Prof. Dr. C. Hiemke, Mainz, Prof. Dr. G.Laux, Wasserburg, Prof. Dr. A. Saria, Innsbruck, Prof. Dr. G. Zernig, Innsbruck
Der rationale Einsatz von Medikamenten ist ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Therapie von Patienten mit psych-iatrischen Störungen. Dies gilt auch für die Behandlung forensisch-psychiatrischer Patienten. Letztere erhalten die gleichen Psychopharmaka wie allgemeinpsychiatrische Patienten. Doch im Unterschied zu den allgemeinpsychiatrischen Patienten ist bei forensischen Patienten die Behandlung des gewalttätigen Verhaltens beziehungsweise die Reduktion der Gefährlichkeit das vorrangige Behandlungsziel. Wegen fehlender Krankheitseinsicht ist bei vielen forensischen Patienten von einer minimalen Bereitschaft der Medikamenteneinnahme auszugehen. Es ist daher wichtig sicherzustellen, dass die Medikamente eingenommen wurden und dass durch die medikamentöse Behandlung Wirkspiegel eingestellt wurden, bei denen mit höchster Wahrscheinlichkeit mit Therapie- ansprechen gerechnet werden kann. Deshalb ist es bei diesen Patienten sinnvoll, die Medikamentenspiegel im Blut zu messen, das heißt, therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) während der stationären und ambulanten Behandlung anzuwenden.
Ob und in welchem Umfang von TDM in der forensischen Psychiatrie Gebrauch gemacht wird, ist bisher nicht systematisch erfasst. Ganz generell ist die medikamentöse Therapie forensischer Patienten wenig beforscht. Einen Einblick in die Psychopharmakotherapie forensisch-psychiatrischer Patienten und den Stellenwert von TDM für forensische Fragestellungen zu erhalten, war Ziel eines durch die TDM-Gruppe der Arbeitsgemeinschaft für Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie (AGNP) angeregten Treffens. Am 1. Februar 2008 haben sich forensische Psychiater, forensische Toxikologen und TDM-Experten in Igls bei Innsbruck versammelt. Ergebnisse des Treffens sind in diesem Heft in drei Beiträgen zusammengefasst.
Es werden die Resultate einer Umfrage an forensisch-psychiatrische Einrichtungen in Deutschland zum Einsatz von TDM von Laux berichtet. Unter Erstautorenschaft von Müller und Eusterschulte wird die Bedeutung von TDM für die medikamentöse Behandlung forensisch-psychiatrischer Patienten am Beispiel der Versorgung hessischer Patienten erläutert. Der dritte Beitrag unter der Erst- autorenschaft von Zernig befasst sich mit forensischen Aspekten des TDM aus einem anderen Blickwinkel. TDM kann nicht nur prospektiv zur Verbesserung der Behandlung forensischer Patienten beitragen, sondern auch retrospektiv zur Aufklärung von gerichtsanhängigen Schadensfällen unter Psychopharmakotherapie beitragen. Von einer Expertengruppe werden erstmalig Empfehlungen gegeben, wie durch die Messung von Medikamentenspiegeln in der Psychiatrie Schaden abwendbar ist, sowohl vom Patienten und dessen Angehörigen als auch vom behandelnden Arzt.
Psychopharmakotherapie 2009; 16(02)