Prof.Dr.med. H.-C. Diener, Essen
Therapiestandard für die Behandlung von mittelschweren und schweren Migräne-Attacken sind die Serotonin-1B/1D-Agonisten („Triptane“). Bei einigen Patienten sind diese allerdings nicht wirksam oder es bestehen aufgrund von kardiovaskulären Erkrankungen Kontraindikationen. Für diese Patientengruppen wurden die direkten CGRP(Calcitonin-gene related peptide)-Antagonisten entwickelt. Die Entwicklung der ersten beiden Moleküle Telcagepant und MK-3207 musste eingestellt werden, da die Substanzen bei regelmäßiger Einnahme in einigen Fällen zu Leberschäden führten. Ubrogepant (Entwicklungsbezeichnung MK-1602) ist ein neuer CGRP-Rezeptorantagonist, bei dem bisher keine Leberschäden beobachtet wurden.
Die vorliegende Dosisfindungsstudie wurde doppelblind und Placebo-kontrolliert durchgeführt. Sie randomisierte 834 Patienten, die je eine Migräne-Attacke behandelten. Die Dosierungen von Ubrogepant betrugen 1 mg, 10 mg, 25 mg, 50 mg oder 100 mg. Die beiden primären Wirksamkeitsendpunkte waren Schmerzfreiheit nach zwei Stunden und eine Besserung der Kopfschmerzen von schwer oder mittelschwer auf leicht oder keine Kopfschmerzen nach zwei Stunden. Die primäre Hypothese war ein linearer Bezug zwischen der Dosis von Ubrogepant und Wirksamkeit mithilfe einer logistischen Regressionsanalyse.
Insgesamt erhielten 527 Studienteilnehmer Ubrogepant und 113 Placebo. Es fand sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Dosis und der Schmerzfreiheit nach zwei Stunden (pTrend<0,001). Die Prozentzahlen für Schmerzfreiheit nach zwei Stunden betrugen
- 8,9% für Placebo,
- 5,6% für 1 mg Ubrogepant,
- 14,8% für 10 mg Ubrogepant,
- 21,4% für 25 mg Ubrogepant,
- 21,0% für 50 mg Ubrogepant und
- 25,5% für 100 mg Ubrogepant.
Ab der 25-mg-Dosis war der Unterschied zu Placebo mit p<0,05 signifikant, für 100 mg mit p<0,01. Die Besserung der Kopfschmerzen nach zwei Stunden war mit 100 mg Ubrogepant nicht signifikant unterschiedlich gegenüber Placebo, deshalb wurden die kleineren Dosen nicht statistisch ausgewertet.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Mundtrockenheit, Übelkeit, Müdigkeit, Benommenheit und Somnolenz. Es bestanden aber keine signifikanten Unterschiede zwischen der aktiven Substanz und Placebo. Eine Erhöhung der Leberenzyme wurde nicht beobachtet.
Kommentar
Diese Studie zeigt eine dosisabhängige Wirkung des CGRP-Antagonisten Ubrogepant in der Akuttherapie von Migräne-Attacken. Der therapeutische Effekt ist nicht sehr beeindruckend. Das Verträglichkeitsprofil war sehr gut. Daher würde sich Ubrogepant für Patienten eignen, die nach der Einnahme von Triptanen unter Nebenwirkungen leiden. Da jeweils nur eine Attacke behandelt wurde, ist aber nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen, dass es bei regelmäßiger Einnahme dieser Substanz ebenfalls zu Leberschäden kommt.
Erstaunlich ist die Tatsache, dass die Studie erst vier Jahre nach Beendigung publiziert wurde.
Quelle
Voss T, et al. A phase IIb randomized, double-blind, placebo-controlled trial of ubrogepant for the acute treatment of migraine. Cephalalgia 2016;36:887–98.
Psychopharmakotherapie 2016; 23(05)