*Mathias Luderer, Mannheim, *Jan Malte Bumb, Mannheim, und Esther Sobanski, Mannheim/Mainz
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine neurobiologische Entwicklungsstörung mit den Kernsymptomclustern Aufmerksamkeitsstörungen, Impulsivität und/oder Hyperaktivität [18], die im Kindesalter beginnt und sich bei vielen Betroffenen ins Erwachsenenalter fortsetzt. Die Prävalenz der ADHS beträgt entsprechend Metaanalysen im Kindes- und Jugendalter weltweit etwa 5% [83, 91] und im Erwachsenenalter etwa 2,5% [95].
ADHS hat eine hohe genetische Komponente. Bei biologischen Verwandten von Kindern mit ADHS liegt häufiger ebenfalls ADHS vor als bei Verwandten von adoptierten Kindern mit ADHS [43]. Zwillingsstudien zeigen eine Heritabilität der ADHS von 70 bis 80% sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen [23, 44]. Als ätiologisch relevante Umweltfaktoren gelten Alkohol- und Nicotin-Exposition in der Schwangerschaft [32, 72, 96], niedriges Geburtsgewicht und Frühgeburtlichkeit. Der Zusammenhang zwischen ADHS und der Exposition gegenüber verschiedenen Umweltgiften während des Kindesalters wird kontrovers beurteilt. In einer älteren Übersichtsarbeit fanden sich keine empirischen Belege für einen Einfluss von Umweltgiften [19], während neuere Analysen Hinweise auf eine mögliche Beteiligung liefern [13, 90]. Pathophysiologisch werden Veränderungen der dopaminergen und noradrenergen Neurotransmission beschrieben [9]. In funktionell bildgebenden Untersuchungen findet sich eine geringere Aktivierung in frontostriatalen, frontoparietalen und ventralen Aufmerksamkeits-Netzwerken [31]. Neuere Untersuchungen zeigen auch Veränderungen im Default-Mode-Netzwerk (DMN; Tagträumen, Grübeln) sowie keine oder eine geringere Verbindung des DMN zum für die kognitive Kontrolle zuständigen Netzwerk [84]. Bei Belohnungsaufgaben ist die Aktivierung im ventralen Striatum niedriger [82]. In longitudinalen Untersuchungen finden sich Hinweise auf eine Entwicklungsverzögerung des Kortex insbesondere der für exekutive Funktionen, Aufmerksamkeit und motorische Kontrolle relevanten präfrontalen Regionen [92].
Diagnostik
Seit Veröffentlichung des amerikanischen DSM-5 im Jahr 2013 gibt es offizielle, explizit für die Diagnostik der ADHS bei Erwachsenen formulierte Kriterien [7]. Wesentliche Neuerungen sind neben den für das Erwachsenenalter adaptierten Symptomen eine Verringerung der für das Erwachsenenalter pro Symptomcluster (Aufmerksamkeitsstörung bzw. Hyperaktivität/Impulsivität) zu erfüllenden Anzahl von Kriterien von 6 auf 5 und eine Anhebung des Erst-Manifestationsalters von 7 auf 12 Jahre. Nicht berücksichtigt in den DSM-5-Kriterien wurden Symptome der emotionalen Dysregulation wie Wutausbrüche, Stimmungsschwankungen, Irritabilität und erhöhtes emotionales Arousal. Es besteht anhand einer Vielzahl von Untersuchungen valide Evidenz, dass 30 bis 70% der erwachsenen Patienten mit ADHS auch Symptome einer emotionalen Dysregulation aufweisen, die nicht durch eine weitere psychiatrische Erkrankung bedingt sind, zu funktionsrelevanten Einschränkung der Alltagsbewältigung führen und somit eigenständigen Krankheitswert haben [93].
Folgen der Störung
ADHS führt in allen Altersgruppen zu Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen, die im Schweregrad von leicht bis massiv variieren können. Besonders die mit Leistungsfähigkeit und Alltagsorganisation assoziierten Lebensbereiche wie Schul- und Ausbildungsabschluss und beruflicher Erfolg, aber auch mit sozialen Interaktionsfähigkeiten assoziierte Alltagsbereiche wie Partnerschaft, Ehe und Elternrolle sind davon betroffen. Eine aktuelle Untersuchung unter Verwendung von Daten des dänischen Geburtenregisters der Geburtsjahrgänge 1981 bis 2011 zeigt eine erhöhte Sterblichkeit von ADHS-Patienten gegenüber der Allgemeinbevölkerung. Diese ist etwa zweifach erhöht, hauptsächlich durch Unfälle bedingt; bei Vorliegen von Suchterkrankungen ist das Risiko sechsfach und bei zusätzlicher Störung des Sozialverhaltens sogar achtfach erhöht [34].
ADHS ist mit einer hohen Lebenszeitprävalenz weiterer psychiatrischer Erkrankungen assoziiert; bei 50 bis 75% der erwachsenen Patienten mit ADHS besteht über die Lebensspanne eine weitere psychiatrische Erkrankung [2], bei etwa 30% bestehen zwei oder mehr psychiatrische Begleiterkrankungen. Im klinischen Alltag stellen sich Patienten oft nicht wegen ADHS im medizinischen Versorgungssystem vor, sondern aufgrund von psychiatrischen Begleiterkrankungen, beispielsweise Suchterkrankungen, depressiven Episoden oder Persönlichkeitsstörungen [47, 59]. In einer großen europäischen Studie an 1986 ambulant behandelten psychiatrischen Patienten (ohne Psychosen) konnte bei 17,4% ADHS diagnostiziert werden [35].
Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter
Leitliniengemäß soll die Therapie der ADHS des Erwachsenenalters multimodal erfolgen [12, 37, 60]. Die medikamentöse Behandlung der ADHS hat einen hohen Stellenwert und wird in der Regel als erste therapeutische Option in Kombination mit Psychoedukation empfohlen. Die Entscheidung soll hierbei gemeinschaftlich von Arzt und Patient im Sinne einer „partizipativen Entscheidungsfindung“ (engl. „shared decision making“) getroffen werden. Häufig lassen sich durch eine medikamentöse Behandlung nicht nur Kernsymptome der ADHS (Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität, Impulsivität), sondern auch assoziierte Symptome wie Schlafstörungen, emotionale Dysregulation und Beeinträchtigungen in der Alltagsbewältigung vermindern [8]. Insbesondere bei ausgeprägten Aufmerksamkeitsstörungen, starker Desorganisation, Hyperaktivität und Impulsivität wird häufig erst durch eine medikamentöse Behandlung Psychotherapiefähigkeit hergestellt [56]. Allerdings sind die Ergebnisse zur Wirksamkeit nichtpharmakologischer Behandlungen heterogen. Während in verschiedenen Untersuchungen eine wirksame Symptomreduktion der ADHS-Symptomatik durch störungsorientierte Psychotherapie gezeigt werden konnte [38, 79, 89, 99, 108], erbrachte die bislang größte hierzu durchgeführte Psychotherapiestudie mit 1480 erwachsenen ADHS-Patienten nach drei Monaten keinen signifikanten Unterschied in der Symptomreduktion zwischen Beratung entsprechend üblichen klinischen Standards und störungsorientierter Psychotherapie [80]. Auch in einer systematischen Metaanalyse unterschieden sich Patienten, die mit verhaltenstherapeutischen Interventionen behandelt wurden, nicht von der Kontrollgruppe. Entsprechend klinischen Erfahrungen ist vor allem bei Patienten, die auf Basis der ADHS-Symptomatik lerngeschichtlich Selbstwertstörungen, ausgeprägtes Vermeidungsverhalten oder dysfunktionale Kognitionen und Grundannahmen wie Misserfolgsorientierung entwickelt haben, eine ausschließlich medikamentöse Therapie oft nicht ausreichend und sollte durch störungsorientierte Psychotherapie ergänzt werden [60]. In Deutschland sind mehrere manualisierte Psychotherapieprogramme verfügbar, die psychoedukative und kognitiv-verhaltenstherapeutische Elemente [88] sowie Elemente der dialektisch-behavioralen Psychotherapie wie Training von Achtsamkeit und Akzeptanz enthalten [81].
Zur medikamentösen Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter sind in Deutschland zwei retardierte Methylphenidat-Produkte (MPH; Medikinet adult®, Ritalin Adult®) und Atomoxetin (ATX; Strattera®) zugelassen. Bei Behandlungsbeginn im Jugendalter ist eine Weiterbehandlung mit Lisdexamfetamin (Elvanse®) oder im Einzelfall auch mit einem anderen retardierten Methylphenidat-Präparat (z.B. Concerta®) möglich. Die nur für die Behandlung der ADHS im Kindes- und Jugendalter zugelassenen Stimulanzien (unretardiertes Methylphenidat, Dexamfetamin) können off Label verordnet werden. Eine Kostenübernahme kann im Einzelfall beantragt werden. Es liegen auch Wirksamkeitsnachweise für eine Behandlung mit Bupropion und Antidepressiva mit noradrenerger Wirkkomponente vor [116, 119], die aber nicht zur Behandlung der ADHS zugelassen sind. Metaanalysen zeigten, dass Stimulanzien im Gruppenvergleich wirksamer sind als Nichtstimulanzien [41]. Hierbei zeigen Langzeitdaten zur Behandlung mit Stimulanzien und Atomoxetin, dass beide Substanzen üblicherweise gut verträglich sind und langfristig positive Effekte haben [15, 49].
Methylphenidat
Methylphenidat (MPH) und Amphetamine gehören zur Gruppe der Psychostimulanzien. Methylphenidat wird seit über 50 Jahren in der Behandlung der ADHS eingesetzt. Eine Vielzahl kontrollierter und offener Studien sowie mehrere Metaanalysen belegen die Wirksamkeit von Methylphenidat bei ADHS im Erwachsenenalter. Etwa 75% der behandelten Patienten profitieren mit einer Symptomreduktion von 30% oder mehr. Neuere Untersuchungen, in denen kombinierte Wirksamkeitskriterien verwendet werden, zeigen neben der Symptomreduktion auch eine Verbesserung des Funktionsniveaus [20, 27, 70, 86, 100, 102, 111]. Es wird eine Dosis-Wirkungs-Beziehung in Abhängigkeit vom Körpergewicht im Dosisbereich von 0,5 bis 1 mg/kg beschrieben [28, 45, 57]. Methylphenidat gilt im Rahmen seiner Indikation als eines der effektivsten Psychopharmaka [63] und erhöht die extrasynaptischen Dopamin- und Noradrenalin-Konzentrationen durch reversible Blockade der Wiederaufnahme über den Dopamin-Transporter. Im Gegensatz zu Amphetaminen führt Methylphenidat nicht zu einer zusätzlichen Freisetzung von Katecholaminen [121].
Methylphenidat fällt unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und muss auf entsprechenden Rezepten verordnet werden. Die Höchstmenge, die pro Rezept verordnet werden darf, beträgt 2,4 g. Ein Überschreiten dieser Menge in begründbaren Ausnahmen ist durch die Kennzeichnung des Rezepts mit „A“ möglich. Beide in Deutschland für das Erwachsenenalter zugelassenen MPH-Präparate (Medikinet adult®, Ritalin Adult®) enthalten zu 50% verzögert und zu 50% unmittelbar freigesetztes Methylphenidat und haben eine Wirkdauer von 6 bis 10 Stunden. Die Retardierung von Medikinet® adult ist abhängig vom pH-Wert, daher sollte die Einnahme gemeinsam mit Nahrung erfolgen.
Die überwiegend milden bis mittelgradigen Nebenwirkungen von Methylphenidat sind in erster Linie auf die sympathomimetische Wirkung der Substanz zurückzuführen. Häufig sind dabei Appetit- und leichter Gewichtsverlust sowie Hyperhidrosis. Schlafstörungen sind meist abhängig vom Einnahmezeitpunkt, wobei Patienten mit ADHS auch nicht selten von einer verbesserten Tagesstruktur sowie von einer Verbesserung des Schlafs und insbesondere des Einschlafens berichten [98]. Gelegentliche Nebenwirkungen sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Akkommodationsstörungen oder eine Erhöhung des systolischen Blutdrucks um durchschnittlich 5 mmHg und der Herzfrequenz um bis zu fünf Schläge/Minute, die im Einzelfall jedoch höher liegen kann (Kasten 1). Weiterhin sollte beachtet werden, dass diese Daten an normotonen gesunden Patienten erhoben wurden [117]. Als sehr seltene Nebenwirkung wurde eine reversible Psychose-ähnliche Symptomatik beschrieben [20].
Kasten 1. Schwere kardiovaskuläre Nebenwirkungen unter Methylphenidat
Eine US-amerikanische Untersuchung (n=1200438) zeigte kein erhöhtes Risiko für schwere kardiovaskuläre Nebenwirkungen bei Kindern und jungen Erwachsenen, die mit Methylphenidat behandelt wurden [30]. In einer dänischen Studie (n=714258) wurde hingegen ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bei mit Stimulanzien behandelten Kindern mit ADHS beobachtet [33]. Diese Daten sind allerdings nicht eindeutig zu interpretieren, da viele der beobachteten Ereignisse milde oder unspezifische Symptome wie Hypertonie, kardiovaskuläre Erkrankung nicht näher bezeichnet, umfassten [40]. Eine Metaanalyse von Beobachtungsstudien kam zu dem Schluss, dass Arzneimittel, die in der Behandlung der ADHS eingesetzt werden (v. a. Methylphenidat und Amphetamine), das Risiko für plötzlichen Herztod bei Kindern nicht erhöhen [69].
Grundsätzlich sollte vor Behandlungsbeginn eine sorgfältige Anamnese und Familienanamnese für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie eine klinische Untersuchung einschließlich Blutdruckmessung, kardialer Auskultation und EKG erfolgen. Bei positiver kardiovaskulärer Anamnese ist vor und während der Behandlung eine kardiologische Vorstellung empfohlen [60].
Hinweise auf eine Beteiligung des Cytochrom-Oxidase-Systems bei der Metabolisierung von Methylphenidat liegen nicht vor. Das Interaktionspotenzial mit anderen Arzneimitteln ist daher gering. Protonenpumpenhemmer wie Pantoprazol können allerdings die Retard-Wirkung von Medikinet adult® beeinträchtigen. Einige relevante Kontraindikationen sind zu beachten, beispielsweise die gleichzeitige Einnahme von MAO-Hemmern, wodurch adrenerge Krisen ausgelöst werden können [17]. Weiterhin liegen Hinweise auf eine verlängerte Halbwertszeit von Cumarinen bei Behandlung mit Methylphenidat vor. Bei gleichzeitiger Behandlung sollten die Gerinnungsparameter überprüft und gegebenenfalls die Cumarin-Dosis angepasst werden. Kardiovaskuläre Komplikationen wurden bei der Kombination mit dem Alpha-2-Agonisten Clonidin vermutet, konnten aber nicht sicher nachgewiesen werden [67]. Wesentliche Kontraindikationen sind vor allem Hyperthyreose, unbehandelte kardiovaskuläre Erkrankungen wie Hypertonie, tachykarde Herzrhythmusstörungen, arterielle Verschlusskrankheit, eine instabile Anfallserkrankung sowie eine klinisch symptomatische Prostatahypertrophie. Bei stabil eingestellter Epilepsie erhöht Methylphenidat vermutlich nicht die Anfallsrate [62, 106]. Bei Patienten mit stabilem Engwinkelglaukom sollte Methylphenidat nur unter engmaschiger Kontrolle des Augeninnendrucks und in niedriger Dosierung eingesetzt werden [14]. Im Spektrum psychiatrischer Komorbidität sind vor allem Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis und Essstörungen mit restriktivem Essverhalten Kontraindikationen [85]. Patientinnen im gebärfähigen Alter sollten auf die Notwendigkeit einer sicheren Kontrazeption während einer MPH-Behandlung hingewiesen werden. Bei eingetretener Schwangerschaft sollte eine kritische und individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, gleiches gilt für die Stillzeit [78]. Tierexperimente zu Methylphenidat während der Schwangerschaft weisen auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko hin [64]. Die retrospektive Auswertung eines dänischen Gesundheitsregisters ergab ein erhöhtes Risiko für spontanen Abort und für Anpassungsstörungen beim Neugeborenen bei Patientinnen, die in der Schwangerschaft mit Methylphenidat behandelt worden waren [24].
Bei Suchterkrankungen ist ein differenziertes Vorgehen unter Abwägung des individuellen Risikos für Missbrauch und Weitergabe des Betäubungsmittels zu beachten [94].
Mehrere Langzeituntersuchungen und eine Metaanalyse deuten darauf hin, dass die frühzeitige Behandlung der kindlichen ADHS mit Stimulanzien einen protektiven Effekt bezüglich der späteren Entwicklung von Abhängigkeitserkrankungen einschließlich Tabakkonsum hat [21, 46, 53, 115]. Eine Metaanalyse fand weder einen positiven noch einen negativen Effekt bezogen auf das Risiko, eine Abhängigkeitserkrankung zu entwickeln [52]. In einer aktuellen, schwedischen Geburtsregisterstudie, in der unter anderem die Daten von 26249 Männern und 12504 Frauen mit ADHS ausgewertet wurden, fand sich bei Personen, die wegen der ADHS medikamentös behandelt wurden, eine Reduktion des Substanzmissbrauchs um 31% [29]. Missbrauch und Abhängigkeit von Methylphenidat sind bei oraler Einnahme sehr selten. Ein nasaler oder intravenöser Konsum kann zu Cocain-ähnlichen Symptomen führen (Kasten 2).
Kasten 2. Wirken Methylphenidat und Cocain gleich?
Bei gesunden Probanden fluten Methylphenidat oder Cocain nach intravenöser (i.v.) Gabe innerhalb weniger Minuten im ZNS an, was zu Gefühlen der Euphorie führt. Cocain kann dabei nur 20 Minuten im Striatum binden, Methylphenidat bindet hingegen mit 90 Minuten deutlich länger. Da insbesondere schnelles An- und Abfluten mit einem „High“ in Verbindung gebracht wird, ist das Missbrauchspotenzial von Methylphenidat reduziert. Die euphorisierende Wirkung von i.v. appliziertem Methylphenidat ist entsprechend den Ergebnissen der Studie damit auch selbstlimitierend, da durch die längere Dopamin-Transporterblockade bei erneuter Substanzzufuhr keine erneute Euphorisierung ausgelöst werden kann [109]. Bei bestimmungsgemäßer oraler Einnahme ist die Auslösung von Euphorisierung unwahrscheinlich, da die maximale Plasmakonzentration bei unretadierten Präparaten erst nach 60 Minuten und bei einigen retardierten MPH-Präparaten noch später erreicht werden, sodass ein schnelles Anfluten weitgehend ausgeschlossen ist.
Andererseits ist entsprechend einer aktuellen Untersuchung in Island Methylphenidat eine der am häufigsten gebrauchten Drogen bei Patienten mit i.v. Drogenkonsum [22].
Dosierung und Beurteilung der individuellen Wirksamkeit
Die Behandlung mit Methylphenidat sollte in der Regel mit einer morgendlichen Einmaldosis von 10 mg begonnen und unter Überwachung von Wirkung und Nebenwirkungen, vor allem Blutdruck und Herzfrequenz sowie Appetit/Gewicht, wöchentlich um 10 bis 20 mg bis zu einer maximalen Dosis von 1 mg/kg Körpergewicht beziehungsweise bis maximal 80 mg gesteigert werden. Rascheres Aufdosieren ist möglich. Auch wenn die Wirkdauer der für Erwachsene zugelassenen MPH-Präparate mit jeweils 6 bis 10 Stunden angegeben wird, kann die individuelle Wirkdauer davon deutlich abweichen. Eine Mehrfachgabe von Medikinet adult® ist möglich, in der Regel erfolgt die Einnahme bei Mehrfachverordnung morgens und mittags. Ziel der Behandlung ist, eine den Bedürfnissen des Patienten entsprechende optimale Versorgung über den Tag zu gewährleisten [87]. Die individuelle Dosistitration berücksichtigt somit den Eintritt und die Dauer der Wirkung, Symptomreduktion und eventuelle Nebenwirkungen [40]. Während der Aufdosierungsphase sollte die Dosis bei nichttolerablen Nebenwirkungen auf die nächstniedrigere wirksame Dosis reduziert werden. Gegenwärtige Empfehlungen sprechen dafür, dass der Einnahmezeitpunkt für jeden Tag gleich sein soll und dass auch an Wochenenden die Dosis möglichst nicht verändert werden sollte, da durch die Symptomatik häufig nicht nur die berufliche oder akademische Leistung eingeschränkt ist, sondern oft auch deutliche Einschränkungen in anderen Alltagsbereichen bestehen. Allerdings wird zunehmend auch eine pro re nata, das heißt bedarfsabhängige Einnahme, diskutiert [25]. Es besteht Expertenkonsens, dass die medikamentöse Behandlung der ADHS kontinuierlich und längerfristig erfolgen sollte [40]. Die Behandlung sollte nach Fachinformation (Ritalin Adult®, Medikinet adult®) bei Ansprechen auf die Therapie kontinuierlich über 12 Monate fortgeführt werden. Erste Studien sprechen dafür, dass eine Therapie über zwei Jahre zu einer stärkeren Symptomreduktion und Verbesserung des Funktionsniveaus im Alltag führt als eine Therapie mit kürzerer Zeitdauer [49, 61]. In Absprache mit dem Patienten und unter Berücksichtigung der individuellen Lebenssituation sollte anschließend durch Therapiepausen die weitere Behandlungsnotwendigkeit überprüft werden. Unserer Erfahrung nach entschließen sich jedoch die meisten Patienten wegen des unter medikamentöser Behandlung oft erheblich verbesserten Funktionsniveaus zu einer Weiterführung der Medikation (Kasten 3).
Kasten 3. Komorbidität mit Störungen durch Substanzgebrauch
In einem kürzlich veröffentlichten Übersichtsartikel werfen die Autoren die Frage auf, „wie die Verbindung zwischen diesen zwei Erkrankungen (…) so häufig sein kann und doch so wenig untersucht wurde“ [94]. In einer aktuellen Metaanalyse wird eine mittlere Prävalenz von 23,3% für ADHS im Erwachsenenalter bei Patienten mit einer Störung durch Substanzgebrauch, die eine Behandlung aufsuchten, berichtet [107]. In einer daran anschließenden europäischen prospektiven Studie mit 1276 Patienten wurde eine Prävalenz der ADHS bei 15% bei Suchtpatienten beobachtet. Es fanden sich deutliche regionale, setting- und substanzspezifische Unterschiede [105]. So wiesen stationär behandelte Alkoholabhängige mit 6% die geringste, stationär behandelte Drogenabhängige mit 27% die höchste Prävalenz auf. Die Prävalenz bei ambulant behandelten Alkohol- oder Drogenabhängigen lag bei 9 bzw. 18%.
In einer aktuellen Fragebogen-Untersuchung an über 5500 jungen männlichen Wehrpflichtigen in der Schweiz erfüllten 4,0% die Kriterien für eine ADHS, 20,8% der Personen mit ADHS erfüllten die Kriterien einer Alkoholabhängigkeit und 38,9% die Kriterien für Alkoholmissbrauch [39].
Vorliegende Evidenz weist konsistent darauf hin, dass sich eine ADHS negativ auf den Verlauf der Suchterkrankung auswirkt: Betroffene haben einen früheren Beginn der Abhängigkeit, einen schwereren Verlauf, brechen Therapien häufiger ab und eine Remission ist seltener [118]. Viele Autoren empfehlen daher und aufgrund der hohen Prävalenz, bei Suchtpatienten routinemäßig das Vorliegen einer ADHS zu überprüfen [68].
Die Behandlung von ADHS und Abhängigkeit sollte in einen Gesamtplan integriert werden, wobei die Abhängigkeitserkrankung zunächst meist im Vordergrund steht [60, 74, 122]. Die NICE-Leitlinien empfehlen die Behandlung durch Therapeuten mit Erfahrung in beiden Krankheitsbildern. Eine gleichzeitige Behandlung von Sucht und ADHS ist dabei im Einzelfall und bei guter therapeutischer Beziehung möglich [12].
Vor allem Suchtpatienten mit einem höheren Schweregrad der ADHS zu Beginn der Behandlung bzw. einer stärkeren Reduktion der ADHS-Symptomatik im Verlauf profitieren von der Behandlung der ADHS auch hinsichtlich der komorbiden Suchterkrankung, beispielsweise durch häufigere bzw. längere Fortsetzung der Therapie oder geringeren Konsum [94].
Vorrangig sollten bei der medikamentösen Behandlung von Suchtpatienten retardiertes Methylphenidat oder alternative Substanzen mit geringerem Missbrauchspotenzial wie Atomoxetin oder Bupropion verwendet werden [73]. Bei Anwendung von retardiertem Methylphenidat treten schwerwiegende Nebenwirkungen, Missbrauch oder Verstärkung der Suchterkrankung nicht gehäuft auf [73, 76]. Vor dem Einsatz von Stimulanzien sollte allerdings eine sorgfältige Risikoabwägung bezüglich möglichem Missbrauch oder Weitergabe an Dritte erfolgen. Die Risiken variieren dabei und sollten klinisch und individualisiert eingeschätzt werden [66, 76, 77]. Vermutlich liegt je nach missbrauchter Substanz bei den verschiedenen Abhängigkeitserkrankungen ein unterschiedliches Missbrauchsrisiko für Methylphenidat bzw. Stimulanzien vor, beispielsweise Heroin-Abhängiger vs. Alkoholabhängiger ohne weitere Drogenerfahrung [94]. Dies entspricht auch unserer klinischen Erfahrung, wenngleich es hierzu noch keine Studien gibt.
Aktueller Substanzkonsum, Abstinenzmotivation, Art der missbrauchten Substanzen, früherer Missbrauch von ärztlich verschriebenen Stimulanzien, weitere komorbide Erkrankungen, soziales Umfeld und Qualität der Arzt-Patient-Beziehung sollten in die Überlegungen zur Wahl der Medikation mit einbezogen werden. Zur Minimierung des Missbrauchsrisikos muss die Behandlungsadhärenz einschließlich einer sorgfältigen Dokumentation der Verschreibungen regelmäßig überprüft werden, außerdem können regelmäßige toxikologische Untersuchungen beim Abstinenznachweis hilfreich sein [55, 66, 77].
Eine ältere Metaanalyse wies deutlich geringere Effektstärken einer MPH-Behandlung bei Patienten mit ADHS und komorbider Substanzabhängigkeit im Vergleich zu Patienten mit „reiner“ ADHS aus [57]. In einer aktuellen Studie an Gefängnisinsassen mit ADHS und Amphetamin-Abhängigkeit führte Methylphenidat hingegen im Vergleich zu Placebo zu einer signifikant höheren Reduktion der Symptomatik, mehr negativen Urinkontrollen und häufigerer Teilnahme an der nachfolgenden ambulanten Therapie. Die Dosis lag dabei mit bis zu 180 mg MPH/Tag deutlich über der üblichen empfohlenen Höchstdosis [58]. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zur Behandlung mit retardiertem Amphetamin bei Patienten mit Cocainabhängigkeit und ADHS zeigte ebenfalls einen signifikanten Effekt auf ADHS-Symptomatik und Cocainkonsum [65]. Sehen manche Autoren den Einsatz von Methylphenidat bei Patienten mit intravenösem Drogenkonsum als obsolet [55], gibt es mittlerweile erste Studien, in denen Methylphenidat beispielsweise bei substituierten Opiatabhängigen mit ADHS erfolgreich angewandt werden konnte [1].
In einer Placebo-kontrollierten Studie zu Atomoxetin bei ADHS und komorbider Alkoholabhängigkeit bzw. -missbrauch zeigte sich eine signifikante Reduktion der ADHS-Symptomatik und der Anzahl der schweren Trinktage während einer Therapie mit Atomoxetin [113]. Die Unterschiede zwischen Atomoxetin und Placebo wurden dabei nach etwa acht Wochen signifikant.
Zusammenfassend mehrt sich die Evidenz, dass eine Behandlung der ADHS zur Stabilisierung der Suchterkrankung beiträgt. Klinisch erscheint dies plausibel und entspricht unseren Erfahrungen.
Atomoxetin
Atomoxetin (ATX) ist in Deutschland seit 2013 zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter zugelassen. Die Substanz bewirkt durch eine hochselektive Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin eine Erhöhung von Noradrenalin und Dopamin im präfrontalen Kortex, aber keine Erhöhung von Dopamin im Nucleus accumbens oder Striatum wie Methylphenidat [110]. Daher fällt Atomoxetin nicht unter das Betäubungsmittelgesetz und muss nicht auf speziellen BTM-Rezepten verordnet werden. Daneben beeinflusst Atomoxetin mit deutlich niedrigerer Affinität das cholinerge, serotonerge, histaminerge und adrenerge Transmittersystem. Dieses Rezeptorprofil könnte das fehlende Suchtpotenzial von Atomoxetin erklären [50, 54]. In zwei Studien wurde die Gabe von Atomoxetin in Populationen mit ADHS und Substanzmissbrauch in der Anamnese untersucht, ohne dass es zu Missbrauch von Atomoxetin kam. Atomoxetin wurde von den Probanden nicht als stimulierend beschrieben [50]. Außerdem konnte in dieser vom Atomoxetin-Hersteller gesponsorten Studie gezeigt werden, dass der „Straßenverkaufswert“ von Atomoxetin (Median 1,5 US-Dollar) sich nicht signifikant von Placebo (0,4 US-Dollar) unterschied. Der Verkaufswert von 90 mg Methylphenidat lag in dieser Studie bei 4,7 US-Dollar [54]. Die maximale Plasmakonzentration von Atomoxetin wird ein bis zwei Stunden nach Einnahme erreicht, die Plasmahalbwertszeit beträgt vier bis fünf Stunden. Atomoxetin wird über das Cytochrom-Oxidase-System abgebaut, was bei sogenannten Poor Metabolizern (CYP2D6) zu erheblich verlängerten Halbwertszeiten von rund 21 Stunden und etwa fünffach erhöhten Plasmakonzentrationen führt. Insbesondere bei stark ausgeprägten Nebenwirkungen bei niedrigen Dosierungen sollte eine detaillierte Untersuchung des CYP-Systems in Erwägung gezogen werden [112]. Atomoxetin wird nach Glukuronidierung vorwiegend renal (>80%) eliminiert. Wegen der Verstoffwechslung über das CYP-System kann die gleichzeitige Gabe von CYP2D6-Inhibitoren, beispielsweise Chinidin, Fluoxetin oder Paroxetin [10, 16, 75], zu einer deutlichen Erhöhung des ATX-Spiegels führen. In diesen Fällen ist eine Dosisanpassung dringend erforderlich. Atomoxetin und Methylphenidat werden unterschiedlich verstoffwechselt, eine Kombinationstherapie ist daher möglich. Ein potenziell erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen muss dennoch beachtet werden.
Entsprechend Fachinformation wird eine ATX-Startdosis von 40 mg empfohlen. Klinische Erfahrungen zeigen allerdings, dass eine Eindosierung beginnend mit 10 mg oder 18 mg wesentlich verträglicher ist. Entsprechend aktuellen Studienergebnissen wird bei einer mittleren Dosis von 100 mg/Tag bei 67% der Patienten eine klinisch signifikante Symptomreduktion erreicht [71, 97]. Falls als Nebenwirkung Müdigkeit auftritt, kann Atomoxetin auch abends eingenommen werden [71]. Die Aufteilung auf zwei Einzeldosen ist möglich. Eine Dauerbehandlung ist prinzipiell denkbar. Nichtsdestotrotz kann bei Remission auch ein Auslassversuch unternommen werden. Dies kann beispielsweise nach einem Jahr erfolgen, sofern der Patient einen stabilen und zufriedenstellenden Behandlungserfolg erreicht hat. Die Dauergabe und die damit potenziell verbundenen Risiken sollten vor diesem Hintergrund nach längerer Therapie kritisch evaluiert werden.
Vor der Behandlung mit Atomoxetin sollte eine internistisch-neurologische Untersuchung erfolgen. Anamnestisch und labordiagnostisch muss eine relevante Erkrankung der Leber ausgeschlossen werden. Gemäß der Herstellerempfehlung muss auch während der Behandlung bereits bei den geringsten Anzeichen einer Veränderung der Leberfunktion während der Behandlung mit Atomoxetin die Therapie sofort und dauerhaft beendet werden. In der Regel tritt nach Absetzen von Atomoxetin eine Normalisierung der Leberwerte ein. Weitere häufige Nebenwirkungen bei Erwachsenen sind Mundtrockenheit (21,2%), Schlafstörungen (20,8%), Übelkeit (12,3%), Appetitlosigkeit (11,5%), Obstipation (10,8%) sowie erektile Dysfunktion (9,8%) [71]. Weitere häufige Nebenwirkungen (≥1/10) sind verminderter Appetit, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Übelkeit und erhöhter Blutdruck. Es kann zu Steigerungen der Herzfrequenz um bis zu 8 Schläge/Minute und des systolischen oder diastolischen Blutdrucks von im Mittel 2 bis 3 mmHg kommen. Diese Daten wurden an Patienten erfasst, die nicht unter einem klinisch relevant erhöhten Blutdruck respektive EKG-Auffälligkeiten litten [24]. Allerdings wurden in wenigen Studien auch Patienten eingeschlossen, die mittels antihypertensiver Medikation stabile Blutdruckwerte zeigten [24]. Bei Hypertonie sollte Atomoxetin daher nur bei stabiler Blutdruckeinstellung und unter regelmäßigen Blutdruckkontrollen Einsatz finden [108]. Sexuelle Funktionsstörungen unter einer Therapie mit Atomoxetin können sich, sofern eine fortgesetzte Einnahme vom Patienten akzeptiert wird, nach etwa sechs Monaten wieder deutlich verbessern respektive remittieren. In seltenen Fällen können Krampfanfälle unter der Behandlung mit Atomoxetin auftreten, sodass Atomoxetin nur nach klarer Nutzen-Risiko-Abwägung und unter EEG-Monitoring mit anderen, die Krampfschwelle senkenden Arzneimitteln wie trizyklischen Antidepressiva, selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI), Neuroleptika, Butyrophenone, Bupropion oder Tramadol verordnet werden sollte. Atomoxetin sollte während der Schwangerschaft und Stillzeit, bei Patienten mit Engwinkelglaukom und Patienten mit schweren kardiovaskulären Erkrankungen keine Verwendung finden.
Klinische Studien zur Wirksamkeit von Atomoxetin bei Erwachsenen
In zahlreichen unabhängigen randomisierten, Placebo-kontrollierten Studien wurde die Wirksamkeit von Atomoxetin in der Akut- [3, 36, 71, 101, 113] und Langzeittherapie bei Erwachsenen mit ADHS gezeigt [4, 5, 6, 48, 104, 120]. So zeigte eine Studie von Adler et al. aus dem Jahr 2009 [4], in der die Patienten mit einer ATX-Dosis von 25 bis 100 mg einmal/Tag über sechs Monate behandelt wurden, eine Überlegenheit von Atomoxetin gegenüber Placebo. Eine aktuelle Studie, in der Patienten mit bis zu 100 mg Atomoxetin einmal/Tag über sechs Monate behandelt wurden, bestätigte diese Ergebnisse [120]. Eine aktuelle asiatische Studie, in der die Patienten mit 40 bis 120 mg Atomoxetin über 48 Monate behandelt wurden, zeigte bei guter Verträglichkeit eine signifikante Verbesserung der Kernsymptomatik, der Lebensqualität und der Exekutivfunktionen [51]. Auch in einer Metaanalyse, in die allerdings nur vom Hersteller gesponserte Studien eingingen, konnte eine Wirksamkeit in der Akut- und Langzeittherapie bei Erwachsenen mit einer ADHS ebenfalls belegt werden [11, 26]. Eine aktuelle integrierte Analyse zeigte für Atomoxetin Effektstärken von 0,41 nach zehn Wochen und 0,31 nach sechs Monaten im Vergleich zu Placebo [12]. Bei Patienten mit ADHS und komorbider Suchterkrankung [113] bzw. komorbider sozialer Phobie [3] konnte eine Wirksamkeit auf die ADHS-Kernsymptomatik sowie die komorbide Störung gezeigt werden. Die Ergebnisse der Langzeitstudien sind klinisch relevant, da sich bei Einsatz von Atomoxetin die volle Wirkung erst nach längerer Latenz zeigen und unter Umständen erst nach mindestens sechs Wochen Therapie abschließend beurteilt werden kann [12]. Im Vergleich zu Methylphenidat liegt die Effektstärke von Atomoxetin deutlich niedriger (0,39 vs. 0,73), was eine Number needed to treat von 4 bis 5 für Atomoxetin im Vergleich von 2 bis 3 für Methylphenidat bedingt [42].
Arzneimittel ohne Zulassung zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter
Bei Kontraindikationen gegen Methylphenidat oder Atomoxetin oder die komorbiden Erkrankungen können nach Aufklärung der Patienten im Rahmen eines Heilversuchs auch Arzneimittel eingesetzt werden, die nicht zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter zugelassen sind. Hier können in erster Linie das Antidepressivum Bupropion sowie andere vorwiegend noradrenerg/dopaminerg wirksame Substanzen zum Einsatz kommen [103]. Wirksamkeitsnachweise liegen für Bupropion vor [38]. Hierbei sollte die mögliche Senkung der Krampfschwelle durch Bupropion beachtet und die Substanz nur nach ausführlicher Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden. Bei einer sechswöchigen Behandlung mit 225 mg Venlafaxin/Tag im Rahmen einer kontrollierten Studie zeigte sich eine Überlegenheit gegenüber Placebo. Entsprechend eigener klinischer Erfahrungen lässt sich dies allerdings nicht nachvollziehen. Eine Behandlung mit 150 mg Desipramin zeigte bei 68% der Patienten eine signifikante Symptomreduktion [114].
Zusammenfassung
Die ADHS im Erwachsenenalter kann mit den zur Verfügung stehenden Arzneimitteln wirkungsvoll behandelt werden. Die medikamentöse Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter erfolgt im Rahmen einer multimodalen Behandlung und auf Basis eines Gesamtbehandlungsplans, der komorbide Erkrankungen berücksichtigt und Psychotherapie, Psychoedukation und berufliche Rehabilitation als mögliche Elemente beinhalten sollte. Diese werden, entsprechend eines Stepped-Care-Vorgehens, in Absprache mit dem Patienten und unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten eingesetzt. Insbesondere bei psychiatrischen Erkrankungen muss eine Behandlungshierarchie erstellt werden. In der Regel erfolgt die Behandlung der Erkrankung mit dem höheren Schweregrad vorrangig. Aufgrund der hohen Komorbidität von ADHS und Suchterkrankungen sollte hierauf besonderes Augenmerk gelegt werden, da auch zunehmend mehr Studienbefunde dafür vorliegen, dass sich eine Behandlung der ADHS positiv auf den Verlauf der Suchterkrankung auswirkt.
Arzneimittel der ersten Wahl zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter ist entsprechend Leitlinienempfehlungen retardiertes Methylphenidat. Bei Kontraindikationen, nichttolerablen Nebenwirkungen, mangelnder Wirksamkeit oder komorbiden Erkrankungen wie sozialer Phobie, für die anhand von Studien eine Wirkung auf ADHS-Kernsymptomatik und komorbide Erkrankung nachgewiesen ist, kann Atomoxetin verordnet werden. Im Rahmen eines individuellen Heilversuchs und in Abstimmung mit dem Patienten können unretardierte MPH-Präparate, Amphetamin-Präparate oder Bupropion zur Anwendung kommen.
Interessenkonflikterklärung
ES: Berater- und Vortragstätigkeiten für Medice, Eli Lilly und Shire.
ML: Vortragstätigkeiten für Lundbeck.
JMB: keine Interessenkonflikte
Literatur
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*Die Autoren sind gleichberechtigte Erstautoren
Mathias Luderer, Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, J5, 68159 Mannheim, E-Mail: mathias.luderer@zi-mannheim.de
Dr. med. Jan Malte Bumb, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, J5, 68159 Mannheim, E-Mail: jan.bumb@zi-mannheim.de
Prof. Dr. med. Esther Sobanski, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Universität Mainz, Hartmühlenweg 2–4, 55122 Mainz Mombach, bzw. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, J5, 68159 Mannheim, E-Mail: esther.sobanski@zi-mannheim.de
Pharmacotherapy of adult ADHD
Attention deficit hyperactivity disorder (ADHD) is a common disorder in childhood and adolescence. The disorder persists in many patients until adulthood and leads to impairments in many aspects of their everyday life. With DSM-5, diagnostic criteria for adults are now available for the first time.
According to guidelines, multimodal treatment approach is recommended, pharmacologic treatment is a mainstay. In Germany, sustained release methylphenidate and atomoxetine are approved and can be prescribed for adult ADHD. Young adults can be treated with lisdexamfetamine beyond the age of 18, when treatment was started before the age of 18.
This review describes the pharmacotherapy of adult ADHD and complex ADHD with comorbid psychiatric disorders and substance use disorders.
Key words: ADHD, pharmacotherapy, methylphenidate, atomoxetine, substance use disorder
Psychopharmakotherapie 2016; 23(04)