Dr. Heike Oberpichler-Schwenk, Stuttgart
Zonisamid wurde 2005 in Europa als Zusatztherapie bei fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung zugelassen. Längere Erfahrungen mit insgesamt mehr als 2 Mio. Patientenjahren gibt es aber bereits aus Japan (Zulassung 1989) und den USA (Zulassung 2000). Langzeitbeobachtungen von Studienpatienten bis zu 54 Monaten belegen eine anhaltende Reduktion der Anfallsfrequenz um rund 70%.
Der Deutsch-Österreichisch-Schweizer Arbeitskreis Epilepsie hat eine multizentrische Erhebung der Langzeiterfahrungen mit Zonisamid begonnen. Bisher liegen aus Deutschland Daten von 81 Patienten mit therapieresistenter fokaler Epilepsie vor, die bei einer durchschnittlichen Erkrankungsdauer von 27 Jahren im Durchschnitt bereits mit mehr als 9 Antikonvulsiva behandelt worden waren. Die im Mittel 7-monatige (1,5 bis 13 Monate) Behandlung mit Zonisamid in einer mittleren Dosis von 257 mg/d (100 bis 600 mg/d) als Zusatztherapie führte bei 39,5% der Patienten zu einer Anfallsreduktion (21% Reduktion um bis zu 50%, 16% um mehr als 50%, 2,5% anfallsfrei). Keine ausreichende Wirkung hatte Zonisamid bei 46% der Patienten, bei den restlichen nahm die Anfallsfrequenz zu. Mehr als die Hälfte der Patienten (58%) hatte keine unerwünschten Wirkungen. Als Nebenwirkungen wurden am häufigsten Gewichtsabnahme (17%) und Müdigkeit (15%) mitgeteilt, gefolgt von Antriebsminderung (9%), Stimmungsänderungen (5%), abdominalen Symptomen und Konzentrationsstörungen (je 4%).
Diese Beobachtungen stehen in Einklang mit Verträglichkeitsdaten aus Langzeitbeobachtungen von Studienpatienten. Dort traten bei 19,4% mentale Störwirkungen auf, davon am häufigsten (16,3%) Müdigkeit, im übrigen vor allem gereizte Spannung, die bis zur Psychose (0,7%) gesteigert sein konnte. Bedenkenswert ist weiterhin ein erhöhtes Risiko für Nierensteine, die in den Zulassungsstudien bei 3,3% der mit Zonisamid behandelten Patienten auftraten. Inzwischen hat sich gezeigt, dass dieses Risiko vor allem bei Dosierungen >600 mg/d und bei längerer Behandlungsdauer besteht. Vorsicht ist bei prädisponierten Patienten geboten (Familienanamnese!), außerdem sollten die Patienten angehalten werden, ausreichend zu trinken. In der breiten Anwendung scheint das Problem gering zu sein. Das Gleiche gilt für allergische Hautreaktionen aufgrund der Sulfonamid-Gruppierung im Zonisamid-Molekül. Dennoch sollte Zonisamid bei einer Sulfonamid-Allergie in der Anamnese nicht verordnet werden.
Früh mit Zonisamid kombinieren?
Zonisamid wird als Zusatzantikonvulsivum bislang oft erst dann verordnet, wenn bereits verschiedene Kombinationen mit unbefriedigendem Ergebnis eingesetzt worden sind. Aber auch schon eine frühe Kombinationstherapie mit Zonisamid kann nützlich sein. Darauf weist eine Subanalyse einer 36-wöchigen Doppelblindstudie hin, in der 351 Patienten mit unzureichend kontrollierter fokaler Epilepsie nach einer 12-wöchigen Baseline-Beobachtungsphase auf eine Zusatzbehandlung 100, 300 oder 500 mg/d Zonisamid im Vergleich zu Plazebo eingestellt wurden (Brodie et al. 2005). 81 Patienten hatten bislang nur ein Antikonvulsivum erhalten (in gut der Hälfte der Fälle Carbamazepin), waren also vermutlich weniger therapierefraktär als die übrigen Patienten. Auch in dieser Gruppe hatte Zonisamid eine ausgeprägte Wirkung. Es verringerte in Tagesdosen von 300 oder 500 mg die Anfallsfrequenz im Median um über 50% (Plazebo: 30%) und ermöglichte bei mehr als der Hälfte der Patienten einen Rückgang der Anfallsfrequenz um mehr als 50% (Responder; Abb. 1).
Abb. 1. Zusatztherapie mit Zonisamid bei Patienten mit fokaler Epilepsie, die bislang nur ein Antikonvulsivum eingenommen haben (Auswertung für Wirksamkeitspopulation, d.h. die Patienten, die in der vorgelagerten Beobachtungsphase mindestens 4 Anfälle/Monat hatten und die Studienmedikation mindestens 10 Wochen lang eingenommen haben) [nach Mayer et al., ENS 2005]
Generell gilt für die Kombinationstherapie mit Antikonvulsiva, dass die Wirkstoffe möglichst unterschiedliche Wirkungsmechanismen und eine kompatible Pharmakokinetik aufweisen sollten. Zonisamid bietet sich an, weil es multiple Wirkungsmechanismen hat. Eine Kombination mit Topiramat ist gleichwohl ungünstig, da zum Teil ähnliche unerwünschte Wirkungen (z.B. Parästhesien, Nierensteine) möglich sind, die sich verstärken können.
Quellen
Prof. Dr. med. Bernhard Steinhoff, Kehl-Kork, Dr. med. Thomas Mayer, Radeberg, Presse-Workshop „Zonegran® – Gute Erfahrung zieht weite Kreise“, Mannheim, 21. September 2006, veranstaltet von Eisai GmbH.
Mayer T, et al. Efficacy and safety of zonisamide as an adjunctive drug therapy for partial epilepsy uncontrolled with one antiepileptic drug [Poster]. 15th Annual Meeting of the European Neurological Society, Wien, 20. Juni 2005.
Psychopharmakotherapie 2007; 14(01)