Fortgeschrittener Morbus Parkinson

Intrajejunale Levodopa-Gabe bessert Wirkungsfluktuationen


Dr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Sind im fortgeschrittenen Stadium der idiopathischen Parkinson-Erkrankung alle klassischen Behandlungsoptionen ausgereizt, kann eine kontinuierliche, pumpengetriebene intrajejunale Levodopa-Gabe (Duodopa®) sinnvoll sein. In zwei großen Studien gingen die Off-Zeiten im Vergleich zum Studienbeginn um rund vier Stunden zurück, die On-Zeiten ohne Dyskinesien nahmen um rund vier Stunden zu, die Lebensqualität stieg. Die Studienergebnisse wurden im Rahmen einer Pressekonferenz der Firma AbbVie Deutschland vorgestellt.

Akinese, Rigor, Ruhetremor sowie Gang- und Haltungsstörungen sind die Kernsymptome des Morbus Parkinson, hervorgerufen durch den Verlust dopaminerger Neuronen unter anderem in der Substantia nigra. Therapeutischer Standard ist eine Behandlung mit Levodopa in Kombination mit einem peripheren Dopadecarboxylasehemmer wie Carbidopa. Mit Fortschreiten der Erkrankung treten allerdings Wirkungsschwankungen ein: Das Wearing-off mit einem vorzeitigen Nachlassen der Wirkung, Dyskinesien mit unwillkürlichen Bewegungen beim Anfluten der Medikation und On-Off-Fluktuationen mit Wechseln zwischen guter und schlechter Wirksamkeit.

Einer der Gründe für die Entwicklung von Spätkomplikationen ist der fortschreitende Verlust dopaminerger Neuronen. Außerdem wird Dopamin nur noch pulsatil und nicht mehr kontinuierlich abgegeben, ebenso lässt die Dopamin-Wiederaufnahme durch die Synapsen nach, was die Fluktuationen weiter verstärkt und einen erhöhten Medikamentenbedarf erfordert. Zusätzliche Magenentleerungsstörungen tragen ebenfalls zu den starken Wirkungsschwankungen bei.

Behandlung mit Duodopa®

Sind alle konservativen Therapieoptionen inklusive Retardpräparaten und transdermaler Applikation ausgeschöpft, kommen Eskalationstherapien wie subkutane Apomorphin-Infusionen, die tiefe Hirnstimulation und die duodenale Levodopa/Carbidopa-Infusion (Duodopa®) infrage. Das System zur kontinuierlichen intrajejunalen Levodopa-Infusion ist in vielen europäischen Ländern seit 2005 als Orphan-Drug verfügbar und besteht aus einer Medikamentenkassette, einer Pumpe sowie einer äußeren und inneren Sonde. Die äußere, durch Halteplatten befestigte Sonde reicht von der Bauchdecke bis in den Magen, die innere Sonde wird über den Magen bis in den Dünndarm geführt. Über diese innere Sonde gelangt ein Levodopa/Carbidopa-Gel (20 mg Levodopa + 5 mg Carbidopa-Monohydrat pro 1 ml Gel) aus der Medikamentenkassette pumpengetrieben direkt an den Resorptionsort von Levodopa. Durch die gleichmäßige Abgabe des Gels und die Umgehung möglicher Magenmotilitätsstörungen bleiben die Plasmaspiegel auf einem gleichmäßigen, individuell festgelegten Niveau. Vor Legen der Duodenal-Sonde wird einige Tage die Wirksamkeit und Akzeptanz des Systems durch eine provisorische Nasoduodenalsonde empfohlen.

Die Behandlung mit Duodopa® erfolgt mit drei Dosen – einer morgendlichen, über die Pumpe applizierten Bolusdosis, der kontinuierlichen Erhaltungsdosis und einer eventuell erforderlichen Extra-Bolusdosis. In der Nacht ist in der Regel keine Behandlung erforderlich, es sei denn, der Patient hat Komplikationen wie beispielsweise schmerzhafte Krämpfe vor allem der Füße. Andere Parkinson-Medikamente können unter dieser Behandlung meist abgesetzt oder reduziert werden.

In zwei aktuellen Studien wurden Wirksamkeit und Sicherheit von Duodopa® dokumentiert. In einer internationalen, offen durchgeführten Phase-III-Studie waren 192 Patienten eingeschlossen. Die geplante Interimsanalyse ergab für das intrajejunal applizierte Gel bereits nach 12 Wochen eine signifikante Abnahme der Off-Zeit um durchschnittlich 3,9 Stunden pro Tag und eine Zunahme der On-Zeit ohne Dyskinesien um durchschnittlich 4,6 Stunden pro Tag. Auch nach 54 Wochen waren die Unterschiede im Vergleich zum Behandlungsbeginn noch signifikant, auch die Lebensqualität stieg [1].

Eine weitere Studie im Double-Dummy-Design erbrachte vergleichbare Ergebnisse [2]. In dieser Studie erhielten 71 Patienten, die ebenfalls nicht mehr optimal auf eine übliche Pharmakotherapie ansprachen, doppelblind und randomisiert Levodopa als Tabletten oder als Infusion und zusätzlich eine Plazebo-Infusion bzw. Plazebo-Tabletten. Nach zwölf Wochen kam es in der Verum-Infusionsgruppe zu einer signifikant stärkeren Reduktion der Off-Zeit und einer signifikant stärkeren Zunahme der On-Zeiten ohne Dyskinesien im Vergleich zu der Tablettengruppe; die Lebensqualität nahm unter der Infusion ebenfalls signifikant zu. Nebenwirkungen betrafen überwiegend das perkutane System und umfassten Peritonitis, Pumpen-Dysfunktion sowie Verstopfung und Verrutschen des Katheters.

Quelle

Prof. Dr. med. Peter Paul Urban, Hamburg; Dr. med. Ingmar Wellach, Hamburg; Pressekonferenz „Perspektiven für Menschen mit fortgeschrittenem Morbus Parkinson – Schwerpunkt Duodopa®“, Hamburg, 8. Juli 2014, veranstaltet von AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG.

Literatur

1. Fernandez HH, et al. Levodopa-carbidopa intestinal gel in advanced Parkinson’s disease open-label study: Interim results. Parkinsonism Relat Disord 2013;19:339–45.

2. Olanow CW, et al. Continuous intrajejunal infusion of levodopa-carbidopa intestinal gel for patients with advanced Parkinson’s disease: a randomised, controlled, double-blind, double-dummy study. Lancet Neurol 2014;13:141–9.

Psychopharmakotherapie 2014; 21(05)