Morbus Parkinson

Diabetes-Medikament auf Abwegen


Solvejg Langer, Stuttgart

In einer Phase-I-Studie konnten für das Inkretinmimetikum Exenatid positive Effekte auf die motorischen Symptome bei Parkinson-Patienten gezeigt werden. Ob jedoch die Krankheitsprogression aufgehalten wird oder ob es sich dabei nur um eine Linderung der Symptome handelt, ist bisher unklar.

Zu den größten Herausforderungen in der Parkinson-Forschung gehört die Entwicklung von Neuroprotektiva oder krankheitsmodifizierenden Substanzen, die die Krankheitsprogression stoppen oder zumindest verlangsamen können.

In einer monozentrischen randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Phase-I-Studie mit 62 Patienten konnten diese Effekte nun erstmalig erzielt werden – mit einem Medikament, das bisher zur Therapie von Typ-2-Diabetes zugelassen ist, nämlich Exenatid. Bewiesen werden konnte allerdings nicht, ob die Substanz wirklich die Entstehung bzw. das Fortschreiten der Krankheit beeinflusst oder nur langfristig Symptome mildert. Zumindest hielten die Effekte auch nach Absetzen der Behandlung an.

Studie

Eingeschlossen wurden Patienten unter dopaminerger Medikation mit Wearing-off-Phänomenen und einem Krankheitstadium 2,5 auf der Hoehn-Yahr-Skala unter Medikation. Demenzkranke und Diabetiker durften nicht teilnehmen. Die Patienten erhielten einmal wöchentlich 2 mg Exenatid oder Placebo für 48 Wochen, der primäre Endpunkt der Studie war die Veränderung in der MDS-UPDRS-III (motorische Untersuchung, Unified Parkinson’s disease rating scale der Movement Disorder Society) 12 Wochen nach Ende der Therapie (=Woche 60). Sekundäre Endpunkte waren alle Kategorien der MDS-UPDRS unter Medikation und Werte auf verschiedenen anderen Skalen zur Beurteilung der Krankheitsschwere bei Parkinson-Patienten (z.B. Mattis dementia rating scale). Außerdem wurden die Rate an unerwünschten Ereignissen sowie Laborwerte überprüft.

Ergebnisse

In Woche 60 wurde in der Exenatid-Gruppe eine Verbesserung um einen Punkt auf der MDS-UPDRS-III erzielt, die Vergleichsgruppe verzeichnete eine Verschlechterung um 2,1 Punkte. Dies entsprach einer adjustierten Differenz von –3,5 Punkten (95%-Konfidenzintervall –6,7 bis –0,3; p=0,0318) zugunsten von Exenatid.

In anderen Kategorien der UPDRS oder auch der Mattis Dementia Rating Scale, MADRS usw. konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt werden. Auch die Rate an Nebenwirkungen war vergleichbar und es war kein Unterschied in der Lebensqualität festzustellen.

Weitere Untersuchungen notwendig

Präklinische Studien haben bereits gezeigt, dass Exenatid möglicherweise Einfluss auf pathologische Mechanismen hat, die bei der Entstehung von Morbus Parkinson eine Rolle spielen – unter anderem Entzündungshemmung, neurotrope Effekte und Anregung der Neurogenese. Ob die Effekte in der vorliegenden Studie jedoch wirklich durch eine Erhaltung dopaminerger Neurone zustandekommen oder ob nur eine bessere Verwertung der dopaminergen Medikation erreicht wird, ist bisher unklar.

Sollte sich Exenatid in weiteren Studien tatsächlich als innovative Parkinsontherapie erweisen, bleibt zu hoffen, dass dies nicht wie schon bei anderen Wirkstoffen zuvor zum Indikations-Hopping mit beträchtlichem Preisanstieg führt.

Quelle

Athauda D, et al. Exenatide once weekly versus placebo in Parkinson’s disease: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 2017; doi: 10.1016/S0140-6736(17)31585-4 [Epub ahead of print].

Psychopharmakotherapie 2017; 24(06):289-296