Dr. Ellen Jahn, Frankfurt/M.
Die Behandlung der multiplen Sklerose (MS) ist schon deshalb eine große Herausforderung, weil die Verlaufsformen sehr unterschiedlich sind und Kriterien für individuelle Prognosen fehlen. Das Haupterkrankungsalter der MS liegt bereits um das 30. Lebensjahr. Sie ist damit die häufigste Erkrankung des zentralen Nervensystems bei jungen Erwachsenen. Daher steht die Erhaltung der Berufstätigkeit und Selbstständigkeit im Vordergrund der Therapie. Dieses Ziel kann umso eher erreicht werden, je früher und konsequenter Interferon beta-1b eingesetzt wird.
Frühzeitig behandeln
Darauf weisen die Daten der Langzeitstudie BENEFIT (Betaferon in newly emerging multiple sclerosis for initial treatment) hin, in der die frühzeitige Behandlung nach dem ersten Schub binnen fünf Jahren das Auftreten einer gesicherten MS um 37% senken konnte.
Ein späterer Therapiebeginn konnte kein vergleichbares Resultat mehr liefern. Dennoch profitieren Patienten auch dann noch von einem Einsatz des Interferons beta-1b: Bei schubförmig remittierendem Verlauf (RRMS) konnte die jährliche Schubrate um 34% gegenüber einer Plazebo-Behandlung reduziert werden und bei sekundär progredientem Verlauf (SPMS) zögerte Interferon beta-1b die Zunahme der körperlichen Behinderung von MS-Patienten noch entscheidend hinaus.
Ist eine Beeinflussung kognitiver Defizite möglich?
Während die Beeinträchtigung der Muskelkontrolle und Gangstörungen zu den gängigen Symptomen zählen, sind die vielfach auftretenden kognitiven Teilleistungsstörungen bei MS-Patienten weitaus weniger bekannt. Wie die Daten von Pilotstudien erkennen lassen, könnten diese Defizite durch die Gabe von Acetylcholinesterasehemmern positiv beeinflusst werden. Im ersten Halbjahr 2009 wird daher eine klinische Studie mit über 200 Patienten beginnen, in der die Wirksamkeit von Rivastigmin (transdermales Pflaster 9,5 mg/24 Std., Exelon®) in Kombination mit Interferon beta-1b (Extavia®) als immunmodulierende Basistherapie bei MS-Patienten untersucht wird.
Das Osteoporose-Risiko mindern
Eine weitere Studie ist für einen anderen Symptomkomplex, Osteoporose bei MS-Patienten, geplant. Da MS-Patienten ein hohes Osteoporose-Risiko haben, soll die Wirksamkeit des Bisphosphonats Zoledronsäure (Aclasta®) in einer großen Studie geprüft werden.
Zudem ist eine Untersuchung der aktuellen Versorgungssituation von MS-Patienten angelaufen. Denn bis zu 20% der MS-Patienten brechen ihre immunmodulierende Behandlung bereits innerhalb des ersten halben Jahres ab. Somit ist die Betreuung von zentraler Bedeutung. Dafür soll das Serviceprogramm Extracare sorgen, in dem Patienten durch speziell ausgebildete MS-Schwestern und Betreuer in ihrem persönlichen Umfeld über die Hintergründe der Erkrankung sowie die korrekte Injektionstechnik informiert und langfristig begleitet werden.
Quelle
Priv.-Doz. Dr. med. Volker Limmroth, Köln, Einführungs-Pressekonferenz „Lebe Dein Leben – trotz Multipler Sklerose“, Frankfurt, 22. Januar 2009, veranstaltet von Novartis Pharma.
Psychopharmakotherapie 2009; 16(02)