Substitutionsbehandlung von Heroinabhängigen

Neue Praxis-Software soll die Meldung und Dokumentation erleichtern


Maria Weiß, Berlin

Zunehmend wird es für heroinabhängige Patienten schwieriger, einen geeigneten Therapieplatz für die Substitution zu finden. Grund für die mangelnde Bereitschaft vieler Ärzte, diese Patienten zu betreuen, könnten unter anderem der hohe bürokratische Aufwand und die Angst vor rechtlichen Konsequenzen bei Fehlern sein. Mit Unterstützung des Unternehmens Mundipharma wurde eine spezielle Praxis-Software zur Unterstützung der Dokumentation und Meldung dieser Patienten entwickelt, die die Betreuung vereinfachen soll.

Für Heroinabhängige bietet die Substitutionstherapie mit Substanzen wie Methadon oder retardiertem Morphin (Substitol®) nicht nur eine Verbesserung ihrer Gesundheit – sie ermöglicht in vielen Fällen auch eine psychosoziale Stabilisierung und verhindert die Beschaffungskriminalität. Von etwa 200000 bundesdeutschen Heroinabhängigen sind zurzeit knapp 77300 als Substitutionspatienten gemeldet. Vor allem außerhalb der großen Städte wie Frankfurt, Berlin oder Hamburg wird es immer schwerer, einen geeigneten Substitutionsplatz zu finden. Zurzeit gibt es bundesweit 2600 Ärzte, die Substitutionspatienten betreuen – die Zahl geht seit Jahren zurück. 6200 Ärzte hätten zwar eigentlich die notwendige suchttherapeutische Qualifikation – betreuen aber in ihrer Praxis keine Substitutionspatienten. In den nächsten Jahren könnte sich die Situation noch verschärfen, da bis zu 50% der substituierenden Ärzte den Ruhestand erreichen werden.

Strenge Melde- und Dokumentationsvorschriften

Als einen wichtigen Grund für die Entscheidung gegen die Betreuung von Substitutionspatienten nannte Wolf-Dieter Hofmeister, substituierender Arzt aus Offenbach, die mit der Substitution verbundenen strengen Dokumentations- und Meldevorschriften. Meldung, Indikationsstellung, Rezeptierung, Durchführung und Dokumentation sind durch zahlreiche Bestimmungen geregelt, die sich zum Teil auch noch je nach Kassenärztlicher Vereinigung (KV) unterscheiden. Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV), das Arzneimittelgesetz (AMG), die Richtlinien der Bundesärztekammer (RL BÄK), die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu Methoden vertragsärztlicher Versorgung, insbesondere Anlage I, Nr. 2 „Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger“, und die Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur „Herstellung und Abgabe der Betäubungsmittel zur Opiatsubstitution“ müssen berücksichtigt werden. Bei Nichtbeachtung einzelner Vorschriften können leicht rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen drohen.

„START“ als Wegweiser durch den Bürokratie-Dschungel

Einen Wegweiser durch den Dschungel der zahlreichen Formulare und Vorschriften bietet jetzt die digitale Melde- und Dokumentationshilfe „START“ (SubstitutionsTherapie Anfangen: Routinen und Templates). Die browserbasierte Anwendung funktioniert auf dem Praxiscomputer ähnlich wie eine App – eine Installation auf dem eigenen Computer ist nicht erforderlich und sensible Patientendaten sind zu keinem Zeitpunkt online. Dem substituierenden Arzt wird die Arbeit hier durch zahlreiche gut verständliche Algorithmen und eine auf die jeweils zuständige KV zugeschnittene und nach Therapiephasen geordnete Dokumentenstruktur erleichtert. Dies kann vor allem bei dem Einstieg in die Substitutionstherapie hilfreich sein. Aber auch erfahrene Substitutionsärzte profitieren davon, dass einmal eingegebene Patientendaten von Formular zu Formular weitergegeben werden und alle Daten übersichtlich dokumentiert werden.

Quelle

Dr. med. Uwe Neumann, Berlin, Wolf-Dieter Hofmeister, Offenbach, Bastian Appel, Bad Homburg, Launch-Pressekonferenz „START: Hürden überwinden, Versorgung sichern“, unterstützt von Mundipharma, Berlin, 31. Mai 2016.

Psychopharmakotherapie 2016; 23(04)