Schizophrenie

Kognitive Verhaltenstherapie vermindert Symptomatik


Dr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Eine kognitive Verhaltenstherapie reduziert die psychiatrische Symptomatik bei Schizophrenie-Patienten, die keine Antipsychotika einnehmen wollen. Sicherheit und Akzeptanz der Intervention sind gut. Das ist das Ergebnis einer Pilotstudie mit 74 Teilnehmern [3].

Antipsychotika sind Mittel der Wahl in der Schizophrenie-Behandlung. Ein Teil der Patienten bricht die Behandlung allerdings früher oder später ab, die Non-Compliance über ein bis zwei Jahre liegt bei schätzungsweise 40% bis 50%. Dieses Verhalten wird oft als Uneinsichtigkeit der psychotisch Erkrankten interpretiert. Ein systematischer Review von Lepping et al. [2] kam zum Ergebnis, dass die unter Antipsychotika erzielten Verbesserungen nicht immer von klinischer Relevanz sind. Eine andere Metaanalyse von Correll und Kollegen [1] bestätigte zwar einen Unterschied in der Effektivität von Antipsychotika im Vergleich zu Plazebo – das Ausmaß dieser Effekte war aber klein im Verhältnis zu den unerwünschten Wirkungen. Neben einer häufig zu beobachtenden Gewichtszunahme und damit verbundenen kardiovaskulären und metabolischen Risiken werden auch strukturelle Veränderungen beim Hirnvolumen diskutiert. Vor diesem Hintergrund mag die Entscheidung der Schizophrenie-Patienten, keine Antipsychotika mehr einzunehmen, durchaus rational erscheinen. Bei den nichtmedikamentösen Behandlungen hat sich die kognitive Therapie bewährt, allerdings bisher nur in einem multimodalen Behandlungskonzept zusammen mit Antipsychotika-Einnahme. In einer exploratorischen Studie wurde der klinische Effekt einer kognitiven Therapie bei Schizophrenie-Patienten ohne Antipsychotika-Einnahme untersucht [3].

Studienziel und -design

Einbezogen in die einfachblinde, randomisierte und kontrollierte Studie an zwei Zentren in Großbritannien wurden 74 Schizophrenie-Patienten im Alter zwischen 16 und 65 Jahren, die sich gegen die Einnahme von Antipsychotika entschieden hatten. Sie wurden randomisiert der Interventionsgruppe mit einer kognitiven Therapie plus der üblichen Behandlung (n=37) oder der Kontrollgruppe mit der üblichen Therapie ohne weitere psychotherapeutische Maßnahmen (n=37) zugewiesen. Primäres Zielkriterium war der Gesamtscore auf der PANSS-Skala (Positive and negative syndrome scale), der zu Studienbeginn sowie nach 3, 6, 9, 12, 15 und 18 Monaten erfasst wurde. Den Auswertern war nicht bekannt, zu welcher Gruppe die Studienteilnehmer gehörten.

Ergebnisse

Die durchschnittlichen PANSS-Gesamtscores waren in der Gruppe mit der kognitiven Verhaltenstherapie konsistent niedriger als in der Vergleichsgruppe, die Effektgröße zwischen beiden Gruppen lag bei –6,52 (95%-Konfidenzintervall [95%-KI] –10,79 bis –2,25; p=0,003). Acht schwere unerwünschte Ereignisse wurden dokumentiert: Zwei in der Interventionsgruppe (ein Teilnehmer nahm eine Überdosis, ein Teilnehmer bedrohte andere, beide Vorfälle ereigneten sich nach der Behandlung) und sechs in der Kontrollgruppe (zwei vermutlich nicht mit der Studie bzw. psychischen Störungen zusammenhängende Todesfälle, drei Zwangseinweisungen und eine Überdosierung).

Diskussion

In einer Pilotstudie mit Schizophrenie-Patienten, die keine Medikamente einnehmen wollten, verbesserte eine kognitive Verhaltenstherapie die Symptomatik über 18 Monate im Vergleich zu Patienten, die lediglich die übliche Versorgung erhielten. Zusätzlich verbesserten sich persönliche und soziale Funktionen sowie einige Aspekte bezüglich Wahnvorstellungen und Stimmenhören. Allerdings verminderte die kognitive Therapie nicht den Disstress, der mit den Wahnvorstellungen und dem Stimmenhören verbunden war, ebenso wenig das Ausmaß der Depressionen sowie der sozialen Ängste. Insgesamt verschlechterte sich keine der beiden Patientengruppen in ihrer Verfassung, im Einzelfall gab es allerdings Rückfälle, die beispielsweise in Zwangseinweisungen endeten.

Prinzipiell ist die kognitive Therapie damit auch bei Schizophrenie-Patienten ohne Antipsychotika-Einnahme durchführbar – auch wenn die Sitzungen für die Therapeuten oftmals sehr herausfordernd waren und einige Teilnehmer auch ausgeschlossen wurden. In einer adäquat gepowerten, multizentrischen Studie sollten diese Ergebnisse überprüft werden. Dann könnte vielen Schizophrenie-Patienten, die keine Medikamente einnehmen wollen, besser geholfen werden. Ein solches Vorgehen ist in den jüngsten NICE-Richtlinien zum Management von Psychosen und Schizophrenie vorgesehen. Danach können schon jetzt, ohne Evidenz, psychosoziale Interventionen auch ohne Medikamenteneinnahme eingeleitet werden.

Literatur

  1. Correll CU, et al. Antipsychotics for acute schizophrenia making choices. Lancet 2013; 382:919–20.
  2. Lepping P, et al. Clinical relevance of findings in trails of antipsychotics: systematic review. Br J Psychiatry 2011;198:341–5.
  3. Morrison APW, et al. Cognitive therapy for people with schizophrenia spectrum disorders not taking antipsychotic drugs: a single-blind randomised controlled trial. Lancet 2014;383:1395–403.

Psychopharmakotherapie 2014; 21(04)