Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen
Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist eine häufige Erkrankung, die zu einer erheblichen Störung des Nachtschlafs führt. Die Patienten verspüren, wenn sie zur Ruhe kommen, ein unangenehmes Spannungsgefühl in den unteren Extremitäten, mit spontanen Beinbewegungen, wobei die Symptomatik sich durch Aufstehen und Herumgehen bessert. Viele Patienten können erfolgreich mit Levodopa oder Dopamin-Agonisten behandelt werden. Ein Teil der Patienten spricht allerdings auf dopaminerge Substanzen nicht an, leidet unter nicht tolerablen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) oder es kommt zu einem Wirkungsverlust. Daher ist es notwendig, Behandlungsalternativen zu entwickeln.
Es gibt viele Fallberichte und Fall-Kontroll-Studien, die zeigen, dass auch retardierte Opioide beim Restless-Legs-Syndrom wirksam sind. Die vorliegende Studie ist allerdings die erste große Studie, die diesen Therapieansatz prospektiv und Plazebo-kontrolliert untersucht hat.
Studiendesign
Es handelt sich um eine multizentrische, doppelblinde randomisierte Plazebo-kontrollierte Studie über einen Zeitraum von 12 Wochen in Österreich, Deutschland, Spanien und Schweden. Nach der verblindeten Phase erfolgte eine 40-wöchige offene Behandlungsphase. Die Patienten mussten seit mindestens sechs Monaten unter einem Restless-Legs-Syndrom leiden. Patienten mit obstruktiven Lungenerkrankungen und einem Schlafapnoe-Syndrom wurden ausgeschlossen. Die Behandlung erfolgte in der Verum-Gruppe mit 5 mg Oxycodon in Kombination mit 2,5 mg Naloxon (z.B. als Targin®) 2-mal täglich. Die Dosis wurde dann langsam auftitriert bis zu maximal 2-mal 40 mg Oxycodon und 2-mal 20 mg Naloxon pro Tag. In der Langzeitbehandlung wurden die Patienten erneut eintitriert. Der primäre Endpunkt waren Veränderungen in der Schwere des Restless-Legs-Syndroms gemessen mit der International RLS Study Group Severity Rating Scale (0–40).
Studienergebnisse
In die Studie wurden 306 Patienten aufgenommen, 276 standen für die primäre Analyse nach 12 Wochen zur Verfügung. 197 Patienten nahmen in der offenen Beobachtungsstudie teil. Zum Zeitpunkt der Randomisierung betrug der Wert auf der RLS-Rating-Scale 31,6; nach 12 Wochen war dieser Wert in der Verum-Gruppe um 16,5 Punkte reduziert und in der Plazebo-Gruppe um 9,4. Dieser Unterschied war statistisch signifikant. Am Ende der offenen Behandlungsphase betrug der mittlere Summen-Score 9,7.
Behandlungsassoziierte unerwünschte Ereignisse (UE) traten während der verblindeten Phase bei 73% der Patienten in der Verum-Gruppe und bei 43% in der Plazebo-Gruppe auf. 15% der Patienten in der Verum-Gruppe und 7% in der Plazebo-Gruppe brachen die Studie wegen UE ab. Die häufigsten UE in der Verum-Gruppe waren in abnehmender Reihenfolge Müdigkeit, Verstopfung, Übelkeit und Kopfschmerzen. Es kam bei den 306 Patienten zu fünf schwerwiegenden behandlungsassoziierte UE (Ulcus duodeni, schwerwiegende Verstopfung, Subileus, Ileus und akute abdominelle Schmerzen).
Kommentar
Dies ist die erste große und gut durchgeführte Studie zum Einsatz von retardierten Opioiden bei Patienten mit Restless-Legs-Syndrom, die auf eine dopaminerge Medikation entweder nicht ansprechen oder diese nicht vertragen. Am Ende der doppelblinden Behandlungsphase zeigte sich eine eindeutige Überlegenheit der Opioid-Therapie gegenüber Plazebo. Die Therapie-Effekte hielten über weitere 40 Wochen an, ohne dass es zu einer Gewöhnung oder Wirkungsabschwächung kam. Die Nebenwirkungen der Opioid-Therapie sind diejenigen, die man bei einer Behandlung mit Opioiden erwarten würde. Nach dieser großen Studie ist anzunehmen, dass die Therapie-Option retardierte Opioide beim Restless-Legs-Syndrom in die Leitlinien aufgenommen wird.
Quelle
Trenkwalder C, et al.; RELOXYN Study Group. Prolonged release oxycodone-naloxone for treatment of severe restless legs syndrome after failure of previous treatment: a double-blind, randomised, placebo-controlled trial with an open-label extension. Lancet Neurol 2013;12:1141–50.
Psychopharmakotherapie 2014; 21(03)