Progression bei Demenz

Vitamin E und Donepezil bei leichten kognitiven Einschränkungen


Prof. Dr. med. H. C. Diener, Essen

Vitamin E ist zur Prävention einer Alzheimer-Krankheit nicht wirksam. Unter Donepezil kommt es initial zu einer geringeren Progressionsrate zur Alzheimer-Krankheit, die aber über einen Zeitraum von 36 Monaten nicht anhält.

Cholinesterase-Hemmer wie Donepezil (Aricept®) sind zur Behandlung der manifesten Alzheimer-Krankheit zugelassen. Die bisherigen Studien weisen überwiegend daraufhin, dass es sich bei der Wirkung von Cholinesterase-Hemmern um einen symptomatischen Effekt handelt. Eine neuroprotektive Wirkung am Menschen ist bisher nicht nachgewiesen. Tierexperimente legen allerdings nahe, dass Donepezil möglicherweise neuroprotektiv wirksam sein könnte. Eine frühere Studie hatte außerdem Hinweise darauf ergeben, dass Vitamin E als Fänger freier Radikale möglicherweise bei der Behandlung der Alzheimer-Krankheit wirksam ist. Eine leichte kognitive Einschränkung (mild cognitive impairment) ist eine Vorstufe einer Demenz. Rein theoretisch müsste es besonders sinnvoll sein, in diesem Vorstadium einer Demenz therapeutisch einzugreifen, solange noch potenziell zu rettende Neuronen vorhanden sind.

In eine doppelblinde, multizentrische, Plazebo-kontrollierte Studie wurden Patienten mit leichter kognitiver Einschränkung eingeschlossen. Diagnostiziert wurde dies mit Hilfe der Clinical-Dementia-Rating-Scale (Einschlusskriterium 0,5) und der Mini-Mental-State-Examination mit Werten zwischen 24 und 30. Das Alter lag zwischen 55 und 90 Jahren. Die Patienten erhielten entweder 2000 I.E. Vitamin E/Tag, 10 mg Donepezil oder Plazebo. Die Behandlungsdauer erstreckte sich über drei Jahre. Der primäre Endpunkt der Studie war die Entwicklung einer möglichen oder wahrscheinlichen Alzheimer-Krankheit.

790 Patienten wurden randomisiert und 769 Patienten schlossen die Eingangsuntersuchungen ab.

Im Laufe der Studie entwickelten 214 Teilnehmer eine Demenz. Dies entspricht einer Progressionsrate zur Alzheimer-Krankheit von 16%/Jahr. Donepezil schien anfänglich die Progressions zu verzögern, nach drei Jahren ergaben sich jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Behandlungsgruppen in Bezug auf die Progression einer leichten kognitiven Einschränkung zur Alzheimer-Demenz. Das Vorhandensein des APOE-ε4-Allels war ein wesentlicher Prädiktor für eine Progression zur Alzheimer-Krankheit. Dies galt für alle drei Behandlungsgruppen. Unter Donepezil kam es als Nebenwirkung zu Muskelkrämpfen, gastrointestinalen Symptomen und Schlafstörungen. Vitamin E und Plazebo hatten erwartungsgemäß signifikant weniger Nebenwirkungen.

Kommentar

Diese große vom National Institute of Aging unterstützte Studie hat wichtige klinische Implikationen. Sie zeigt nämlich, dass weder Vitamin E noch Donepezil in der Lage sind, den Übergang von einer leichten kognitiven Einschränkung zu einer manifesten Alzheimer-Demenz zu verhindern. Dies macht auch sehr wahrscheinlich, dass beide Therapieansätze keine primär neuroprotektiven Eigenschaften haben. Die Studie beobachtete allerdings einen interessanten Trend, nämlich dass Donepezil möglicherweise bei Patienten, die das APOE-Allel tragen, wirksam sein könnte. Um dies zu belegen, müsste aber nochmals eine getrennte Studie in dieser Patientenpopulation durchgeführt werden

Quelle

Petersen RC, et al. for the Alzheimer’s Disease Cooperative Study Group. Vitamin E and donepezil for the treatment of mild cognitive impairment. N Engl J Med 2005;352:2379–88.

Psychopharmakotherapie 2006; 13(03)