Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Möller, München
In diesem Heft werden wieder wichtige Beiträge zu klinisch relevanten Themen der Psychopharmakotherapie vorgelegt.
Gerade angesichts der Diskussion, dass unter der Therapie demenzbedingter Verhaltensstörungen mit Neuroleptika die Mortalität im Vergleich mit Plazebo statistisch erhöht ist, kommt dem Beitrag „Galantamin zur Behandlung von Verhaltensstörungen bei Demenz“ eine besondere aktuelle Bedeutung zu. Daten zu nichtkognitiven Symptomen bei Alzheimer-Demenz, die in randomisierten, kontrollierten klinischen Studien zu Galantamin als sekundäre Endpunkte erhoben wurden, weisen auf günstige Effekte des Acetylcholinesteraseinhibitors Galantamin hin. Auch für andere Acetylcholinesterasehemmer wurden diesbezügliche Befunde erhoben. Die Datenlage hat zwar bei keinem dieser Antidementiva zur Zulassung dieser speziellen Indikation ausgereicht, trotzdem sollten diese Wirksamkeitsdaten in der klinischen Praxis berücksichtigt werden, gewissermaßen als positiver Nebenaspekt der primär auf die Verbesserung kognitiver Störungen gerichteten Antidementiva-Therapie.
Die Übersichtsarbeit zum Thema „Duloxetin – Datenlage und Einsatz in der Praxis“, wird jeden interessieren, der sich mit der Behandlung von depressiven Patienten in der Klinik oder Praxis beschäftigt. Duloxetin, ein selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) und wie Venlafaxin ein sogenanntes „dual wirksames Antidepressivum“, hat eine hohe Verordnungshäufigkeit erreicht, was die große Akzeptanz dieses Antidepressivums in der klinischen Praxis widerspiegelt. Die Übersichtsarbeit stellt sehr detailliert die Daten aus klinischen Studien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit/Sicherheit zusammen und beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Wirkungsschwerpunkt „körperliche Schmerzen“. Insgesamt eine sehr gelungene und ausgewogene Darstellung, die dem Leser helfen wird, den Stellenwert von Duloxetin bei differenzialtherapeutischen psychopharmakologischen Entscheidungen in der klinischen Praxis evidenzbasiert einzuschätzen.
Drei kleinere Beiträge kommen aus dem Bereich der Arzneimittelvigilanz, und zwar aus dem „Agate-Projekt“. Befunden aus Pharmakovigilanzuntersuchungen wird eine besondere Praxisrelevanz/Alltagsrelevanz zugeschrieben. Wegen den großen einbezogenen Fallzahlen ergeben sich Gesichtspunkte, die aus kontrollierten klinischen Prüfungen, selbst aus großen Phase-IV-Untersuchungen, oft nicht erkennbar sind. Die Beiträge beziehen sich auf die „medikamentöse Therapie bei Persönlichkeitsstörungen“, auf das „Serotoninsyndrom unter einer Kombination von hochdosiertem Fluoxetin und Sibutramin“ und auf die „Reexposition mit Clozapin nach Arneimittelfieber“.
Die Rubrik „Referiert & kommentiert“ enthält wie immer eine Reihe interessanter aktueller Informationen.
Psychopharmakotherapie 2009; 16(06)