Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen
Eine der wesentlichen Kenngrößen, die auf Stroke-Units überwacht werden, ist der Glucosespiegel. Grund dafür sind epidemiologische und Fall-Kontroll-Studien, die zeigen, dass sowohl erhöhte Glucosewerte zum Zeitpunkt des Schlaganfalls als auch in den ersten Tagen nach dem Schlaganfall die Prognose eines Schlaganfalls ebenso verschlechtern wie ein manifester Diabetes mellitus. Es lag daher nahe, eine randomisierte Studie durchzuführen, in der eine aggressive Senkung der Blutglucosespiegel bei Schlaganfall-Patienten verglichen wird mit einer Kontrollgruppe, die keine blutzuckersenkende Behandlung erhält.
Studiendesign
Die Studie begann in Großbritannien im Jahr 1998 und wurde 2005 abgebrochen. Eingeschlossen wurden Patienten innerhalb von 24 Stunden nach einem Schlaganfall mit initialem Blutglucosespiegel zwischen 6,0 und 17,0 mmol/l (100–300 mg/dl). Die Patienten erhielten über 24 Stunden entweder eine Infusion mit Insulin, Glucose und Kalium oder physiologische Kochsalzlösung. In der aktiven Behandlungsgruppe sollten Glucosewerte zwischen 4 und 7 mmol/l (72–126 mg/dl) erreicht werden. Der primäre Endpunkt war Tod nach 90 Tagen und der sekundäre Endpunkt Tod und die Verhinderung schwerer Behinderung, definiert auf der modifizierten Rankin-Skala mit Werten zwischen 4 und 6, nach 90 Tagen.
Ergebnis
Die Studie wurde wegen langsamer Rekrutierung beendet, nachdem 933 Patienten eingeschlossen waren. Die statistische Powerkalkulation hatte zuvor ergeben, dass 2355 Patienten notwendig wären, um einen signifikanten Unterschied zu zeigen. In der aktiven Behandlungsgruppe wurden signifikant niedrigere Blutglucosespiegel erreicht, als in der Gruppe, die physiologische Kochsalzlösung erhielt. Für den primären Endpunkt ergaben sich keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Die Zahl der Todesfälle betrug in der aktiven Behandlungsgruppe 139, dies entspricht 30%, und in der Kontrollgruppe 128, dies entspricht 27,3%. Auch für den sekundären Endpunkt und für den Barthel-Index ergaben sich nach 90 Tagen keine signifikanten Unterschiede.
Kommentar
Diese Studie aus England, die über einen Zeitraum von acht Jahren durchgeführt wurde, hat auf den ersten Blick ein frustrierendes Ergebnis. Glaubt man den Ergebnissen dieser Studie, hätte es keinen Sinn, erhöhte Blutglucosespiegel beim akuten Schlaganfall aggressiv zu senken. Es muss hier kritisch angemerkt werden, dass eine Patientenzahl von 933 Patienten nicht ausreichend ist, um die hier gestellte Frage mit einer ausreichenden statistischen Power zu beantworten. Darüber hinaus ist eine aggressive Glucosesenkung in den ersten 24 Stunden mit Sicherheit nicht ausreichend, um Langzeiteffekte zu erzielen. Daher sollte sich im Moment auch an den Empfehlungen in den Therapieleitlinien zur Behandlung des akuten Schlaganfalls nichts ändern, und erhöhte Glucosewerte sollten weiterhin gesenkt werden. Es wäre allerdings schön, wenn es noch einmal gelingen würde, eine größere Studie mit längerer Behandlungsdauer zu organisieren.
Quelle
Gray CS, et al. for the GIST Trialists Collaboration. Glucose-potassium-insulin infusions in the management of post-stroke hyperglycaemia: the UK Glucose Insulin in Stroke Trial (GIST-UK). Lancet Neurology 2007;6:397–406.
Psychopharmakotherapie 2007; 14(06)