Obstruktive Schlaf-Apnoe

Histamin-H3-Rezeptor-Antagonist bessert die exzessive Tagesmüdigkeit


Christine Vetter, Köln

Ziel bei der Behandlung der obstruktiven Schlaf-Apnoe (OAS) ist nicht nur das Beheben der Apnoe-Phasen im Schlaf. Es geht auch darum, die durch die OAS bedingte exzessive Tagesmüdigkeit vieler Patienten zu mindern. Eine neue Option, dieses Therapieziel zu erreichen, bietet der Wirkstoff Pitolisant als erster für diese Indikation zugelassener Histamin-H3-Rezeptor-Antagonist. Die Anwendung wurde bei einer Pressekonferenz der Firma Bioprojet vorgestellt.

Patienten mit einer OAS weisen sehr häufig eine erhebliche Tagesmüdigkeit mit zum Teil zwanghafter Einschlafneigung auf. Die Patienten reagieren rasch reizbar, leiden unter Fatigue und kognitiven Einschränkungen. Sie entwickeln Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, neigen dazu, beim Autofahren einzuschlafen, was eine erhöhte Unfallneigung bedingt, und sie sind in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt. Sie bekommen zudem oftmals Probleme am Arbeitsplatz und auch im sozialen Umfeld.

Zu erfassen ist die Tagesmüdigkeit mittels standardisierter Fragebögen wie der Epworth Sleepiness Scale (ESS), durch Untersuchungen im Fahrsimulator und/oder durch den MSLT-Test (Multiple Sleep Latency Test).

Behandelt wird die OAS üblicherweise mit einer CPAP(Continuous positive airway pressure)-Therapie. Damit ist es jedoch nicht immer möglich, eine volle Krankheitskontrolle zu erwirken, sodass oft weiterhin eine erhöhte Tagesmüdigkeit besteht. Außerdem lehnen nicht wenige Patienten die CPAP-Behandlung rigoros ab oder kommen mit dieser Form der Überdruckbehandlung nicht zurecht.

Pitolisant als neue Therapieoption

Mit Pitolisant (Ozawade®) ist nunmehr ein Histamin-H3-Rezeptor-Antagonist zur Behandlung der Tagesmüdigkeit bei OAS-Patienten verfügbar geworden. Der Wirkstoff ist bereits zur Therapie der Narkolepsie zugelassen (Wakix®) und kann infolge einer Zulassungserweiterung nun auch bei Patienten angewendet werden, bei denen keine adäquate Therapie der Schlaf-Apnoe möglich ist und/oder trotz dieser Behandlung weiterhin eine Tagesmüdigkeit mit erhöhter Einschlafneigung besteht.

Dass Pitolisant auch bei einer residualen Tagesmüdigkeit wirksam ist, belegen die Ergebnisse einer Studie bei 144 Patienten mit einem mittleren Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) von 4,2/h unter einer CPAP-Therapie und einem ESS-Score von 14,7 bei guter CPAP-Adhärenz der Patienten. Die Studienteilnehmer wurden randomisiert mit Pitolisant oder Placebo behandelt, wobei Pitolisant schrittweise auf die individuell verträgliche Dosis zwischen 5 mg und 20 mg eingestellt wurde. Die Studienmedikation wurde innerhalb von einer Stunde nach dem Aufwachen eingenommen. Unter dem Histamin-H3-Rezeptor-Antagonisten kam es zu einer signifikanten Reduktion des ESS-Scores um durchschnittlich 2,6 Punkte [1]. Die noch unpublizierten Ergebnisse einer Extensionsstudie belegen inzwischen auch eine anhaltende klinische Wirksamkeit von Pitolisant über die komplette Beobachtungszeit von nunmehr einem Jahr.

Forcierte histaminerge Signalübertragung im Gehirn

Vermittelt wird der Therapieeffekt von Pitolisant durch eine Blockierung der Histamin-Autorezeptoren im Gehirn, die die Ausschüttung von Histamin im zentralen Nervensystem hemmen. Es resultiert eine Aktivierung histaminerger Neuronen und eine erhöhte Histaminfreisetzung. Die forcierte histaminerge Signalübertragung im Gehirn hat dabei eine erhöhte Wachheit und Aufmerksamkeit zur Folge. Pitolisant wirkt auch auf weitere Neurotransmittersysteme und steigert unter anderem die Ausschüttung von Acetylcholin, Noradrenalin und Dopamin im Gehirn.

Die häufigsten Nebenwirkungen der Therapie sind Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit. Besonders vorteilhaft ist andererseits, dass es im Langzeitverlauf nicht zu einer Toleranzentwicklung kommt und dass Pitolisant durch seinen speziellen Wirkungsmechanismus keine psychostimulierenden Eigenschaften besitzt und keine Abhängigkeitsproblematik fördert. Es kommt ferner nicht zu kardiovaskulären Veränderungen, insbesondere nicht zu einer Steigerung des Blutdrucks oder der Herzfrequenz.

Quelle

Prof. Dr. Winfried Randerath, Köln, Prof. Dr. Jean-Louis Pépin, Grenoble, Dr. Marc Sapène, Bordeaux, Pressekonferenz „Diagnosis and treatment of excessive daytime sleepiness (EDS) in obstructive apnea syndrome“,1. Oktober 2021, veranstaltet von Bioprojet.

Literatur

1. Pépin JL, et al. Pitolisant for residual excessive daytime sleepiness in OSA patients adhering to CPAP. A randomized trial. Chest 2021;159:1598–602.

Psychopharmakotherapie 2021; 28(06):274-285