Frühtherapie der multiplen Sklerose

Weniger Lokalreaktionen mit neuer Interferon-Formulierung


Dr. Beate Fessler, München

Bei der schubförmigen multiplen Sklerose sind Beta-Interferone als Basistherapie etabliert. Unangenehm, und oft auch Triebfeder für einen Therapieabbruch, sind lokale Reaktionen an der Injektionsstelle. Mit einer neuen Formulierung von Interferon beta-1a sind Juckreiz, Schmerzen und Brennen nach dem Einstich deutlich seltener.

Wie wichtig ein früher Therapiebeginn bei multipler Sklerose (MS) ist, zeigte unter anderem die ETOMS(Early treatment of multiple sclerosis)-Studie: Patienten, die nach einer ersten klinischen Episode und der Verdachtsdiagnose „MS“ mit Interferon beta-1a (Rebif®) behandelt wurden, entwickelten innerhalb der nächsten zwei Jahre deutlich seltener eine klinisch gesicherte multiple Sklerose als unter Plazebo (35% versus 45%). Die Therapie sollte nicht aufgeschoben werden, da es schon sehr früh im Krankheitsverlauf zu einer axonalen Schädigung kommt. Dementsprechend konnte in der ETOMS-Studie auch gezeigt werden, dass die Hirnatrophie unter Beta-Interferon-Gabe geringer ist.

Schon die PRISMS-Studie (PRISMS = Prevention of relapses and disability by interferon-beta 1a, rebif, subcutaneously in multiple sclerosis), die der Zulassung vorangegangen war, hatte unter anderem gezeigt, dass sich bei Plazebo-Patienten, die nach zwei Jahren auf Verum umgestellt werden, der Vorteil des frühen Therapiebeginns nicht mehr aufholen lässt.

Neue Formulierung – weniger Schmerzen an der Injektionsstelle

Allerdings klagen Patienten gerade innerhalb der ersten drei Behandlungsmonate über grippeähnliche Symptome, Muskelschmerzen und Müdigkeit sowie über lokale Reaktionen an der Injektionsstelle. Die Lokalreaktionen gehören zu den sieben häufigsten Gründen für einen Abbruch der Behandlung. Mit einer neuen Formulierung von Interferon beta-1a (Rebif® Neue Formulierung), die bereits seit August EU-weit zugelassen und ab Januar 2008 auch in Deutschland verfügbar ist, lässt sich die Rate lokaler Nebenwirkungen deutlich reduzieren. So kommt es unter dem neuen Präparat lediglich bei 30,8% der Patienten zu Schmerzen, Rötungen, Brennen, Juckreiz oder Schwellungen. Das entspricht einer Reduktion um 64% im Vergleich mit den Daten der EVIDENCE(Evidence of interferon dose-response: European North American comparative efficacy)-Studie, in der von 339 Patienten 85,8% über lokale Unverträglichkeiten berichteten. Auch Hautausschläge waren mit der neuen Formulierung seltener. Der Grund: Rebif® Neue Formulierung ist das erste MS-Therapeutikum, das beim gesamten Herstellungsprozess ohne Bestandteile menschlichen oder tierischen Ursprungs auskommt, und weist eine geringere Immunogenität auf.

REGARD: Vorteil für weniger vorgeschädigte Patienten

Neben Beta-Interferonen wird in der Basistherapie der schubförmigen multiplen Sklerose auch Glatirameracetat (Copaxone®) eingesetzt. Die Daten der kürzlich publizierten direkten Vergleichsstudie REGARD(Rebif versus glatirameracetat in relapsing remitting disease)-Studie zeigen nun, dass weniger vorgeschädigte Patienten mit schubförmig remittierender multipler Sklerose von einer Therapie mit Interferon beta-1a deutlich mehr profitieren. In der randomisierten, Untersucher-verblindeten Studie wurden 734 Patienten mit diagnostizierter multipler Sklerose, mehr als einem Schub innerhalb der letzten zwölf Monate und einem EDSS (Expanded disability status scale) zwischen 0 und 5,5 entweder mit Interferon beta-1a (44 µg s.c. 3-mal/Woche) oder Glatirameracetat (20 mg s.c. 1-mal/Tag) über 96 Wochen behandelt. Die beiden Regimes zeigten keinen signifikanten Unterschied bezüglich der Zeit bis zum ersten Schub (primärer Endpunkt). In der Subgruppe von Patienten mit einem EDSS-Score von maximal 2 dauerte es allerdings unter Interferon beta-1a signifikant länger bis zum ersten Schub. Auch die Entzündungsaktivität (T1 Gd+-Läsionen) lag deutlich niedriger.

Quelle

Priv.-Doz. Dr. med Andrew Chan, Bochum, Dr. Norbert Zessack, Unterschleißheim, interaktives MS-Symposium „Innovation und Erfahrung“, München, 17. November 2007, veranstaltet von Merck Serono.

Psychopharmakotherapie 2008; 15(02)