Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Gerd Laux, Soyen/Waldkraiburg/München
Herausgeber und Verlag haben sich entschlossen, unsere Zeitschrift ab dem 28. Jahrgang weiter zu entwickeln. Dies beinhaltet vor allem eine „Verjüngung“ des Herausgeber-Kreises. Nach einem längeren Entscheidungsprozess fiel unsere Wahl auf Prof. Dr. Andreas Reif, Frankfurt/Main. Mit ihm konnten wir einen klinisch und wissenschaftlich hochaktiven, renommierten Kollegen als Mit-Herausgeber gewinnen. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm.
Prof. Dr. Andreas Reif. Foto: Thomas Ecke/Berlin
Prof. Dr. Andreas Reif studierte Humanmedizin an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er machte die Weiterbildung zum Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie zunächst unter Prof. H. Beckmann, dann unter Prof. J. Deckert. Wissenschaftlich begründete er seine Karriere in der Arbeitsgruppe für Molekulare Psychiatrie von Prof. Dr. K.-P. Lesch, wo er sich überwiegend mit der Genetik psychischer Erkrankungen beschäftigte.
Nach der Habilitation im Jahr 2009 zur Rolle der NO-Synthase bei psychischen Erkrankungen und der Ernennung zum Oberarzt leitete er eine eigene Arbeitsgruppe zu Psychiatrischer Neurobiologie und baute stufenweise einen klinischen Schwerpunkt zu bipolaren Störungen auf. Kurz darauf erfolgte die Ernennung zum W2-Professor für Psychiatrie sowie zum Laborleiter und Stellvertretenden Klinikdirektor. Seit August 2014 ist Prof. Reif Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er ist Mitglied aller relevanten deutschen Fachgesellschaften, u. a. AGNP, DGBS, DGBP sowie des CINP und der ECNP. Er publizierte rund 450 wissenschaftliche Arbeiten mit einem kumulativen Impact-Faktor über 2500. Im Rahmen des ECNP arbeitet er seit Langem aktiv mit, unter anderem als Mitglied des Workshop-Komitees sowie als Leiter des Wissenschaftlichen Programmkomitees des ECNP-Kongresses 2019–2021. Gerade seine Repräsentanz in den Schwerpunktgebieten des ECNP prädestiniert ihn für eine Tätigkeit im Herausgebergremium der PPT, u. a. um stärker als bisher europäische Gesichtspunkte einzubringen. Prof. Reif ist in mehreren internationalen Forschungsverbünden tätig – unter anderem bei IMpACT (International multi-centre persistent ADHD collaboration), CoCA (Comorbid conditions in ADHD), ConLiGen (Consortium on lithium genetics) und dem Psychiatric Genomics Consortium (PGC).
Die klinischen Interessen von Prof. Reif beinhalten vor allem affektive Erkrankungen – und hier insbesondere Suizidprävention, therapieresistente Depression und die bipolare Störung – sowie adultes ADHS. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte umfassen das Gebiet der translationalen Psychiatrie. Seine Sichtweise der Psychiatrie als angewandte Neurowissenschaft entspricht diesem wissenschaftlichen Ansatz, der versucht, psychische Erkrankungen vom Molekül bis hin zum System und zur Erkrankung zu verstehen und letztlich die Ergebnisse der Forschung auch schnell in die Klinik zu transferieren. Methodisch kommen in seiner Arbeitsgruppe hierzu verschiedene Ansätze zum Einsatz: Molekularbiologie, Genetik, Verhaltenspharmakologie, aber auch bildgebende und neurophysiologische Verfahren. Schlagworte, unter denen sich die Inhalte der wissenschaftlichen Anstrengungen subsummieren lassen, sind Gen-Umwelt-Interaktionen, Resilienz, Impulsivität, aber auch Biomarker-Identifikation und Prädiktor-Forschung.
Mit diesem neurobiologischen Schwerpunkt passt er sehr gut zum Themenfeld der PPT und wird für die derzeit überall propagierte notwendige Verbreiterung des Spektrums jenseits der reinen Psychopharmakotherapie sorgen.
Das vorliegende Heft bietet zwei wichtige Übersichtsarbeiten: Grunze et al., Wiesloch, bieten eine umfassende Übersicht zu Lithium. Die Lithiumtherapie affektiver Störungen ist eine der am längsten und besten etablierten Behandlungen in der Psychiatrie, hinsichtlich Wirkungsmechanismus und Indikationen gibt es immer wieder neue Erkenntnisse. In Deutschland werden Lithiumsalze deutlich seltener als indiziert verordnet, mögliche Gründe und Faktoren hierfür könnten die obligate Plasmaspiegelbestimmung (therapeutisches Drug-Monitoring) sowie die Beachtung von Kontraindikationen und Interaktionen sein. Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Psychopharmakotherapie keine simple Sache ist und profundes (fach-)ärztliches Knowhow erfordert. Eine fundierte Kenntnis ist gerade bei Lithium erforderlich. Die Übersichtsarbeit fasst nach einer historischen Einleitung Nebenwirkungsspektrum und praktische Handhabung kompakt und kompetent zusammen.
Messer und Reil, Pfaffenhofen, geben in ihrer Arbeit einen Überblick über die Psychopharmakotherapie bei renalen Erkrankungen. Vor allem Depressionen und Angststörungen sind bei Nierenerkrankungen und dialysepflichtigen Patienten relativ häufig, so dass eine Psychopharmakotherapie indiziert ist. Vor allem bei Psychopharmaka, die überwiegend renal eliminiert werden, ist eine Dosisanpassung erforderlich, unerwünschte Wirkungen einzelner Psychopharmaka auf die Nierenfunktion müssen beachtet werden. Eine sichere und verträgliche Psychopharmakotherapie bei Patienten mit Nierenerkrankungen setzt genaue Kenntnis von pharmakologischen Interaktionsrisiken voraus, wenn Psychopharmaka mit Medikamenten zur Behandlung renaler Erkrankungen kombiniert werden.
In der Rubrik Arzneimittelsicherheit findet sich eine bemerkenswerte Kasuistik über eine schwerwiegende Obstipation nach Einnahme von Olanzapin und Diazepam. Im Abschnitt Wechselwirkungen findet sich eine Übersicht zum Interaktionspotential von Antiemetika.
In der Rubrik Referiert und kommentiert ist besonders die pragmatische Vergleichsstudie Amisulprid vs. Aripiprazol und Olanzapin bei Patienten mit Schizophrenie-Spektrum-Störung aus Lancet Psychiatry interessant, ebenso eine aktuelle Sicherheitsanalyse der COMPAS-Studie zu Methylphenidat bei erwachsenen ADHS-Patienten.
Wir wünschen unseren Lesern trotz der anhaltenden Lockdown-Situation eine Zuversicht und Impetus vermittelnde Lektüre.
Prof. Dr. Gerd Laux. Foto: privat
Prof. Dr. Hans-Jürgen Möller. Foto: privat
Prof. Dr. Walter E. Müller. Foto: privat
Prof. Dr. Heinz Reichmann. Foto: DGN/Gust
Prof. Dr. Jürgen Fritze. Foto: privat
Psychopharmakotherapie 2021; 28(01):1-2