Depression

Bupropion vertreibt Anergie und fördert Vigilanz


Gabriele Blaeser-Kiel, Hamburg

Die soziale und berufliche (Re-)Integration depressiver Patienten nach Remission der akuten Episode wird in einem nicht unerheblichen Ausmaß durch residuale Müdigkeit/Erschöpfung oder therapiebedingte Sedierung behindert. Das Risiko scheint bei Behandlung mit Bupropion geringer zu sein als bei Einsatz eines SSRI.

Antriebsmangel und erhöhte Ermüdbarkeit, die jede Aktivität als anstrengend und nicht zu bewältigen erscheinen lassen, sind ebenso ein Kernsyndrom der Depression wie die emotionale Verstimmung. Sie sprechen jedoch der klinischen Erfahrung zufolge schlechter auf die Therapie mit den heute präferierten selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) an. Das könnte damit zusammenhängen, dass Funktionen wie Antrieb und Aufmerksamkeit, Wachheit und Energie weniger über das serotonerge System als vielmehr über dopaminerge und noradrenerge Mechanismen gesteuert werden.

Als – wissenschaftlich wohl unzulässiger, aber für den Praxisalltag sicherlich relevanter – Beweis dieser Hypothese können die klinischen Erfahrungen mit Bupropion angesehen werden. Der bisher einzige selektive Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (NDRI) gehört in den USA als Wellbutrin® schon seit vielen Jahren zu den am häufigsten eingesetzten Antidepressiva und kann seit 2007 auch in Deutschland als Elontril® in XR-Galenik (extended release) zur einmal täglichen Einnahme verordnet werden.

Richtungsweisend ist unter anderem die gemeinsame Auswertung von sechs in den USA durchgeführten doppelblinden Vergleichen (n=1882) von Bupropion mit verschiedenen SSRI. Zunächst ergab sich für den Endpunkt „Remission“ (Gesamtscore ≤7 auf der Hamilton Depression Rating Scale) ein nahezu identischer Vorteil gegenüber Plazebo (p<0,0001). Den Unterschied zwischen den Wirkprinzipien zeigte erst die differenzierte Analyse nach Symptomclustern wie „Fatigue/Anergie“ (Item 13 der HAMD-31) und „Hypersomnie/Tagesmüdigkeit“ (Item 22, 23, 24 der HAMD-31). Diese Krankheitsmerkmale hatten statistisch signifikant besser (p=0,0078 und p<0,0001) auf den NDRI als auf die SSRI (Fluoxetin, Sertralin, Paroxetin) angesprochen und waren auch dementsprechend häufiger nach Remission nicht mehr nachweisbar (Tab. 1).

Tab. 1. Prävalenz der Symptomcluster „Fatigue/Anergie“ und „Hypersomnie/Tagesmüdigkeit“ nach Remission unter der Behandlung mit Bupropion oder einem SSRI – gepoolte Analyse von 6 Studien [nach 2]

Symptomcluster

Prävalenz [%]

Bupropion

SSRI

Hypersomnie/Tagesmüdigkeit (HAMD-31-Items 22, 23, 24)

20,5*

32,1*

Fatigue/Anergie (HAMD-31-Item 13)

19,5**

30,2*

* p=0,015, ** p=0,002

In einer weiteren Metaanalyse von sieben doppelblinden Bupropion/SSRI-Vergleichsstudien (n=2030) lag der Fokus auf der Verträglichkeit. Dabei wurde der vigilanzfördernde Effekt von Bupropion beziehungsweise das Fehlen einer sedierenden Komponente bestätigt. Somnolenz war als Nebenwirkung in den Bupropion-Kollektiven statistisch signifikant seltener dokumentiert worden als unter SSRI-Behandlung, nämlich bei 3% versus 12% (p=0,01). Die Inzidenz war sogar niedriger als in der Kontrollgruppe (5%).

Quellen

1. Dr. med. Mazda Adli, Berlin, Prof. Dr. med. Göran Hajak, Regensburg, Satellitensymposium „Das dopaminerge Gesicht der Depression“, veranstaltet von GlaxoSmithKline im Rahmen des DGPPN-Kongresses 2007, Berlin, 23. November 2007.

2. Papakostas GI, et al. Resolution of sleepiness and fatigue in major depressive disorder: a comparison of bupropion and the selective serotonin reuptake inhibitors. Biol Psychiatry 2006;60:1350–5.

3. Thase ME, et al. Remission rates following antidepressant therapy with bupropion or selective serotonin reuptake inhibitors: a meta-analysis of original data from 7 randomized controlled trials. J Clin Psychiatry 2005;66:974–81.

Psychopharmakotherapie 2008; 15(02)