Stefan Oetzel, Tübingen
Demenzen gehören zu den häufigsten und folgenreichsten psychiatrischen Erkrankungen im höheren Alter. In Deutschland leiden derzeit etwa eine Million Menschen darunter – mit steigender Tendenz. Zwei Drittel davon sind dem Alzheimer-Typ zuzurechnen. Etwa 60% der Patienten werden in Privathaushalten betreut, davon erhalten nur 15% einer bundesweiten Studie zufolge Antidementiva. Da die pflegenden Angehörigen häufig überfordert sind, werden viele Patienten über kurz oder lang in ein Pflegeheim eingewiesen. Um die Lebensqualität von Patienten und Angehörigen weitestgehend zu erhalten und somit eine häufig nicht gewünschte, teure Heimunterbringung hinauszuzögern, muss es daher das Ziel sein, die Patienten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt effektiv zu behandeln.
Mittel der ersten Wahl zur Therapie der leichten bis mittleren Alzheimer-Demenz sind nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) Cholinesterasehemmer wie Galantamin (Reminyl®). Von dessen Einsatz profitieren sowohl Patienten als auch deren Angehörige, wie zahlreiche kontrollierte Studien belegen. Auf Grundlage dieser Daten bestätigte das IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) in seinem Abschlussbericht, dass es unter Galantamin – neben der Wirksamkeit auf die Kognition – auch Hinweise auf eine Verbesserung der Alltagsaktivitäten und neuropsychiatrischen Symptome sowie auf einen reduzierten Pflegeaufwand gibt.
Initiative PAULA
Um Alzheimer-Patienten und ihr Umfeld in der ersten Zeit nach der Diagnose gezielt zu unterstützen, wurde die Initiative „PAULA“ (Patienten- und Angehörigen-Unterstützung im Leben mit Alzheimer) ins Leben gerufen. In der ersten Stufe dieses Projekts wurden niedergelassene Neurologen und Psychiater zu den Auswirkungen einer Behandlung mit Antidementiva auf ihre Patienten und deren Angehörige befragt. Die Auswertung der Antworten von 637 Ärzten brachte folgende Ergebnisse: Von den mehr als 58000 Alzheimer-Patienten werden etwa drei Viertel mit einem Antidementivum behandelt. Dabei bewerteten 71% der befragten Mediziner die Gesamtwirksamkeit von Galantamin bei mittelschwerer Alzheimer-Demenz am höchsten, während die übrigen im Fragebogen alternativ aufgeführten Präparate sehr viel seltener an erster Stelle genannt wurden (Abb. 1). Den Zeitaufwand der betreuenden Angehörigen schon im Stadium der leichten Alzheimer-Erkrankung schätzten die Nervenärzte auf täglich etwa 2½ Stunden. Diese Belastung kann zu schweren gesundheitlichen Problemen führen. So müssen etwa 20% der Angehörigen wegen psychischer Störungen, beispielsweise Depressionen, selbst medikamentös behandelt werden.
Abb. 1. Beurteilung unterschiedlicher Antidementiva bei mittelschwerer Alzheimer-Demenz. Von den befragten Medizinern stuften 71% Galantamin (Reminyl®) hinsichtlich der Gesamtwirksamkeit als bestes Präparat ein („Note 1“). Die übrigen wurden deutlich schlechter bewertet (Mehrfachnennungen waren möglich).
In der zweiten Phase des Projekts, die im Januar 2008 begonnen hat, führen Angehörige von neu diagnostizierten Alzheimer-Patienten über 12 Wochen ein Tagebuch und bewerten dort ihre eigene Befindlichkeit und den Betreuungsaufwand. Zusätzlich können die Angehörigen eine telefonische Beratung durch speziell ausgebildete Gesundheitscoaches in Anspruch nehmen.
Fazit
Die häusliche Pflege und Betreuung von Alzheimer-Patienten ist sehr aufwendig und belastet die Angehörigen in hohem Maße. Von einer sachgerechten Therapie mit dem Cholinesterasehemmer Galantamin profitieren nicht nur die Patienten selbst, sondern auch das Umfeld, wie Studienergebnisse belegen und das IQWiG bescheinigt. Die im Rahmen der Initiative PAULA befragten Fachärzte bestätigten die gute Gesamtwirksamkeit des Antidementivums anhand ihrer in der Praxis gewonnenen Erfahrung.
Quelle
Prof. Siegfried Weyerer, Mannheim, Prof. Matthias Riepe, Berlin. Pressekonferenz „Alzheimer-Demenz: die Initiative Paula – wirksame Unterstützung für Patienten und ihre Angehörigen“, veranstaltet von Janssen-Cilag GmbH, Berlin, 29. Januar 2008.
Psychopharmakotherapie 2008; 15(03)