Depressionen

Behandlungsziel: komplexe Symptomatik vollständig beseitigen


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Bevorzugtes Behandlungsziel bei depressiven Patienten ist die vollständige Beseitigung aller Symptome der Erkrankung. Da die vielfältigen Symptome der Depression durch Störungen in verschiedenen Neurotransmittersystemen verursacht werden, reicht die alleinige Wiederaufnahmehemmung von Serotonin häufig nicht aus. In solchen Fällen ist es sinnvoll, auch die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin zu inhibieren. Dies hat zudem den Vorteil, die Sexualfunktion und das Körpergewicht unbeeinflusst zu lassen.

Einer Depression liegen heterogene Veränderungen im Gehirn zugrunde. Das Symptomprofil variiert sowohl inter- als auch intraindividuell. Die vielfältigen Symptome werden durch Störungen in verschiedenen Transmittersystemen verursacht. Dazu zählen neben Serotonin und Noradrenalin, auf denen bisher der Fokus der Therapie lag, auch Dopamin, Glutamat und Gamma-Aminobuttersäure (GABA). Diese Neurotransmitter regulieren synergistisch Stimmung, Kognition und Verhalten. Für eine optimale antidepressive Therapie sollten daher auch solche Transmitter anvisiert werden, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der Depression haben, aber durch selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) nicht beeinflusst werden können.

Residualsymptome – größtes Problem in der Depressionstherapie

Nach einer antidepressiven Therapie bleiben oft Residualsymptome bestehen. Zu den häufigsten Residualsymptomen nach einer SSRI-Therapie gehören Schlafstörungen, Fatigue, Interessenverlust, Schuldgefühle und Konzentrationsmangel. Diese Symptome stehen in Zusammenhang mit einem erhöhten Rückfallrisiko, einem kürzeren Zeitraum zwischen den Episoden, einem chronischen Verlauf, einer schlechten psychosozialen Funktion und einem erhöhten Suizidrisiko. Deshalb gilt mittlerweile die Remission als optimales Therapieziel. Remission bedeutet, dass die Depressionssymptome praktisch vollständig verschwunden sind und dass das soziale Leben nicht mehr beeinträchtigt ist. Die Remission ist dann erreicht, wenn der Hamilton-Depressions-Score (HAMD17) auf 7 oder tiefer gesunken ist.

Wegen der Vielfalt der den depressiven Symptomen zugrunde liegenden Transmitterstörungen lassen sich mit einem einzigen Antidepressivum nicht bei jedem Patienten alle Symptome beseitigen. Ärzte sollten daher die Medikation genau auf das Beschwerdebild des individuellen Patienten abstimmen. Bupropion (Elontril®), ein selektiver Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahmehemmer, kann eine sinnvolle Ergänzung zu anderen selektiv und nichtselektiv wirkenden Antidepressiva sein.

Bupropion: keine Sexual- und Gewichtsprobleme

Die aktuellen Ergebnisse einer Befragung von 211 Patienten mit Depression in Deutschland und Spanien hat ergeben, dass 40% der Betroffenen an Nebenwirkungen der Antidepressiva leiden. Müdigkeit, Gewichtszunahme und sexuelle Dysfunktion sind mit einer Hemmung der synaptischen Aufnahme von Serotonin unter Therapie mit SSRI und SNRI assoziiert. Rund ein Drittel der Patienten wurden deswegen auf eine andere Therapie umgestellt.

Da das Thema Sexualstörungen immer noch tabuisiert ist, müssen Ärzte damit rechnen, dass ihre Patienten nicht von sich aus über entsprechende Veränderungen berichten, und sollten daher depressive Patienten gezielt danach fragen. Patienten, die unter einer SSRI-Therapie schon Sexualstörungen entwickelt haben, können von einer Umstellung auf Bupropion profitieren. Im Vergleich zu SSRI und SNRI führt Bupropion deutlich seltener zu sexuellen Funktionsstörungen (Abb. 1). Zudem bleibt das Körpergewicht der Patienten selbst während einer einjährigen Therapiedauer konstant.

Abb. 1. Bupropion hat im Vergleich zu anderen Antidepressiva weniger Nebenwirkungen auf die sexuelle Funktionsfähigkeit (Subgruppenanalyse derjenigen Patienten, bei denen andere Ursachen für sexuelle Funktionsstörungen mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden konnten) [nach Clayton et al. 2002]

Hohe Remissionsraten

Die antidepressive Wirksamkeit von Bupropion ist mit der von SSRI vergleichbar, die Verträglichkeit jedoch besser. Außerdem gehen Somnolenz und Fatigue unter Bupropion stärker zurück als unter SSRI. Gute Erfahrung gibt es auch zur Rezidivprophylaxe. Unter Bupropion wurden ähnliche Remissionsraten erreicht wie unter SSRI. Im Vergleich zu Venlafaxin remittieren sogar signifikant mehr Patienten (28 vs. 37%, p<0,05).

Quellen

Prof. Dr. Michael Bauer, Dresden, Prof. Dr. Angel Montejo, Salamanca, Prof. Dr. George Papakosts, Boston, Satellitensymposium „Towards remission – balancing efficacy and tolerability“ und Pressekonferenz „Patient priorities in depression and insomnia“, veranstaltet von GlaxoSmithKline anlässlich des 21. ECNP-Kongresses, Barcelona, 2. September 2008.

Clayton AH, et al. Prevalence of sexual dysfunction among newer antidepressants. J Clin Psychiatry 2002;63:357–66.

Psychopharmakotherapie 2009; 16(02)