Schizophrenie

Was hat der Patient von der Therapie?


Dr. Heike Oberpichler-Schwenk, Stuttgart

Die patientenrelevanten Ergebnisse der Schizophrenie-Behandlung erschöpfen sich nicht in der Abnahme der Psychopathologie. Aspekte des sozialen Lebens und der Alltagsfunktionen sind Therapieziele, die vor allem langfristig höhere Relevanz für die Patienten haben. Noch besteht kein Konsens über geeignete Erfassungsinstrumente. Eine aktuelle Entwicklung ist die Personal and Social Performance Scale (PSP).

Primäres Ziel der Schizophrenie-Therapie sind die Verbesserung der Psychopathologie (dargestellt z.B. durch einen verbesserten PANSS-Wert) und ein möglichst langer Erhalt der Rezidivfreiheit. Daneben gibt es jedoch weitere patientenrelevante Therapieziele. Dazu gehören zum Beispiel das soziale Funktionsniveau und die kognitiven Fähigkeiten des Patienten – auch als Voraussetzung seiner Alltagsfunktion sowie seiner schulischen oder beruflichen Rehabilitation –, seine Lebensqualität sowie die Beeinflussung von Schizophreniesymptomen, die durch die üblichen Psychopathologie-Skalen nur unzureichend abgebildet werden (z.B. Depressivität, über die viele Patienten klagen und die nicht mit Negativsymptomen gleichzusetzen ist).

Daraus ergibt sich die Frage, wie diese Aspekte in die Beurteilung einer Schizophrenie-Therapie einfließen können, um ein möglichst vollständiges Bild vom Behandlungsergebnis („outcome“) zu erhalten. Eine amerikanische Arbeitsgruppe (Nasrallah et al., 2005) hat vorgeschlagen, folgende Outcome-Bereiche zu erfassen:

 Krankheitssymptome (Positiv- und Negativsymptome, kognitive Dysfunktion, affektive und Angstsymptome)

 Belastung durch die Therapie (Nebenwirkungen, Lebensqualität, Compliance)

 Belastung durch die Krankheit (Funktionsniveau, Rehabilitations- und Berufsfähigkeit)

 Gesundheit und Wohlbefinden

Allerdings gibt es anerkannte Standardmessverfahren lediglich für die Positiv- und Negativsymptome sowie für extrapyramidal-motorische Störungen. In den anderen Bereichen besteht noch kein Konsens über die anzuwendenden Verfahren. Insbesondere für die Anwendung im therapeutischen Alltag, also außerhalb klinischer Studien, ist es wichtig, eine zuverlässige, reproduzierbare Beurteilung mit möglichst geringem Zeitaufwand zu erzielen. Der Bedarf an solchen Messinstrumenten wird wahrscheinlich auch deshalb zunehmen, weil Therapieentscheidungen damit transparent gemacht werden können. Das gewinnt mit der zunehmenden Einführung von integrierten Versorgungsformen und standardisierten Behandlungspfaden an Bedeutung.

Wichtig im Alltag – das Funktionsniveau

Ein bereits breit eingesetztes Instrument, um das Funktionsniveau von Patienten zu bestimmen, ist die GAF-Skala (Global assessment of functioning), die sich als zuverlässig und von guter diskriminativer und Vorhersage-Validität erwiesen hat und wenig zeitaufwendig ist. Kritisiert wurde allerdings, dass psychopathologische Symptome damit nicht genügend abgrenzbar seien; Achse-I- und Achse-II-Symptome sollten aber bei der Messung des Funktionsniveaus keinen Einfluss haben. Aus dieser Kritik heraus wurden zwei weitere Skalen entwickelt, die SOFAS (Social and occupational functioning assessment scale) zum Messen des sozialen und beruflichen Funktionsniveaus und die GARFS (Global assessment of relational functioning scale) zur Beurteilung des Funktionsniveaus in Familie und Freundeskreis. Doch auch die SOFAS weist Schwächen auf; so gibt es keine klaren operationalen Anweisungen zur Ermittlung des Scores, dieses Problem wird verstärkt durch einige sprachliche Unschärfen, zudem werden unter „beruflichen Aktivitäten“ keine Tätigkeiten im Haushalt beschrieben.

In dem Bemühen, diese Schwächen zu bereinigen, entstand als Weiterentwicklung der SOFAS die Personal and Social Performance Scale (PSP). Der Arzt beurteilt dabei, ob in den vier Bereichen

 Sozial nützliche Tätigkeiten, einschließlich Arbeit oder Ausbildung

 Persönliche und gesellschaftliche Beziehungen

 Selbstversorgung

 Störendes und aggressives Verhalten

Probleme nicht bestehen, leicht ausgeprägt, manifest, deutlich, schwer oder sehr schwer sind. Daraus ergibt sich anhand einer Zuordnungsvorschrift die Einordnung in eines von zehn 10-Punkt-Intervallen, innerhalb dessen noch eine subjektive Feinabstufung vorgenommen werden kann. Die Skala konnte eine große Varianz im Score abbilden (Bereich 16 bis 83 Punkte), weist eine gute Inter-Rater-Reliabilität auf – auch bei nichtärztlichem Personal – und ist schnell durchführbar. Sie könnte sich daher zum breiten Einsatz in der Therapiekontrolle bei Schizophrenie-Patienten eignen.

Im Rahmen klinischer Studien wurde die PSP-Skala eingesetzt, um die Wirkung einer Therapie mit Paliperidon auf das Funktionsniveau zu beurteilen. Paliperidon wurde dabei in einer verzögert freisetzenden Formulierung (OROS®) eingesetzt, und zwar in drei parallelen Plazebo-kontrollierten, randomisierten Doppelblindstudien mit 630, 444 und 618 Patienten in einer akuten schizophrenen Episode. Die PSP-Werte verbesserten sich, ausgehend von 44 bis 50 Punkten, während der sechswöchigen Behandlung mit Paliperidon um durchschnittlich 7 bis 12 Punkte, was in den meisten Fällen dem Wechsel in die nächstbessere Kategorie entspricht.

Quellen

Prof. Dr. Georg Juckel, Bochum, Dr. Andreas Schreiner, Neuss, Journalisten-Workshop „Outcomeparameter in der Schizophrenietherapie: Sind sie noch zeitgemäß?“, Bergisch Gladbach, 28. bis 29. März 2006, veranstaltet von Janssen-Cilag.

Nasrallah HA, et al. Defining and measuring clinical effectiveness in the treatment of schizophrenia. Psychiatr Serv 2005;56:273–82.

Psychopharmakotherapie 2006; 13(03)