Dr. Beate Fessler, München
Mehr als 90% der Patienten mit einem Restless-Legs-Syndrom (RLS) leiden unter Schlafstörungen mit Tagesmüdigkeit, Schlaferwartungsangst bis hin zu Depression und Angstzuständen und, damit verknüpft, einer verminderten Lebensqualität. Viel zu selten werden die Schlafprobleme mit einem RLS in Verbindung gebracht.
Kardinalsymptom des RLS ist der Bewegungsdrang, der nahezu ausschließlich in Ruhe und Entspannung, und daher in aller Regel nachts, auftritt. Meist kommen Dysästhesien hinzu. Mehr als die Hälfte der Patienten, bei denen ein RLS diagnostiziert wird, klagt beim Arzt über Beinschmerzen, über 80% der Patienten zeigen im Schlaflabor periodische Beinbewegungen und bei etwa der Hälfte der RLS-Patienten haben bereits die Eltern unter dem kaum zu bremsenden Bewegungsdrang der Beine gelitten. Der Verlauf des RLS ist chronisch progredient, beginnend Mitte des dritten Lebensjahrzehnts, bei einem unauffälligen neurologischen Status.
Dopaminerge Therapie
Eine kausale Therapie des RLS steht nicht zur Verfügung. Die überwiegende Mehrheit der Patienten spricht jedoch gut auf eine dopaminerge Behandlung an. Zugelassen ist der Dopaminagonist Pramipexol (Sifrol®), der einen sehr deutlichen Effekt auf die periodischen Beinbewegungen besitzt.
Die meisten Patienten können unter Pramipexol gut schlafen. Bleibt der Schlaf aber trotz dopaminerger Therapie gestört, sollte im Schlaflabor geprüft werden, ob das RLS ausreichend behandelt ist, und die dopaminerge Medikation gegebenfalls angepasst werden. Indikationen für eine Polysomnographie bei RLS-Patienten sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tab. 1. Indikationen für eine Polysomnographie bei RLS-Patienten [nach Priv.-Doz. Dr. Heike Benes]
Zweifel an der Diagnose |
Tagesmüdigkeit als Leitsymptom |
Zusätzlicher Verdacht auf eine schlafbezogene Atmungsstörung |
Behandlungsbedürftiges RLS in jungem Alter |
Gutachtertätigkeit |
Bei Schlafstörungen trotz optimaler RLS-Therapie sollten auch psychiatrische Komorbiditäten ins Auge gefasst werden.
Kann indiziert sein: Zusatztherapie mit Antidepressiva
Depressive Symptome treten bei Patienten mit RLS-bedingten Schlafstörungen zwei- bis viermal häufiger auf als bei gesunden Kontrollpersonen, und damit etwa vergleichbar häufig wie bei Patienten mit einem chronischen Schmerzsyndrom. Eine komorbide Depression aber verschlechtert die Prognose, die Compliance sowie die Lebensqualität und erhöht die Morbidität. Zur Therapie der Depression im Rahmen eines RLS gibt es keine evidenzbasierten Daten. Bei leichter Depression ist es oft ausreichend, das RLS optimal zu therapieren. Bei mittelschwerer und schwerer persistierender Depression muss neben der effektiven RLS-Therapie auch antidepressiv behandelt werden. Die Wahl des Antidepressivums ist dabei individuell zu entscheiden. Stehen Schlafstörungen im Vordergrund, sollten sedierende Antidepressiva abends gegeben werden.
Wichtig ist auch die Aufklärung des Patienten über das RLS. Psychoedukation und gegebenenfalls auch eine Psychotherapie können den Behandlungserfolg unterstützen.
RLS und periphere Neuropathie
Die häufigste Differenzialdiagnose des RLS sind Schmerzerkrankungen, wie etwa eine periphere Neuropathie. Über 20% der Patienten mit einer peripheren Neuropathie leiden auch unter einem RLS. Die periphere Neuropathie kann ein RLS auch triggern. Besonders problematisch wird die Therapie, wenn beide Krankheitsbilder vorliegen.
Als Therapie der ersten Wahl gelten Dopaminergika, gegebenenfalls in Kombination mit Gabapentin (z.B. Neurontin®), Pregabalin (Lyrica®) oder auch Opioiden.
Quelle
Prof. Dr. Christian Gerloff, Hamburg, Prof. Dr. Karin Stiasny-Kolster, Marburg, Priv.-Doz. Dr. Magdolna Hornyak, Freiburg, Priv.-Doz. Dr. Heike Benes, Schwerin. Symposium „Wahrnehmung Restless Legs Syndrom: Schlaf, Schmerz, Psyche“, veranstaltet von Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG im Rahmen des 81. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Hamburg, 11. September 2008.
Psychopharmakotherapie 2009; 16(01)