar

Die Ergebnisse dieser kleinen, randomisierten Studie aus Großbritannien zeigen, dass zumindest über einen Zeitraum von sechs Wochen der selektive 5-HT2A-Rezeptorantagonist und inverse Agonist Pimavanserin bei Patienten, die im Rahmen einer Alzheimer-Erkrankung eine Psychose entwickeln, die psychotischen Symptome gegenüber Placebo verbessern kann. Der Therapieeffekt hielt allerdings nach 12 Wochen nicht an. Die Daten dieser kleinen Studie werden nicht ausreichend sein, um eine Zulassung für Pimavanserin in dieser Indikation bei Alzheimer-Patienten in Europa zu erhalten. Eine weitere Frage würde sein, ob die Gesundheitssysteme bereit wären, für einen Therapieeffekt über sechs Wochen zu bezahlen, wenn dieser nach 12 Wochen nicht mehr nachweisbar ist.

Quelle

Ballard C et al.; ADP Investigators. Evaluation of the safety, tolerability, and efficacy of pimavanserin versus placebo in patients with Alzheimer’s disease psychosis: a phase 2, randomised, placebo-controlled, double-blind study. Lancet Neurol 2018;17:213–22.

Psychopharmakotherapie 2018; 25(04):219-228