Langzeittherapie in der Schizophrenie


Erfolgreiche psychosoziale Re-Integration durch Integrierte Versorgung

Martin Lambert, Friederike Ruppelt, Anja Rohenkohl, Anne Karow, Jürgen Gallinat und Klaus Wiedemann, Hamburg

Die Langzeittherapie der Schizophrenie und speziell die Integration in die Gesellschaft stellt das Versorgungssystem immer noch vor große Herausforderungen. Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration ist die klinische Stabilität und damit die Belastbarkeit der Patienten. Das Hamburger Modell der alters- und fachübergreifenden integrierten Versorgung nach §140a–g SGB V verfolgt dabei die Leitidee, das Versorgungssystem so umzustrukturieren, dass Menschen mit schweren psychotischen Störungen eine sektorenübergreifend-koordinierte, der Schwere der Erkrankung angemessene, zeitnahe und evidenzbasierte Behandlung und (Re-)Integration erhalten. In diesem Artikel werden Daten von allen Patienten vorgestellt, die mindestens vier Jahre im Hamburger Modell behandelt wurden. Die Charakteristika dieser Patienten bei Aufnahme zeigen eine schwer erkrankte Kohorte mit hohen Raten komorbider psychischer (94%) und somatischer Erkrankungen (82%), ausgeprägten und diversifizierten Bedürfnissen an sozialer Unterstützung (5,9 Z-Diagnosen), hohen Symptomschweregraden (BPRS: 80,3), niedrigem Funktionsniveau (GAF: 35,9) und schlechter Lebensqualität (Q-LES-Q-18:2,2). Über die mindestens vier Jahre Behandlung im Hamburger Modell brachen lediglich 7% die Behandlung ab (13-fach weniger als in der Regelversorgung) und 4% wurden zwangseingewiesen (8-fach weniger als in der Regelversorgung). Im 4-Jahres-Verlauf kam es zu signifikanten und stabilen Verbesserungen in den Bereichen Psychopathologie (BPRS: p<0,001), Krankheitsschwere (CGI-S/CGI-BP: p<0,001), Funktionsniveau (GAF: p<0,001), Lebensqualität (Q-LES-Q-18: p<0,001) und einer gleichbleibend hohen Behandlungszufriedenheit (CSQ-8: p=0,09; nicht signifikant, da große Verbesserungen zu Beginn bei anschließend stabilen Bewertungen). Die medikamentöse Adhärenz (p<0,001) wurde signifikant und die Arbeitsfähigkeit tendenziell signifikant verbessert (p=0,054). Durch integrierte Versorgung kann auch bei Patienten mit schweren psychotischen Störungen eine multidimensionale Verbesserung und Stabilisierung der Erkrankung erreicht werden. In dem Bereich Arbeitsfähigkeit wird das Modell in der Zukunft durch „Supported employment“ verbessert.
Schlüsselwörter: Integrierte Versorgung, schwere psychotische Störung, Schizophrenie, bipolare Störung, unipolare Depression mit psychotischen Symptomen
Psychopharmakotherapie 2016;23:58–66.

Problemstellung

Ausgangspunkt für die Erörterung notwendiger Maßnahmen für eine optimale Langzeittherapie der Schizophrenie und der gesellschaftlichen Integration ist die Literatur zu (a) Entstehung und Verhinderung von schweren psychischen Erkrankungen (engl. „severe/serious mental illness“; nachfolgend SMI) und (b) zum optimalen psychosozialen Versorgungssystem für Patienten mit Schizophrenie (mit und ohne SMI) einschließlich der Verhinderung von psychotischen Rückfällen und Maßnahmen zur Förderung von Ausbildungs- und Arbeitsfähigkeit.

Schwere psychische Erkrankungen sind im Kern durch eine psychische Erkrankung in Kombination mit erheblichen und anhaltenden Einschränkungen des Funktionsniveaus definiert [10, 62]. Je nach Definition erfüllen bevölkerungs-bezogen etwa 1% bis 2% aller Personen die Kriterien einer SMI [10, 18, 48, 53, 62]. Die 1-Jahres-Prävalenz liegt bei Erwachsenen bei 6% und bei Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren bei 8,0% [3]. 60% aller Personen mit einer SMI leiden unter psychotischen Störungen inklusive der Schizophrenie (31%), Schizophrenie-Spektrums-Störungen (19%) oder der bipolaren Störung/unipolaren Depression mit psychotischen Symptomen (10%) [10]. Speziell die Schizophrenie (90%), Schizophrenie-Spektrums-Störungen (60%) und die bipolare Störung/unipolare Depression mit psychotischen Symptomen (40%) haben einen hohen Anteil von Patienten, welche die Kriterien einer SMI erfüllen [10]. Wichtig ist, dass schon etwa 70% aller unbehandelten ersterkrankten Patienten bzw. Patienten in der frühen Erkrankungsphase (2 Jahre) mit einer Schizophrenie diagnostiziert sind und damit ein 90%iges Risiko für die Entwicklung einer SMI haben bzw. diese bereits aufweisen [1, 29, 30].

Die überzufällig häufige Entstehung von SMI bei Schizophrenie kann heute anhand von Modellen veranschaulicht werden (Abb. 1). Daraus lassen sich wesentliche Maßnahmen zur Prävention, Früherkennung, Behandlung und (Re-)Integration der Schizophrenie ableiten.

Abb. 1. Modell der Entwicklung schwerer psychischer Erkrankungen bei Schizophrenie [mod. nach 30]; DUP: Dauer der unbehandelten Psychose

Bei Personen mit Schizophrenie liegen zumeist kombinierte und interagierende primäre Risikofaktoren für die Erkrankung vor [22]. Die Risikofaktoren beziehen sich auf Genetik, Schwangerschaft und Geburt [17, 22, 63], Kindheit und Jugend [6, 7, 13, 22, 25, 31, 39, 57] und andere Risikofaktoren (ZNS-Infektionen und andere ZNS-Erkrankungen [24]). „Interagierend“ bedeutet, dass primäre Risikofaktoren ein erhöhtes Risiko für die anderen Risikofaktoren bedingen (z.B. erhöht eine positive Familienanamnese das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen, Geburtskomplikationen für Frühentwicklungsstörungen, etc. [22]). Dieser Zusammenhang unterstützt die Annahme einer Entwicklungsstörung bei schizophrenen oder bipolaren Erkrankungen [21a].

Diese primären Risikofaktoren bedingen auch ein erhöhtes Risiko für sekundäre und ebenfalls interagierende Risikofaktoren. Hierzu gehört ein Beginn der Erkrankung im Kindes- und Jugendalter, welcher mit einer schlechteren Langzeitprognose assoziiert ist [8]. Ein Beginn im Kindes- und Jugendalter ist mit einer verringerten Therapieinanspruchnahme verbunden [55], die Folge ist eine lange Dauer der unbehandelten Psychose mit einer schlechteren Langzeitprognose [1, 4, 36, 49]. Durch die lange Dauer der unbehandelten Erkrankung besteht zudem eine erhöhte Gefahr der Chronizität primärer Risikofaktoren, vor allem hinsichtlich Suchterkrankungen [31, 57] und Belastungsstörungen [13, 39] und anderen psychischen Erkrankungen [25]. Alle genannten Faktoren zusammen bedingen eine vergleichsweise geringere psychosoziale Entwicklung beziehungsweise einen Abfall des Funktionsniveaus und einen entsprechend schlechten psychosozialen Status bei Erstkontakt [30]. Entsprechend haben junge ersterkrankte Patienten mit Schizophrenie im Alter von 20 Jahren das gleiche Ausmaß an sozialen Folgeproblemen wie mehrfacherkrankte chronische Patienten im Alter von etwa 40 Jahren (durchschnittlich etwa sechs Z-Diagnosen im ICD-10) [42].

Alle Faktoren gemeinsam bedingen häufig schon bei Erstkontakt eine komplexe Erkrankung mit einer komplexen Behandlungskonstellation im Sinne einer schweren psychischen Erkrankung (Abb. 1). Komplexe und schwere Behandlungskonstellationen haben per se ein erhöhtes Risiko für Behandlungskomplikationen und einen schlechteren Behandlungserfolg. Damit assoziiert kommt bei Patienten mit Schizophrenie ein reduziertes Gesundheitsverhalten hinzu. Hierzu gehören beispielsweise der Abbruch der Gesamtbehandlung bei 20 bis 40% innerhalb von 1,5 Jahren [12], die langfristige Verweigerung einer adäquaten antipsychotischen Therapie bei nahezu 20% der Patienten [27], antipsychotische Non-Adhärenz direkt nach stationärer Erstbehandlung bei über 40% der Patienten [61], ein fortgesetzter Suchtmittelgebrauch in 25% [28] oder ein reduziertes Gesundheitsverhalten bezüglich aller Aspekte somatischer Erkrankungen [32].

Das reduzierte Gesundheitsverhalten und der häufig unzureichende Behandlungserfolg zusammen erhöhen das Risiko für psychotische Rückfälle mit der Gefahr der Erkrankungsprogression [16, 51, 64, 65]. Alle hierzu bekannten Fakten können wie folgt zusammengefasst werden: Das Rückfallrisiko für ersterkrankte Patienten nach Beendigung der antipsychotischen Therapie liegt im ersten Jahr bei 77% (im Gegensatz zu 3% bei fortgesetzter Antipsychotika-Behandlung) und im zweiten Jahr bei 90% [65]. Medikamentöse Non-Adhärenz ist der wichtigste Prädiktor für psychotische Rückfälle [51]. Das Rückfallrisiko ist schon 14 Tage nach Beendigung der Antipsychotika maximal erhöht [51]. Der Status der Remission [33] sowie die Dauer der Remission [14] haben keinen Einfluss auf das Rückfallrisiko. Ein erster psychotischer Rückfall erhöht das Risiko für weitere (multiple) Rückfälle bei etwa 80% der Patienten [51]. Rückfälle führen zur Erkrankungsprogression mit reduzierten Remissionsraten, längerer Dauer bis zur Remission, zunehmenden negativen Symptomen, verlängerten stationären Behandlungen und der notwendig höheren Dosierungen von Antipsychotika [15, 16, 64].

Diese drei Faktoren – schlechterer Behandlungserfolg, reduziertes Gesundheitsverhalten und Rückfälle mit Erkrankungsprogression – bedingen zusammen eine weitere Erhöhung des Risikos für die Entwicklung einer schweren psychischen Erkrankung (Abb. 1).

Evidenzbasierte Behandlungsstrukturen und -inhalte

Auf der Basis der genannten Daten richtet sich eine optimale Langzeittherapie und gesellschaftliche Integration von Schizophreniepatienten im Wesentlichen nach den Behandlungsstrukturen und -inhalten für Personen mit schweren psychischen Erkrankungen [5, 19, 40]. Im Detail geht es dabei um zwei wesentliche Interventionen und Aufgaben:

  • Verbesserung der Früherkennung zur Reduktion der Dauer der unbehandelten Psychose und der unbehandelten Erkrankung und
  • Verbesserung der Behandlungsqualität durch Implementierung von Behandlungsstrukturen und -inhalten für Personen mit schweren psychischen Erkrankungen.

Langjährige Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass eine Verkürzung der Dauer der unbehandelten Psychose (DUP) nicht durch kurzdauernde oder singuläre Interventionen zu erreichen ist (z.B. alleinige Implementierung eines Früherkennungsservice, Weiterbildungen von Allgemeinärzten o. Ä. [34, 46]). Vielmehr bedarf es für erfolgreiche und anhaltende Effekte auf die DUP mehrerer kombinierter, interdisziplinärer und langfristiger Interventionen [30, 34, 58] bestehend aus einem Maßnahmenpaket aus

  • Implementierung eines alters- und fachübergreifenden Früherkennungsservice,
  • Implementierung eines fachübergreifenden mobilen Früherkennungsteams im Früherkennungsservice,
  • Errichtung eines Versorgungssektor-bezogenen Früherkennungsnetzwerks mit definierten Früherkennungswegen (Pathway-to-Care) und Früherkennungsmandat für den Früherkennungsservice und
  • langfristigen Maßnahmen im Versorgungssektor zur Verbesserung von Aufklärung, Wissen, Hilfesuche und Service-Inanspruchnahme [30].

Eine Verbesserung der Behandlungsqualität lässt sich am ehesten durch die Implementierung von Servicestrukturen erreichen, die für Patienten mit schweren psychischen Störungen entwickelt wurden [5, 40]. Diese beinhalten auf struktureller Ebene ein teambasiertes Modell intensiver und aufsuchender Behandlung (siehe folgend), einen Früherkennungsservice, Peer-to-Peer Beratung, ein Netzwerk mit Angeboten unterstützter Ausbildung, Arbeit und Wohnen sowie Kooperationen zur Prävention und Behandlung somatischer Erkrankungen [29, 30]. Modelle intensiver und aufsuchender Behandlung umfassen beispielsweise Assertive Community Treatment (ACT [37]) mit seinen Modifikationen RACT [45], TACT [26, 29] oder FACT [45]), Crisis Resolution and Home Treatment (CRHT; [41]) und Community Mental Health Teams (CMHT; [35]). Auf therapeutischer Ebene stellt das Netzwerk evidenzbasierte diagnose- und problemspezifische, psychologische, pharmakologische, soziale und somatische Interventionen bereit [5, 40].

Das Hamburger integrierte Versorgungsmodell

Überblick

Das „Hamburger Modell“ ist ein integriertes Versorgungsmodell für Patienten mit psychotischen Störungen, welche die Kriterien für eine schwere psychische Erkrankung erfüllen. Das Modell wurde 2005 evidenzbasiert entwickelt [26], 2006 implementiert und in einer Vorstudie bezüglich Effektivität und Effizienz untersucht (ACCESS-I-Studie; [23, 26]). Seit Mai 2007 wird das Modell als „Capitation-Modell“ über §140a–g SGB V als Jahrespauschale von verschiedenen Krankenkassen finanziert [29, 56]. Seit Mai 2007 läuft eine kontinuierliche Begleitstudie zur Evaluation von Effektivität und Effizienz des Hamburger Modells (ACCESS-II-Studie; [29, 56]). Im Rahmen von „psychenet – Hamburger Netz psychische Gesundheit“, einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) von 2011 bis 2015 geförderten Projekt („Gesundheitsregion der Zukunft“ [21]), wurde das Hamburger Modell auf die Indikation „ersterkrankte Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 bis 29 Jahren“ ausgeweitet. Effektivität und Effizienz dieser fächerübergreifenden Modellspezifizierung wurden zwischen 2011 und 2014 untersucht (ACCESS-III-Studie, [30]). Seit 2012 wurde von den beteiligten Krankenkassen der Erweiterung des §140-SGB-V-Vertrags auf die Indikation „ersterkrankte Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 bis 29 Jahren“ zugestimmt.

Inhalte der Behandlungsmodelle

Wie oben beschrieben existiert das Hamburger Modell derzeit in zwei Spezifizierungen:

  • Für mehrfacherkrankte Patienten 18 Jahren und
  • für ersterkrankte Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 bis 29 Jahren.

Strukturelle und inhaltliche Ausgestaltung unterscheiden sich zwischen den Modellen (Tab. 1).

Tab. 1. Strukturen und beteiligte Leistungserbringer in den zwei Hamburger Modellen [mod. nach 29, 30]

Strukturen

Mehrfacherkrankte Patienten
(18+)

Ersterkrankte Patienten
(12–29 Jahre)

Kliniken

Erwachsenenpsychiatrie

Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie

Sektoren

Erwachsenenpsychiatrie

Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie

Aufgaben

Integrierte Versorgung

Früherkennung und integrierte Versorgung

TACT-Team

  • Erwachsenenpsychiatrie
  • Vor allem Psychiater und Psychologen
  • Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Vor allem Psychiater und Psychologen

Beteiligte Institutionen

Stationär:

  • Station für Psychosen und bipolare Störungen
  • Station für Akuterkrankungen

Tagesklinisch:

  • Tagesklinik für Psychosen und bipolare Störungen
  • Tagesklinik für Jugendliche und junge Erwachsenen
  • Tagesklinik der Arbeitstherapie

Ambulant:

  • Spezialambulanz für Psychosen und bipolare Störungen

Stationär:

  • Station für Psychosen und bipolare Störungen
  • Station für Akuterkrankungen
  • Station für Adoleszentenpsychiatrie
  • Jugendstation der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Tagesklinisch:

  • Tagesklinik für Psychosen und bipolare Störungen
  • Tagesklinik für Jugendliche und junge Erwachsenen

Ambulant:

  • Spezialambulanz für Psychosen und bipolare Störungen

Früherkennung:

  • Früherkennungsambulanz für psychische Störungen (FePS)

Sektorales Netzwerk

  • Niedergelassene Psychiater und Psychologen der Erwachsenenpsychiatrie
  • Peer Genesungsbegleitung
  • Niedergelassene Psychiater und Psychologen der Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Jugendhilfe, schulpsychologischer Dienst
  • Peer Begleitung

TACT: therapeutisches „Assertive Community Treatment“ (= teambasierte, langfristige, aufsuchende und nachgehende Intensivbehandlung)

Kernbestandteil beider Modelle ist das sogenannte therapeutische Assertive Community Treatment (TACT). TACT leitet sich vom Assertive Community Treatment ab, das eine „aufsuchende, intensive und langfristige Behandlung für Menschen mit schweren und persistierenden psychischen Erkrankungen“ ist [59, 60].

Wichtige Kernmerkmale der klassischen ACT-Behandlung sind unter anderem ein multiprofessionelles Team, ein niedriger Behandler-Patienten-Quotient von 1/15 bis 1/20, eine „No drop out policy“, 24 Stunden tägliche Erreichbarkeit und Setting-übergreifende Behandlungskontinuität.

Im Hamburger Modell wurde das traditionelle ACT-Modell zum sogenannten Therapeutischen Assertive Community Treatment (TACT) modifiziert [26, 29, 30, 56]. Die wesentlichen Unterschiede zwischen ACT und TACT sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Tab. 2. Unterschiede zwischen traditionellem Assertive Community Treatment (ACT) und therapeutischem ACT (TACT) [mod. nach 29, 30]

Struktur

Traditionelles ACT 1

Therapeutisches ACT1

Indikation

Schwere psychische Störung

Schwere psychotische Störung

Team

Abhängig von Ausgestaltung (v.a. keine Therapieexperten)

Psychose-Experten-Team (v.a. Psychiater und Psychologen)

Behandler/Patient-Ratio

1 : 15/20

1 : 15/20

Bereitschaft

24 h/tgl./365 Tage

24 h/tgl./365 Tage

No-drop-out policy

Ja

Ja

Früherkennung

Nein

Ja

Pharmakotherapie

Abhängig von Ausgestaltung

Experten, Hauptaufgabe

Psychotherapie

Abhängig von Ausgestaltung

Experten, Hauptaufgabe

Netzwerk

Abhängig von Ausgestaltung

Netzwerk aus Psychosen-Spezialinstitutionen

Behandlungskontinuität

Abhängig von Ausgestaltung

Ja

Behandlungsdauer

Abhängig von Ausgestaltung

Open-end

1 Traditionelles ACT [59, 60], Therapeutisches ACT [23, 26, 29, 30, 56]

Die wichtigsten Unterschiede zwischen ACT und TACT umfassen:

  • Um die Qualität der Interventionen zu erhöhen, wurde die Indikation von schweren psychischen Störungen auf schwere psychotische Störungen spezialisiert
  • Die TACT-Teams bestehen fast ausschließlich aus Psychiatern und Psychologen und Mitarbeitern mit großer Erfahrung in der Behandlung von Psychosen
  • Die TACT-Teams wurden in ein Netzwerk von Psychose-Spezialinstitutionen, niedergelassenen Psychiatern und ambulanten Institutionen eingebunden, um den zeitnahen Zugang zu evidenzbasierten Therapieoptionen zu gewährleisten

Weitere Modellmodifikationen wurden für die Behandlung von ersterkrankten Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorgenommen (Tab. 2):

  • Die sektorale Zuständigkeit wurde auf die Kinder- und Jugendpsychiatrie des UKE erweitert,
  • das Früherkennungs- und Behandlungsnetzwerk wurde durch verschiedene Institutionen ergänzt (z.B. Früherkennungsambulanz für psychische Störungen [FePS], Akutstation der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Adoleszentenstation, niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater, Jugendhilfe, schulpsychologischer Dienst, SGB-12-Institutionen) und
  • das TACT-Team wurde mit Mitarbeitern der Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie besetzt.

Methodik der ACCESS-II-Studie

Untersuchungsmethoden

Im Rahmen der ACCESS-II-Studie werden seit dem 1. Mai 2007 alle Patienten kontinuierlich untersucht. Die Untersuchungszeitpunkte umfassen die Aufnahmeuntersuchung und Verlaufsuntersuchungen zu den Zeitpunkten 6 Wochen, 3 Monate, 6 Monate und nachfolgend alle 6 Monate.

Bei Aufnahme werden mit der deutschen modifizierten Version des Early Psychosis File Questionnaire (EPFQ [28]) Soziodemographie und Krankheitsvorgeschichte erhoben. Die psychotische Hauptdiagnose sowie komorbide psychische Erkrankungen werden anhand des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen DSM-IV-TR gestellt [54]. Somatische Diagnosen, Suizidversuchs-Diagnosen (X-Diagnosen) und soziale Unterstützungsbedarfsdiagnosen (Z-Diagnosen; Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen) werden anhand der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM) gestellt [11].

Bei Aufnahme und bei jedem Follow-up werden folgende Skalenwerte erhoben: Psychopathologie mit der Brief Psychiatric Rating Scale (BPRS 47]); Schweregrad der Erkrankung mit der Clinical Global Impressions-Severity of Illness Scale (CGI-S, [20]); Funktionsniveau mit der Global Assessment of Functioning Scale GAF [2a]; Lebensqualität mit dem Quality of Life Enjoyment and Satisfaction Questionnaire (Q-LES-Q-18, [50]) und Zufriedenheit mit der Behandlung für Patienten mit dem Client Satisfaction Questionnaire (CSQ-8, [43]).

Die Therapieadhärenz wird in folgender Kategorien untersucht: (1) Abbruch der Gesamtbehandlung (engl. „service disengagement“) definiert als „Abbruch der gesamten biopsychosozialen Therapie gegen Rat und trotz mehrfacher Versuche, den Patienten wieder in die Behandlung einzubinden“ [9]; (2) medikamentöse Non-Adhärenz wird nach Robinson et al. [52] anhand des Kriteriums „Anzahl von Phasen von 1 Woche Dauer ohne Medikamenteneinnahme“ kategorisiert. Wohn- und Arbeitsstatus wurden mittels des „Modified Location and Vocation Code Index“ erhoben (Skala von 1 bis 7, höhere Werte bedeuten weniger Selbstständigkeit).

Statistische Methoden

Die deskriptiven Analysen beinhalteten die absoluten und relativen Häufigkeiten bei kategorialen Variablen und entweder Mittelwerte mit Standardabweichungen (SD) oder Mediane mit oberen und unteren Quartilen für kontinuierliche Variablen. Um die Aufnahmedaten mit den 48-Monats-Follow-up-Daten bezüglich der binären Ergebnisse (Zwangsbehandlungen, Wohnstatus, Arbeitsstatus) zu vergleichen, wurde der McNemarʼs Test verwendet. Die Unterschiede über den zeitlichen Verlauf wurden mit „Mixed Models Repeated Measures“ (MMRM) berechnet, dabei die Follow-up-Zeiten als Messwiederholungen, die Patienten als Zufallseffekt, die Zeit als fester Effekt und die Aufnahmewerte der abhängigen Variable als Kovariaten in die Analyse aufgenommen. Zielkriterien waren, im Vergleich zum Aufnahmestatus, die Veränderungen im BPRS-Gesamtwert, CGI-S, GAF, Q-LES-Q-18 und CSQ-8 [43]. Die Aufnahmewerte wurden als Kovariaten verwendet, um die Varianz zu minimieren. Die Haupteffekte (F) und das Signifikanzniveau (p) werden berichtet. Das Signifikanzniveau wurde bei p<0,05 festgelegt (zweiseitige Hypothese). Die statistischen Analysen wurden mit SPSS-Version 22.0 (IBM Corp. 2011) durchgeführt.

Ergebnisse der ACCESS-II-Studie

Patientencharakteristika

Vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Oktober 2015 wurden 292 Patienten in die integrierte Versorgung eingeschlossen. Am 31.Oktober 2015 waren davon 158 Patienten (54,1%) 4 Jahre in der integrierten Versorgung. Deren Charakteristika sind in Tabelle 3 dargestellt.

Tab. 3. Patientencharakteristika in Bezug auf Soziodemographie, Diagnostik, Familienanamnese, traumatische Ereignisse, Suizidalität und medikamentöse Adhärenz (n=158)

Kategorie

Details

Ergebnisse

Soziodemographie

  • Alter [Jahre], Mittelwert (SD)
  • Geschlecht, männlich [n (%)]
  • Partnerschaft, keine [n (%)]
  • Arbeit (Schule, Ausbildung, Beruf) [n (%)]

42,5 (13,2)

69 (43,7)

131 (82,9)

28 (17,7)

Erkrankungsphase

  • Ersterkrankt [n (%)]
  • Mehrfacherkrankt [n (%)]

23 (14,6)

135 (85,4)

Hauptdiagnosen

  • Schizophrenie [n (%)]
  • Schizoaffektive Störung [n (%)]
  • Bipolare Störung [n (%)]
  • Wahnhafte Störung [n (%)]
  • Unipolare Depression, schwere (rezidivierende) Episode mit psychotischen Symptomen [n (%)]

105 (66,5)

26 (16,5)

21 (13,3)

4 (2,5)

2 (1,3)

Komorbide psychische

Erkrankungen

  • Psychische Störung gesamt, mindestens eine [n (%)]
  • Suchtstörung, mindestens eine [n (%)]
  • Andere psychische Störung, mindestens eine [n (%)]

149 (94,3)

113 (71,5)

127 (80,4)

Komorbide somatische Erkrankungen

  • Somatische Erkrankung, mindestens eine [n (%)]

129 (81,6)

Familienanamnese

  • Angehörige 1. Grades mit psychischer Erkrankung [n (%)]
  • Angehörige 1. Grades mit Psychose [n (%)]

79 (50,0)

40 (25,3)

Belastende Ereignisse

  • Belastendes Ereignis in der Vorgeschichte, mindestens eins
    [n (%)]

110 (69,6)

Suizidversuch in der
Vorgeschichte

  • Suizidversuch in der Vorgeschichte, mindestens einer [n (%)]

66 (41,8)

Medikamentöse Adhärenz

  • Volle medikamentöse Adhärenz 4 Wochen vor Einschluss [n (%)]

27 (17,1)

Das Durchschnittsalter lag bei 42 Jahren, über 85% waren mehrfacherkrankt, etwa zwei Drittel der Patienten waren mit Schizophrenie diagnostiziert. 94% wiesen mindestens eine komorbide psychische Erkrankung auf, und zwar über 70% eine Suchtstörung und über 80% eine andere psychische Erkrankung. Mehr als 80% zeigten mindestens eine chronische somatische Erkrankung, mehr als 70% hatten mindestens ein belastendes Ereignis in der Vorgeschichte und mehr als 40% schon mindestens einen Suizidversuch. Lediglich etwa einer von acht Patienten (17%) war bei Einschluss voll adhärent mit der Medikation. 97% der Patienten hatten mindestens eine Z-Diagnose, durchschnittlich bestanden bei jedem Patienten 5,9 Z-Diagnosen (Standardabweichung 2,9). Die größten Hilfebedarfe bestanden in den Bereichen Wohnumfeld und wirtschaftliche Lage, soziale Umgebung, Ausbildung und Berufsleben, Lebensführung und Lebensbewältigung.

Gesamtbehandlungsabbruch

11 der 158 Patienten (7,0%) brachen die Gesamtbehandlung gegen Empfehlung und trotz mehrfacher Engagement-Versuche ab („nicht-praktische Gründe“). Durchschnittlich geschah dies nach 79,1 Wochen (Median; Range 16,0–183,9). 41 Patienten (25,9%) wurden nach durchschnittlich 101,0 Wochen (Median; Range 5,9–206,3) aus praktischen Gründen (z.B. Umzug) ausgeschlossen.

Zwangseinweisungen

70 (44,3%) Patienten wurden mindestens einmal im Leben (lifetime) zwangseingewiesen, 54 (34,2%) mindestens einmal in den letzten zwei Jahren vor Einschluss in die integrierte Versorgung. Während der vier Jahre in der integrierten Versorgung wurden 13 Patienten (8,2%) mindestens einmal zwangseingewiesen (McNemar’s Test, p<0,001).

Klinischer Verlauf, Behandlungszufriedenheit, Arbeitsfähigkeit

Wie in Tabelle 4 dargestellt, waren die Patienten bei Einschluss schwer erkrankt (BPRS: 80,3; CGI-S: 5,8; GAF: 35,9 Punkte) mit niedriger Lebensqualität (Q-LES-Q-18:2,2 Punkte) und relativ unzufrieden mit der Vorbehandlung (CSQ-8 [43]: 2,8 Punkte). Im Verlauf der 4-jährigen Behandlung kam es zu signifikanten Verbesserungen in den Bereichen Psychopathologie (BPRS: p<0,001), Krankheitsschwere (CGI-S: p<0001), Funktionsniveau (GAF: p<0,001), Lebensqualität (Q-LES-Q-18: p<0,001) und der Behandlungszufriedenheit (CSQ-8: 2,8 auf 3,3; p=0,09; nicht signifikant, da große Verbesserungen bereits zu Beginn). Bei Aufnahme waren 131 Patienten (82,9%) non- oder teiladhärent mit der letzten Medikation, nach vier Jahren waren dies lediglich noch 18 Patienten (11,4%; McNemar’s Test, p<0,001). Zudem waren nach vier Jahren (n=33, 20,9%) tendenziell mehr Patienten beschäftigt als zu Beginn der Behandlung (n=28, 17,7%; McNemar’s Test, p=0,054).

Tab. 4. Verlauf von Psychopathologie, Funktionsniveau, Lebensqualität Behandlungszufriedenheit über 4 Jahre in der integrierten Versorgung (n=158)

Verlaufsvariablen

Mittelwerte (SD)

MMRM (48 Monate)

Aufnahme

24 Monate

48 Monate

Df (Zeit)

Zeit Effekt, F

p-Wert

Psychopathologie: BPRS

80,3 (19,7)

50,3 (11,7)

47,8 (10,9)

7/205,7

13,3

<0,001

Geschätzte Randmittel (SE)

–29,4 (1,0)

–31,7 (1,1)

Schwere der Erkrankung: CGI-S

5,8 (0,9)

4,0 (1,0)

3,7 (1,0)

9/621,2

17,3

<0,001

Geschätzte Randmittel (SE)

–1,7 (0,1)

–2,1 (0,1)

Funktionsniveau: GAF

35,9 (11,4)

58,9 (11,9)

63,7 (12,9)

9/615,3

15,3

<0,001

Geschätzte Randmittel (SE)

22,0 (0,9)

26,6 (1,0)

Lebensqualität: Q-LES-Q-18

2,2 (0,6)

3,3 (0,6)

3,4 (0,6)

9/633,6

3,6

<0,001

Geschätzte Randmittel (SE)

1,0 (0,1)

1,1 (0,1)

Behandlungszufriedenheit: CSQ-8-P

2,8 (0,6)

3,2 (0,5)

3,3 (0,4)

9/565,2

1,7

0,09

Geschätzte Randmittel (SE)

0,4 (0,0)

0,4 (0,0)

BPRS: Brief Psychiatric Rating Scale; CGI-S: Global Clinical Impression scale-Severity score; GAF: Global Assessment of Functioning scale; Q-LES-Q-18: Quality of Life Enjoyment and Satisfaction Questionnaire; CSQ-8-P: Client Satisfaction Questionnaire-8 (patient version); SE: Standardfehler; MMRM: Mixed Models Repeated Measures

Diskussion

Die Langzeittherapie der Schizophrenie und speziell die Integration in die Gesellschaft stellt das Versorgungssystem immer noch vor große Herausforderungen. Die Basis für eine erfolgreiche Integration ist und bleibt die klinische Stabilität und damit die Belastbarkeit der Patienten. Diese wird in der Regelversorgung deutlich weniger häufig erreicht als in der integrierten Versorgung nach dem Hamburger Modell [26].

Vergleicht man die vorliegenden Daten der ACCESS-II-Studie mit der Regelversorgung, so führt die integrierte Versorgung zu einem 13-fach niedrigeren Gesamtbehandlungsabbruch (1 Jahr Regelversorgung: 23,2% [26] vs. 1 Jahr integrierte Versorgung: 1,8%), zu einem besseren Verlauf bezüglich Psychopathologie, Funktionsniveau, Lebensqualität und Behandlungszufriedenheit [auch 26] und zu 8-fach weniger häufigen Zwangseinweisungen (34,2% zwei Jahre vor vs. 4,1% zwei Jahre nach Beginn der integrierten Versorgung).

Die Verbesserung der medikamentösen Adhärenz ist ebenfalls ein zentraler Baustein der Langzeitbehandlung. Bei Einschluss in die integrierte Versorgung waren lediglich 17% der Patienten adhärent mit der Medikation, nach vier Jahren steigt die Adhärenzrate auf 89%. Hier wirkt die kontinuierliche Beziehungsarbeit genauso wie die detaillierte Aufklärung der Patienten, häufig auch in Kombination mit einer Gabe des Antipsychotikums in Depotform.

Auch im Bereich Arbeitsfähigkeit zeigt sich ein tendenziell signifikanter Anstieg, wobei die untersuchte Kohorte zum großen Teil aus mehrfacherkrankten Patienten besteht, die zum Teil noch nie auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt waren. Allerdings besteht hier auch in der integrierten Versorgung noch eine großer Bedarf bezüglich der Implementierung von evidenzbasierten Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitsintegration, beispielsweise in Form von unterstützter Arbeit („supported employment“, [38]).

Die gerade abgeschlossene ACCESS-III-Studie zur Effektivität und Effizienz des Hamburger Modells (inklusive Früherkennung und integrierter Versorgung) bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit schweren psychotischen Erkrankungen wird zeigen, inwieweit die gesellschaftliche Integration bei Patienten in der frühen Erkrankungsphase gelingt [30].

Einschränkungen in der Anwendung sind die Verfügbarkeit dieses Versorgungsmodells nicht für alle Patienten, da bestimmte Krankenkassen sich nicht beteiligen, sowie die Versorgung in Regionen mit Unterbesetzung von Praxen und fehlenden Versorgungsstrukturen. Dies ist angesichts des lebenslangen Verlaufs von schweren psychotischen Störungen eine Herausforderung, die nicht aus Kostengründen eingeschränkt werden darf.

Anerkennung der Mitarbeit (alphabetisch)

Dipl.-Ök. Susann Barge

Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Thomas Bock

Dr. Alexandra Bussopulos

Fachkrankenpflegerin, Familientherapeutin Marietta Frieling

Prof. Dr. med. Jürgen Gallinat

Dipl.-Soz.-Päd. Jana Hubert

Dipl.-Psych. Julia von Iljen

Dipl.-Psych. Andrea Kerstan

Dr. med. Matthias Lange

Dr. Christina Meigel-Schleiff

Dr. med. Constanze Merk

Dr. med. Luise Nawara

Dipl.-Psych. Vivien Niehaus

Dr. Gunda Ohm

Dr. phil. Dipl. Psych. Anja Rohenkohl

Dipl.-Psych. Friederike Ruppelt

Dipl.-Psych. Gizem Sarikaya

Dipl.-Psych. Mary Sengutta

Dr. phil. Dipl.-Psych. Michael Schödlbauer

Dipl.-Psych. Mary Sengutta

Dipl.-Psych. Linus Wittmann

Dr. med. Falk Wulf

Dipl.-Psych. Thomas Uken

Interessenkonflikterklärung

ML: Vortragshonorare von AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb, Lilly Deutschland GmbH, JanssenCilag GmbH, Lundbeck GmbH, Otsuka Pharma GmbH, Roche Deutschland Holding GmbH, Sanovi Aventis; Studienunterstützung von AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb, Lilly Deutschland GmbH, JanssenCilag GmbH, Lundbeck, Sanofi Aventis; Honorare für Beratertätigkeit von AstraZeneca, Lilly Deutschland GmbH, JanssenCilag GmbH, Roche Deutschland Holding GmbH, Trommsdorff GmbH & Co. KG; keine Interessenkonflikte bezüglich des Inhalts des Artikels.

FR: Es bestehen keine Interessenkonflikte.

AR: Es bestehen keine Interessenkonflikte.

AK: Honorare für Vorträge, Stellungnahmen oder Artikel von Janssen, Otsuka, Pfizer und Lundbeck; Honorare für Beratertätigkeit von Roche und Otsuka; Forschungsbeihilfe von Janssen und Lundbeck.

JG: Fördergelder für wissenschaftliche Studien von der DFG, BMBF und AstraZeneca; Veranstaltungs- oder Vortragsunterstützung von Janssen-Cilag, Lilly und Otsuka.

KW: Vortragshonorare und Honorare für Beratertätigkeit von Janssen, Lundbeck und Otsuka.

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Prof. Dr. Martin Lambert, Dr. phil. Dipl.-Psych. Anja Rohenkohl, Dipl.-Psych. Friederike Ruppelt, Arbeitsbereich Psychosen, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg, E-Mail: lambert@uke.de Prof. Dr. Anne Karow, Arbeitsbereich Adoleszentenpsychiatrie, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentrum für Psychosoziale Medizin, UKE

Prof. Dr. Klaus Wiedemann, Arbeitsbereich affektive Störungen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentrum für Psychosoziale Medizin, UKE Prof. Dr. Jürgen Gallinat, Klinikdirektor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, j.gallinat@uke.de

Long-term treatment of schizophrenia – successful psychosocial reintegration by integrated care

The long-term treatment of schizophrenia and specifically the integration into the society is still a challenge for most health care systems. The most important requirement for a successful integration is still the clinical stability and the capacity of the patient. The Hamburg model of age- and interdisciplinary integrated care according to § 140a–g SGB V has the guiding principle to restructure the health care system in a way that people with psychotic disorders fulfilling criteria for severe mental illness are offered a sector-comprehensive, coordinated, prompt and evidence-based treatment and (re)integration.

This article focuses on data of all patients who were treated within the Hamburg model for at least four years. Patients’ characteristics at entry show a severely ill cohort with high rates of comorbid mental (94%) and chronic somatic disorders (82%), distinct and diverse need of social support (in average 5.9 Z-diagnoses per patient), high levels of psychopathology (BPRS: 80.3), low functioning (GAF: 35.9) and poor quality of life (Q-LES-Q-18: 2.2). Within the four years of treatment in the Hamburg model only 7% of patients were service disengaged (13 times lower compared to standard care) and only 4% were admitted involuntary (8 times lower compared to standard care). Course of illness over four years showed significant and stable improvements in psychopathology (BPRS: p<0.001), severity of illness (CGI-S/CGI-BP: p<0.001), functioning (GAF: p<0.001), quality of life (Q-LES-Q-18: p<0.001) and satisfaction with care (CSQ-8: 2.8 to 3.3; p=0.09; non-significant because of early improvements and thereafter stable good ratings). Further, medication adherence was significantly (p<0.001) and working ability by trend improved (p=0.054). Integrated care leads to a multidimensional illness improvement and stabilisation by offering intensive outpatient care even in severely ill patients with psychotic disorders. In the area of vocation the model will be improved by supported employment in the future.

Key words: Integrated care, severe mental illness, schizophrenia, bipolar disorder, unipolar depression with psychotic features

Psychopharmakotherapie 2016; 23(02)