Autoimmunkrankheiten

Hoch dosiertes Cyclophosphamid bei schwerer multipler Sklerose


Rosemarie Ziegler, Albershausen

Die viertägige Verabreichung hoch dosierten Cyclophosphamids an eine kleine Patientengruppe mit refraktärer multipler Sklerose stabilisierte die Krankheit und verbesserte Körperfunktionen und Lebensqualität.

Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche, demyelinisierende Autoimmunkrankheit des Zentralnervensystems, die zu schwerer körperlicher Behinderung führt. Zurzeit kann die Krankheit zwar nicht geheilt, ihr natürlicher Verlauf jedoch mit Immunsuppressiva und Immunmodulatoren verlangsamt werden.

Cyclophosphamid (Endoxan®) ist ein Prodrug; seine DNS-alkylierenden Metaboliten verhindern die Proliferation von B- und T-Zellen. Seit 1996 wurde vielfach gezeigt, dass hoch dosiertes Cyclophosphamid bei verschiedenen schweren, refraktären Autoimmunerkrankungen die Krankheitsaktivität senkt.

Solche Ergebnisse bildeten die Grundlage für eine Interventionsstudie in New York, an der 13 MS-Patienten mit einem durchschnittlichen Behinderungswert von 6,5 auf der EDSS (Expanded disability status scale) teilnahmen. Die Kranken hatten mindestens zwei von der FDA zugelassene, aber fehlgeschlagene Therapien mit Interferonen, Mitoxantron und/oder anderen krankheitsmodifizierenden Mitteln hinter sich und erhielten jetzt über vier Tage hinweg 200 mg Cyclophosphamid/kg Körpergewicht (plus angemessene Prophylaxe gegen hämorrhagische Zystitis, bakterielle, virale und Pilz-Infektionen sowie Neutropenie; bei starker Anämie erfolgten Bluttransfusionen). Die Patienten wurden zwei Jahre lang nachbeobachtet, wobei alle sechs Monate Magnetresonanztomographien (MRT) des Gehirns und neuro-ophthalmologische Untersuchungen gemacht und vierteljährlich Behinderungsstatus und Lebensqualität bewertet wurden.

Die viertägigen Infusionen wurden allgemein gut vertragen, unerwartete und nachhaltige Nebenwirkungen traten nicht auf. Zwölf Patienten waren klinisch auswertbar. Bei keinem nahm während der Nachuntersuchungszeit die Behinderungseinstufung (EDSS) um mehr als einen Punkt zu, bei fünf Patienten sank der EDSS-Score um 1 bis 5 Punkte. Kein Patient hatte eine neue Läsion im zerebralen MRT und bei niemandem wurden Gadolinium-anreichernde Herde nachgewiesen. Neurologische Verbesserungen zeigten sich in drei Bereichen: dem Gang (3 Patienten erreichten wieder den voll gehfähigen Status), der Blasenkontrolle und der visuellen Funktion (Sehschärfe und Farbwahrnehmung). Die Patienten berichteten Besserungen in allen bewerteten Parametern der Lebensqualität, unabhängig von Veränderungen im Behinderungsstatus. Die Analyse nach einem Jahr und die letzte Nachuntersuchung zeigten, dass die Wirkungen der einmaligen hoch dosierten Cyclophosphamid-Gabe dauerhaft sind und keine Beziehung zur vorübergehenden, durch die Chemotherapie induzierten Neutropenie hatten.

Quelle

Gladstone DE, et al. High-dose cyclophosphamide for moderate to severe multiple sclerosis. Arch Neurol 2006;63:1388–93.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(03)