Dipl.-Biol. Anne Bleick, Stuttgart
In der RECOVER(Randomized evaluation of the 24-hour-coverage: efficacy of rotigotine)-Studie wurde die Wirkung von transdermalem Rotigotin auf die frühmorgendlichen motorischen Symptome und die Schlafqualität bei Parkinson-Patienten untersucht [2]. Nach einer vierwöchigen Vorbehandlungsphase wurden 287 Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom randomisiert und erhielten in einer achtwöchigen Titrationsphase entweder transdermales Rotigotin (Neupro®; 2 bis 16 mg/24 h; n=190) oder Plazebo (n=97). Daran schloss sich eine vierwöchige Erhaltungsphase mit optimaler Dosis in der Verum-Gruppe an.
Es ergab sich eine signifikante Verbesserung der Beweglichkeit am frühen Morgen: Der frühmorgens gemessene UPDRS(Unified Parkinson’s disease rating scale)-Score III (Motorik) verbesserte sich – ausgehend von etwa 30 Punkten – zum Ende der Erhaltungsphase um 7,0 Punkte unter Rotigotin und 3,9 Punkte unter Plazebo (p=0,0002 für den Gruppenunterschied). Gemessen an einer 20%igen Verbesserung des UPDRS-III-Scores betrug die Responderrate in der Rotigotin-Gruppe 51,7% und in der Plazebo-Gruppe 32,6%. Bei Verschärfung des Kriteriums (mindestens 30%ige Verbesserung) lag die Responderrate in der Rotigotin-Gruppe bei 38,2% und in der Plazebo-Gruppe bei 19,1%.
Die Schlafqualität wurde durch den Dopaminagonisten ebenfalls signifikant verbessert: Die PDSS(Parkinson’s disease sleep scale)-2-Werte verbesserten sich – ausgehend von etwa 20 Punkten – in der Rotigotin-Gruppe um 5,9 Punkte und in der Plazebo-Gruppe um 1,9 Punkte (p<0,0001). Alle drei PDSS-2-Domänen zeigten signifikante Verbesserungen unter Rotigotin im Vergleich zu Plazebo. Die Ergebnisse für die 15 einzelnen Punkte zeigt Tabelle 1. Alle nächtlichen Probleme, bis auf Halluzinationen, wurden gelindert; signifikant gemindert wurden unter anderem Einschlafstörungen, morgendliche Müdigkeit und schmerzhafte Gliedmaßenstellung am Morgen. Auch die nächtlichen Gliedmaßenbewegungen und der Drang, Arme oder Beine zu bewegen, wurden stark vermindert.
Tab. 1. Behandlungsdifferenzen zwischen Plazebo (n=89) und Rotigotin (n=178) beim PDSS-2 und PDQ-8: Post-hoc-Analyse der RECOVER-Studie; p-Werte <0,05 sind halbfett gedruckt [3]
Schlafstörungen |
Behandlungsdifferenz |
p-Wert |
Lebensqualität |
Behandlungsdifferenz |
p-Wert |
|
PDSS-2: Schlafstörungen |
PDQ-8 |
|||||
Schlechte Schlafqualität |
–0,20 |
0,1229 |
Konzentrationsprobleme |
–0,07 |
0,4627 |
|
Einschlafstörung |
–0,46 |
0,0008 |
Schwierigkeiten beim Ankleiden |
–0,40 |
0,0002 |
|
Durchschlafstörung |
–0,19 |
0,1673 |
Probleme in der Öffentlichkeit |
–0,43 |
0,0005 |
|
Morgendliche Müdigkeit |
–0,40 |
0,0036 |
Verlegenheit in der Öffentlichkeit |
–0,17 |
0,1252 |
|
Nächtlicher Harndrang |
–0,21 |
0,0982 |
Depressives Gefühl |
–0,28 |
0,0112 |
|
PDSS-2: Motorische Symptome in der Nacht |
Schmerzhafte Muskelkrämpfe oder -spasmen |
–0,23 |
0,0406 |
|||
Unruhige Gliedmaßen |
–0,36 |
0,0025 |
Beziehungsprobleme |
–0,23 |
0,0161 |
|
Drang, Arme oder Beine zu bewegen |
–0,43 |
0,0003 |
Kommunikationsprobleme |
–0,01 |
0,9513 |
|
Unruhige Träume |
–0,11 |
0,2543 |
||||
Schmerzhafte Gliedmaßenstellung am Morgen |
–0,34 |
0,0027 |
||||
Tremor beim Gehen |
–0,33 |
0,0153 |
||||
PDSS-2: Parkinson-Symptome in der Nacht |
||||||
Beunruhigende Halluzinationen |
0 |
– |
||||
Missbehagen und Immobilität |
–0,49 |
<0,0001 |
||||
Schmerzen in den Gliedmaßen |
–0,36 |
0,0015 |
||||
Muskelkrämpfe in den Gliedmaßen |
–0,31 |
0,0067 |
||||
Probleme beim Atmen |
–0,24 |
0,0064 |
PDSS: Parkinson’s Disease Sleep Scale; PDQ-8: Short-Form Parkinson’s Disease Questionnaire
Weitere Ergebnisse. Rotigotin führte zu einer besseren Stimmungslage: Die durchschnittliche Veränderung im Beck-Depression-Inventory betrug, ausgehend von 12,6 bzw. 12,3 Punkten, in der Rotigotin-Gruppe –2,7 und in der Plazebo-Gruppe –0,8 zum Ende der Erhaltungsphase (p=0,01).
Die Lebensqualität erhöhte sich ebenfalls: Die Behandlungsdifferenz im Short-Form Parkinson’s Disease Questionnaire (PDQ-8) betrug 5,74 zugunsten Rotigotin (p=0,0002). Die Ergebnisse zu den einzelnen Elementen des PDQ-8 zeigt Tabelle 1.
Nichtmotorische Symptome wurden mit der Parkinson’s Disease Non-Motor Scale (PDNMS) erfasst. Der Ausgangswert betrug ca. 41 Punkte. Die durchschnittliche Veränderung am Behandlungsende betrug –10,3 in der Verum-Gruppe und –3,9 in der Plazebo-Gruppe. Dabei zeigten die Domänen Schlaf/Ermüdung (Behandlungsdifferenz –2,03, p=0,002) und Stimmung/Kognition (Behandlungsdifferenz –3,40, p=0,0003) mit Rotigotin eindeutige Verbesserungen gegenüber Plazebo.
Fazit
Die Studienergebnisse zeigen, dass transdermales Rotigotin bei Parkinson-Patienten zu einer klinisch relevanten und statistisch signifikanten Verbesserung des Schlafs und der frühmorgendlichen Beweglichkeit führt. Zusätzlich ergaben sich Verbesserungen bei der Stimmung und der Lebensqualität.
Quellen
1. Prof. Dr. med. Daniela Berg, Tübingen, Prof. Dr. med. Jan Kassubek, Ulm, Prof. Dr. med. Jörn Peter Sieb, Stralsund; Satellitensymposium „Idiopathisches Parkinson- und Restless-Legs-Syndrom: Erkrankungen mit vielschichtigen Symptomen!“, veranstaltet von UCB Pharma GmbH im Rahmen des 84. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Wiesbaden, 30. September 2011.
2. Trenkwalder C, et al. Rotigotine effects on early morning motor function and sleep in Parkinson’s disease: A double-blind, randomized, placebo-controlled study (RECOVER). Mov Dis 2011;26:90–9.
3. Ghys L, et al. Effect of rotigotine on sleep and quality of life in Parkinson’s disease patients: post hoc analysis of RECOVER patients who were symptomatic at baseline. Expert Opin Pharmacother 2011;12:1985–98.
Psychopharmakotherapie 2012; 19(01)