Holger Petri, Bad Wildungen*
Bosentan
Endothelin-Rezeptorantagonisten (ERA) finden Verwendung in der Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH). Das als erster Vertreter dieser Substanzklasse zugelassene Bosentan hat einen komplexen Metabolismus. Sowohl als Substrat („victim drug“) als auch als Induktor („perpetrator drug“) sind CYP-bedingte Arzneimittelwechselwirkungen möglich. Bosentan wird über CYP2C9 und 3A4 verstoffwechselt. Es entstehen drei Metabolite, von denen einer mit bis zu 20% zum pharmakologischen Gesamteffekt beiträgt. Der starke CYP3A4-Hemmer Ketoconazol (Abb. 1) erhöhte bei Probanden die Plasmakonzentration des Endothelin-Rezeptorantagonisten um 122% [11]. Clarithromycin steigerte den AUC-Wert (Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve) um das 3,8-Fache [5]. Noch ausgeprägter ist der Effekt unter dem starken CYP3A4-Inhibitor Lopinavir/Ritonavir. Das HIV-Therapeutikum steigerte die Bosentan-Verfügbarkeit um mehr als das 5-Fache [11]. Die mit Bosentan assoziierten Erhöhungen der Leber-Aminotransferasen sind dosisabhängig [2]. Somit ist das Risiko auch erhöht in Kombination mit Substanzen, die den Abbau von Bosentan hemmen (Abb. 1).
Es gibt widersprüchliche Daten, welchen Anteil die hepatischen Arzneimitteltransporter OATP („organic anion transporting polypeptide“) 1B1 und 1B3 an der Pharmakokinetik von Bosentan haben. Das Immunsuppressivum Ciclosporin als OATP1B1-Hemmer erhöhte initial die Bosentan-Exposition um das 30-Fache [2, 11]. Der ERA stimuliert die Bildung von CYP2C9 und 3A4 und beschleunigt somit seinen eigenen Metabolismus (Autoinduktion). Im Steady State fiel der AUC-Wert wieder auf das 3- bis 4-Fache zurück. Zudem verringerte sich die Modulation durch Ciclosporin, das durch die CYP3A4-Induktion vermehrt abgebaut wird [2, 11]. In einer Zellkultur-Studie konnte bestätigt werden, dass die hepatische Aufnahme über OATP1B1 und 1B3 vermittelt wird [10]. Andererseits ließ sich in zwei Studien kein Zusammenhang zwischen dem Polymorphismus von OATP1B1 auf die Bioverfügbarkeit von Bosentan feststellen [5, 9].
Die gleichzeitige Verabreichung von Simvastatin und zweimal täglich 125 mg Bosentan während fünf Tagen senkte die Plasmakonzentrationen des HMG-CoA-Reductaseinhibitors (einem CYP3A4-Substrat) und dessen aktivem β-Hydroxysäure-Metaboliten um 34 bzw. 46% [2]. In Kombination mit Sildenafil, das als Phosphodiesterase-5-Hemmer bei PAH eingesetzt werden kann, kommt es in Kombination mit Bosentan zur gegenseitigen Beeinflussung der Plasmaspiegel. Zweimal täglich 125 mg Bosentan (Steady-state) führten zu einer Erniedrigung der AUC von Sildenafil in der Dosis von dreimal 80 mg um 63% [2, 11]. Dies kann die eingeschränkte Wirksamkeit einer Kombinationstherapie erklären [8]. Zum Wirkungsverlust kann es auch kommen bei Kombination mit Arzneimitteln, deren Abbau klinisch relevant von CYP3A4 abhängig ist, beispielsweise Itraconazol und viele andere [6]. Stärkere Induktoren von CYP3A4 als Bosentan selbst, z.B. Rifampicin, können zu einer Senkung der Bosentanspiegel in den subtherapeutischen Bereich führen [2, 11].
CYP2C9-Substrate wie orale Sulfonylharnstoff-Antidiabetika und Vitamin-K-Antagonisten unterliegen in Kombination mit Bosentan einer beschleunigten Elimination. Die AUC von Glibenclamid wurde durch Bosentan um 40%, die von R-und S-Warfarin um 38% bzw. 29% gesenkt [2, 11].
Vorsicht sollte auch geboten sein bei Komedikation mit anderen CYP2C9-Substraten wie Fluvastatin und Phenytoin [4].
Ambrisentan
Ambrisentan wird untergeordnet über Cytochrom-Isoenzyme abgebaut. Starke CYP3A4-Modulatoren führten in Interaktionsstudien mit Probanden nur zu geringfügig veränderten AUC-Werten. Lediglich die Kombination mit Ciclosporin steigerte die Ambrisentan-Exposition durch Hemmung hepatischer OATP-Transporter mit 122% klinisch relevant. Die Tagesdosis von Ambrisentan sollte bei gleichzeitiger Einnahme mit dem Immunsuppressivum auf 5 mg begrenzt werden. Modulatorische Wirkungen von Ambrisentan auf die Pharmakokinetik anderer Arzneimittel sind nicht zu erwarten [3, 11].
Macitentan
Macitentan wird über vier Stoffwechselwege abgebaut. Einzig über den CYP3A4-abhängigen Abbau durch oxidative Dealkylierung entsteht ein pharmakologisch wirksamer Metabolit. Dessen Aktivität liegt 5-fach niedriger als die seiner Muttersubstanz. Der CYP3A4-abhängige Metabolismus ist von Bedeutung für pharmakokinetische Wechselwirkungen. Der starke CYP3A4-Inhibitor Ketoconazol verdoppelte bei Probanden die Macitentan-Exposition, die seines Metaboliten reduzierte sich um 26%. Bei Langzeitanwendung ist eine dreifach höhere Bioverfügbarkeit in Kombination mit starken CYP3A4-Hemmern möglich. Rifampicin als starker CYP3A4-Induktor senkte die Steady-State-Exposition von Macitentan um 79% [7]. Starke CYP3A4-Hemmer sollen daher nur mit Vorsicht mit Macitentan kombiniert werden, starke CYP3A4-Induktoren sind zu meiden [1]. Der Metabolismus von Komedikamenten wird nach jetzigem Kenntnisstand durch Macitentan nicht klinisch relevant beeinflusst [1, 7].
Abb. 1. Auswahl von modulierenden Substanzen (stark wirkende fettgedruckt) mit klinisch relevanter Wirkung auf Cytochrom P450 (CYP) 2C9 und 3A4 (Stand: 10/2017) [Quelle: mediQ-Interaktionsprogramm]
Literatur
1. Fachinformation Opsumit®. Stand: Januar 2017.
2. Fachinformation Tracleer®. Stand: September 2016.
3. Fachinformation Volibris®. Stand: April 2017.
4. Kämmerer W. Porträt eines Enzyms – CYP2C9. Arzneimitteltherapie 2012;4:123–5.
5. Markert C, Schweizer Y, Hellwig R, et al. Clarithromycin substantially increases steady-state bosentan exposure in healthy volunteers. Br J Clin Pharmacol 2014;77:141–8.
6. Petri H. Das Interaktionspotenzial der Azol-Antimykotika. Krankenhauspharmazie 2016;37.506–10.
7. Sidharta PN, Treiber A, Dingemanse J. Clinical pharmacokinetics and pharmacodynamics of the endothelin receptor antagonist macitentan. Clin Pharmacokinet 2015;54:457–71.
8. Sommer N, Richter MJ, Tello K, et al. Update pulmonalarterielle Hypertonie. Internist 2017;58:937–57.
9. Taguchi M, Ichida F, Hirono K, et al. Pharmacokinetics of bosentan in routinely treated Japanese pediatric patients with pulmonary arterial hypertension. Drug Metab Pharmacokinet 2011;26:280–7.
10. Treiber A, Schneiter R, Häusler S, et al. Bosentan Is a Substrate of Human OATP1B1 and OATP1B3: Inhibition of Hepatic Uptake as the Common Mechanism of Its Interactions with Cyclosporin A, Rifampicin, and Sildenafil. Drug Metab Dispos 2007;35:1400–7.
11. Venitz J, Zack J, Gillies H, et al. Clinical pharmacokinetics and drug-drug interactions of endothelin receptor antagonists in pulmonary arterial hypertension. J. Clin Pharmacol 2012;52:1784–805.
*Nachdruck aus Krankenhauspharmazie 2017;38:517–9.
Der Artikel wurde unter Einbeziehung von Diskussionsbeiträgen von Dr. Jörg Brüggmann, Berlin, Prof. Dr. Christoph Hiemke, Mainz, und Dr. Jochen Weber, Bad Wildungen, erstellt.
Holger Petri, Zentral-Apotheke der Wicker Kliniken, Im Kreuzfeld 4, 34537 Bad Wildungen, E-Mail: hpetri@werner-wicker-klinik.de
Psychopharmakotherapie 2017; 24(06):286-288