Cannabis und Cannabinoide als legale Arzneimittel


Eine Übersicht aus pharmazeutischer Perspektive

Mario Wurglics, Frankfurt/M., und Christian Ude, Darmstadt

Mit der im Jahr 2017 beschlossenen Gesetzesänderung haben sich die Einsatzmöglichkeiten für Cannabis und Cannabinoide in Deutschland erheblich erweitert. Neben den seit langem verfügbaren Reinstoffen Dronabinol und Cannabidiol sowie dem Fertigarzneimittel Sativex® sind nun auch Cannabis-Blüten und Zubereitungen (z. B. Extrakte) daraus verschreibungsfähig. Die Verschreibung ist dabei nicht an eine Indikation geknüpft. Daher gilt es vor der Verordnung zu prüfen, wie sich die wissenschaftliche Datenlage zu Cannabis und Cannabinoiden in der gewählten Indikation darstellt, und die Frage nach dem geeigneten Cannabisprodukt für den individuellen Patienten zu beantworten. Orale oder inhalative Applikationsformen unterscheiden sich stark in der Zeit bis zum Wirkungseintritt und der Wirkdauer. Besondere Beachtung verdient die Dosierung, die in jedem Fall nach dem Prinzip „Start low, go slow but treat to target“ erfolgen sollte. Nicht zuletzt hängt die Dosierung von der Indikation und den individuell auftretenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen ab.
Schlüsselwörter: Cannabis, THC, Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol, Nabilon, Nabiximols, Cannabis-Extrakt
Psychopharmakotherapie 2020;27:98–104.

Am 10. März 2017 fand ein spektakulärer Wandel statt: Die in Deutschland nach wie vor am häufigsten konsumierte Rauschdroge wurde zum legalen Arzneimittel, genauer gesagt, zu einem verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften ist es seitdem möglich, Cannabis in Form von getrockneten Blüten (= Marihuana) und in Form eines standardisierten Cannabis-Extrakts zu therapeutischen Zwecken zusätzlich zu den bereits schon vorher möglichen Arzneimittelvarianten aus Cannabis einzusetzen. Nach wie vor ist jedoch der Konsum aus Genusszwecken in Deutschland illegal.

Bei jeglicher Betrachtung dieses Themas muss sehr genau differenziert werden, welche Form von Cannabis zum Einsatz kommt: Cannabis-Droge, pflanzliche Zubereitungen wie Extrakte oder die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe wie Dronabinol oder Cannabidiol als individuell hergestellte Rezeptur. Schließlich steht seit dem 1. Januar 2017 auch der Wirkstoff Nabilon, ein vollsynthetisch hergestelltes Derivat des Dronabinols als Fertigarzneimittel (Canemes®) zur Verfügung.

Letztlich gelten für Cannabis zunächst alle Gesetzmäßigkeiten, die für jede Arzneipflanze auch gelten. Aus der Arzneipflanze Cannabis sativa (Stammpflanze gemäß Deutschem Arzneibuch) können sehr unterschiedliche Arzneimittel seitens der Apotheke bereitgestellt werden. Diese Arzneimittel unterscheiden sich in einer Vielzahl von Parametern, so zum Beispiel der Darreichungsform, dem Inhaltsstoffspektrum oder auch der Pharmakokinetik. Der Apotheker ist nicht nur in der Lage, diese herzustellen bzw. zu beschaffen, sondern vor allem auch, diese zu unterscheiden und zu charakterisieren.

Wesentlich ist vor allem, dass Cannabis-Droge nicht gleich Cannabis-Droge ist. Das Vorhandensein von sehr vielen unterschiedlichen Varietäten (Sorten), die sich in ihrem Gehalt an Trans-∆9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) unterscheiden, erfordert besondere Aufmerksamkeit beim Umgang mit den Drogen in der Apotheke und bei der Beratung von Ärzten und Patienten.

Cannabis: Pflanze, Pharmakologie und Pharmakokinetik

Cannabis gehört zur Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae), zu der auch weitere bekannte Gattungen, wie etwa der Hopfen, zählen. Ursprünglich war Carl von Linné von nur einer Art Cannabis sativa (Gewöhnlicher Hanf) ausgegangen. Jedoch wurden weitere Arten wie Cannabis indica und ruderalis beschrieben. Es herrscht bis heute Uneinigkeit darüber, ob es diese Arten überhaupt gibt und wenn, ob Cannabis indica als eigenständige Art oder eher als Unterart von Cannabis sativa zu betrachten ist. Das Erscheinungsbild der gezahnten, handförmigen Blätter ist äußerst markant. Cannabis ist eine zweihäusige Pflanze. Männliche Blütenstände sind in losen Rispen, weibliche in Trauben angeordnet [14].

Wie bei jeder anderen Arzneipflanze auch, stellen die Inhaltsstoffe von Cannabis ein äußerst komplexes Vielstoffgemisch dar. Einige hundert verschiedene Strukturen wurden bereits identifiziert, wobei die zahlreich vorhandenen (Phyto-)Cannabinoide aus therapeutischer Sicht die interessanteste Inhaltsstoffgruppe darstellen. Sie umfassen vor allem das psychoaktive THC (INN: Dronabinol) sowie CBD. Beide Substanzen liegen jedoch in der Pflanze überwiegend als pharmakologisch „nicht aktive“ Carbonsäuren vor. Eine Aktivierung durch Hitze oder UV-Bestrahlung ist notwendig.

Seit knapp 30 Jahren sind die Zielstrukturen der Cannabinoide bekannt: die Cannabinoid-Rezeptoren 1 und 2 (CB1- und CB2-Rezeptor), zwei G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, die am präsynaptischen Axon lokalisiert sind. Während sich CB1-Rezeptoren vor allem im ZNS befinden, findet man CB2 hauptsächlich in der Peripherie. Endogene Liganden für diese Rezeptoren, sogenannte Endocannabinoide, wurden erst später entdeckt. Dabei handelt es sich vorwiegend um Derivate der Arachidonsäure. Unter den zahlreichen Endocannabinoiden stellen Anandamid und 2-Arachidonylglycerol die bedeutendsten Vertreter dar [10, 12, 13, 16].

Im Gegensatz zu den Phytocannabinoiden ist der Wirkstoff Nabilon ein vollsynthetisch hergestelltes Derivat von THC. Nabilon ist in Deutschland seit den 70er-Jahren bekannt, war aber lange Zeit nur als Importarzneimittel erhältlich; seit 1. Januar 2017 ist es wieder auf dem deutschen Markt unter dem Handelsnamen Canemes® verfügbar. Das Arzneimittel Canemes® ist bei Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie zugelassen, wenn eine andere antiemetische Therapie nicht ausreicht [6].

Es wäre ein fataler Fehler, alle Arzneimittel und Wirkstoffe, die im Zusammenhang mit Cannabis stehen, auf die Arzneipflanze zu reduzieren oder ihnen gar eine gleichwertige Wirkung bzw. einen gleichwertigen Einsatz zu unterstellen.

Ein Kriterium zur Unterscheidung stellt die Pharmakokinetik dar. Kenntnisse über die Dauer bis zum Wirkbeginn, das Anhalten der Wirkung und deren Ausmaß sind hilfreich für die Auswahl der geeigneten Zubereitung zur Verbesserung des therapeutischen Effekts und Minimierung unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Resorptionsrate und -geschwindigkeit schwanken dabei erheblich in Abhängigkeit von Formulierung und der Art der Applikation [7–9, 11, 15]. So zeichnet sich eine inhalative Anwendung durch ein sehr schnelles Anfluten und hohe Wirkspiegel aus, die jedoch nur kurz anhalten (etwa zwei bis vier Stunden). Der Konsument bzw. Patient verspürt die Wirkung binnen weniger Minuten, was mit einer i. v. Applikation vergleichbar ist. Gleichzeitig werden bei dieser Applikationsform die höchsten THC-Plasmaspiegel erreicht (Tab. 1). Bei oraler Einnahme (Kapseln) wird dagegen die Cmax erst nach ungefähr 30 bis 60 Minuten erreicht. Etwas schneller tritt die Wirkung bei der Gabe als Oromukosalspray ein.

Tab. 1. Maximale THC-Plasmaspiegel (Cmax), Wirkungseintritt und -dauer bei inhalativer und oraler Cannabis-Gabe

Applikation

Dosierung

Cmax

Pharmakokinetik

Cannabis

Geraucht

Vernebelt

1–3 g/Tag

162,2 ng/ml 118,6 ng/ml

Wirkungseintritt: 5–10 min

Wirkungsdauer: 2–4 h

Dronabinol (Marinol®)*

Oral (Kapseln)

2,5–5 mg/12 h

1,2–7,9 ng/ml

Wirkungseintritt: 30–60 min

Wirkungsdauer: 4–6 h

Nabiximols (Sativex®)

Oromukosalspray

2,7 mg THC + 2,5 mg CBD pro 100 µl

5,40 ng/ml

Wirkungseintritt: 15–40 min

Wirkungsdauer: 2–4 h

*In Deutschland nicht auf dem Markt; Dronabinol ist hier nur als Rezeptursubstanz verfügbar

THC: Tetrahydrocannabinol (Dronabinol); CBD: Cannabidiol

Für die Behandlung mit Cannabis oder Cannabis-Zubereitungen bedeutet dies, sehr genau abzuwägen, welche Applikationsform und Dosis am besten geeignet ist.

Cannabis in der Apotheke

Betrachtet man die umfangreiche Berichterstattung zu Cannabis und seinem therapeutischen Einsatz, muss man fast eine neue „Wunder-Droge“ zur Therapie zahlreicher Therapielücken erwarten. Doch hier ist Vorsicht geboten, denn es besteht die Gefahr, dass Erwartungen geweckt werden, die im Therapiealltag nicht erfüllt werden können. Im Apothekenalltag spielen vor allem die folgenden Indikationen eine Rolle [3]:

  • Chronische oder neuropathische Schmerzen
  • Schmerzhafte Muskelspasmen bei multipler Sklerose und Paraplegie
  • Chemotherapie-induzierte Übelkeit und Erbrechen (CINV)
  • Appetitsteigerung bei HIV/AIDS
  • Epilepsie
  • Tourette-Syndrom
  • Depressionen, Angststörungen, Schlafstörungen

Auch wenn im Rahmen eines illegalen Konsums Cannabis vor allem in gerauchter Form präsent ist, ist der „Joint“ keine offizinelle Darreichungsform und kann damit nicht verordnet werden. Therapeutisch helfen Verdampfer (= Hilfsmittel), eine inhalative Applikation von Cannabis-Blüten zu ermöglichen.

Zubereitungen

Für einen therapeutischen Einsatz von „Cannabis“ stehen verschiedene Formen zur Verfügung. Diese müssen genau unterschieden werden, da sie sich ganz erheblich – wie bereits ansatzweise beschrieben – in ihrer Wirkung, Wirkstärke und vor allem ihrer Pharmakokinetik unterscheiden. Für die Praxis ist somit zunächst die genaue Differenzierung der unterschiedlichen Formen, in denen Cannabis zum therapeutischen Zwecke zum Einsatz kommen kann, entscheidend. So muss im Umgang mit Cannabis unterschieden werden, ob es sich um die seit 2017 neu zur Verfügung stehende pflanzliche Droge („Marihuana“), um pflanzliche Zubereitungen (z. B. Extrakte) und damit Vielstoffgemische oder um den Einsatz der wirksamkeitsbestimmenden Reinsubstanzen (als Rezeptur oder Fertigarzneimittel) handelt. Tabelle 2 gibt einen detaillierten Überblick zu Cannabis-Therapieoptionen. Hier ist auch Cannabidiol aufgeführt, obwohl es strenggenommen in der Cannabis-Gesetzgebung von 2017 nicht vorkommt. Allerdings erlebt diese verschreibungspflichtige Substanz durch die Aktualität der Thematik ebenfalls eine besondere Aufmerksamkeit [17].

Tab. 2. Verschiedene Arzneimittel auf Basis von Cannabis [17]

Cannabis (Droge)

Cannabis-Zubereitungen (Droge)

Wirksamkeitsbestimmende
(Rein-)Substanzen

  • Cannabisblüten (Cannabis flos) in Einzeldosen zur Dampfinhalation mit einem standardisierten Dronabinol-(THC-)Äquivalent
  • Tee

KEINE Arzneimittel:

  • Rauchen (Joint)
  • Kaltinhalation (Bongs)
  • Kekse
  • Extrakt:
  • Nabiximols (Sativex®)
  • THC 25; THC10:CBD10-Extrakt als Ausgangssubstanz von Tilray
  • Extrakt 5 % THC als Ausgangssubstanz von Aurora
  • Extrakt als Ausgangssubstanz von Vertanical
  • Auf eine definierte Dronabinol-(THC-)Konzentration standardisierte ölige Cannabis-Extrakt-Tropfen zum Einnehmen (s. NRF 22.11)
  • Dronabinol Kapseln, ölige Tropfen als Rezeptur
  • Dronabinol als Fertigarzneimittel Marinol® (Import)
  • Nabilon (Canemes®)
  • Cannabidiol (Epidyolex®, NRF-Rezeptur)

Cannabis als patientenindividuelle Rezeptur aus der Apotheke

Mit Ausnahme der wenigen vorhandenen Fertigarzneimittel (Sativex®, Canemes®) mit klar definierten Wirkstoffen werden alle andere Varianten in Form von patientenindividuell hergestellten Rezepturen eingesetzt. Für die Apotheke bedeutet dies eine Kombination aus

  • dem Einsatz von Betäubungsmitteln
  • dem Umgang mit Ausgangssubstanzen und damit mit der Notwendigkeit von Identitätsprüfungen, Herstellungen und zahlreichen, rezepturüblichen Prozessen
  • dem Einsatz von pflanzlichem Material (bei Verordnungen von Cannabis flos).

Diese Kombination erfordert ein sehr überlegtes und strukturiertes Vorgehen.

Es empfiehlt sich, bei der Herstellung auf Vorschriften des NRF (Neues Rezeptur-Formularium; ein Sammelwerk zu Standardisierungen und apothekengerechten Herstellungstechniken von Arzneimitteln) zurückzugreifen [2], da diese ein hohes Maß an Praktikabilität und Sicherheit bieten. Diese Möglichkeiten bieten auch dem behandelnden Arzt eine gute Grundlage für die Verordnung. Ein kostenloser Arzt-Service steht unter https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=5 zur Verfügung. Die Rezeptur-Vorschriften umfassen mittlerweile sowohl Vorschriften zur Verarbeitung und Anwendung von Reinsubstanzen (Dronabinol, Cannabidiol) als auch Vorschriften für die Handhabung und Anwendung der Droge Cannabis flos. Außerdem können mithilfe der NRF-Rezepturen unterschiedliche Darreichungsformen wie Lösungen oder Kapseln realisiert werden, sodass auch in Bezug auf die Galenik eine sehr patientenindividuelle Therapie ermöglicht wird.

Infokasten 1 zeigt eine Übersicht der aktuell im NRF verfügbaren Vorschriften zur Herstellung und zum Umgang mit Cannabis-Inhaltsstoffen sowie Cannabis-Blüten [2].

Infokasten 1. Rezepturvorschriften im NRF

  • Ölige Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml (NRF 22.8.)
  • Ölige Cannabidiol-Lösung 50 mg/ml (NRF 22.10.) [KEIN Betäubungsmittel!]
  • Dronabinol-Kapseln 2,5 mg/5 mg/10 mg (NRF 22.7.)
  • Ölige Cannabisölharz-Lösung 25 mg/ml (NRF 22.11*)
  • Cannabis-Blüten zur Inhalation nach Verdampfung (NRF 22.12)
  • Cannabis-Blüten in Einzeldosen zur Inhalation nach Verdampfen (NRF 22.13)
  • Cannabis-Blüten zur Teezubereitung (NRF 22.14)
  • Cannabis-Blüten in Einzeldosen zur Teezubereitung (NRF 22.15)
  • Ethanolische Dronabinol-Lösung 10 mg/ml zur Inhalation (NRF 22.16)

*Neue Monographie in DAB 2020 „Eingestellter Cannabis-Extrakt“ beachten

Allerdings muss an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass keinesfalls eine „NRF-Pflicht“ besteht. Sollten seitens des Arztes Verordnungen abseits der NRF-Vorschriften ausgestellt werden, die plausibel sind, sind diese selbstverständlich ebenfalls zu beliefern. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine abweichende Konzentration oder Reichweite gewünscht wird.

Cannabis-Blüten – Marihuana

Seit März 2017 kann Cannabis in Form von pflanzlichem Material, genauer gesagt als weibliche Blüten von Cannabis sativa („Marihuana“ bzw. pharmazeutisch „Cannabis-Blüten“, „Cannabis flos“), oder von standardisierten Cannabis-Extrakten zur Therapie schwerkranker Patienten eingesetzt werden. Damit sind Cannabis-Blüten von der in Deutschland am meisten konsumierten Rauschdroge zu einem legalen, verkehrs- und verschreibungsfähigen Arzneimittel gewandelt worden.

Die Droge Cannabis flos existiert in unterschiedlichen Varietäten (Sorten), von denen mittlerweile eine Vielzahl auf dem Markt verfügbar ist. Die einzelnen Varietäten unterscheiden sich nicht nur in ihrem Gehalt an THC und CBD. Allerdings dient dieser in der Regel zu Beschreibung einer Sorte. Tabelle 3 zeigt eine exemplarische Auswahl aktuell auf dem Markt befindlicher Varietäten. Eine Cannabis-Blüten-Sorte stellt eine individuelle, spezielle „Zubereitung“ dar. Es gibt keine generischen Blüten. Selbst von vergleichbaren Blüten zu sprechen, ist schwer möglich. An dieser Stelle gilt: „Die Sorte ist der Wirkstoff.“ Bei der Verordnung einer Cannabis-Blüten-Sorte muss daher die konkrete Sorte namentlich genannt werden. Diese Verordnung stellt dann eine Aut-idem-Verordnung dar.

Tab. 3. Exemplarische Auswahl von aktuell auf dem deutschen Markt verfügbaren Cannabis-Sorten [*Gehalt kann variieren]

Sorte

Gehalt THC
[ca. %]

Gehalt CBD
[ca. %]

Bedrocan

22

< 1

Bedica

14

< 1

Bedrobinol

13,5

< 1

Bediol

6,3

8

Bedrolite

< 1

9

Pedanios 22/1

22

< 1

Pedanios 18/1

18

< 1

Pedanios 16/1

16

< 1

Pedanios 14/1

14

< 1

Pedanios 8/8

8

8

Bakerstreet*

23

< 0,5

Houndstooth*

20,3

< 0,5

Princeton*

16,5

< 0,5

Orange No 1*

13,6

< 0,5

Penelope*

10,4

7,5

Argyle*

5,4

7

Es handelt sich bei Cannabis-Blüten nicht um ein Fertigarzneimittel, sondern vielmehr um eine Ausgangssubstanz vergleichbar mit beispielsweise Opiumtinktur oder Pfefferminzblättern. Aus diesem Grund muss nach Erhalt des entsprechenden pflanzlichen Materials eine Identitätsprüfung gemäß § 6 und § 11 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vorgenommen werden. Auf eine Gehaltsprüfung kann verzichtet werden, Voraussetzung hierfür ist jedoch das Vorhandensein eines entsprechenden (GMP-)Analysenzertifikats nach § 6 ApBetrO. Das Analysenzertifikat wird entweder mit der Ware mitgeliefert oder steht seitens des Herstellers online zum Download zur Verfügung.

Zubereitungen, Umgang und Abgabe

Besonderes Augenmerk sollte auf die Anwendung der Cannabis-Blüten in Form eines Tees gelegt werden. Die Hauptwirkstoffe, unter anderem THC, sind bekanntermaßen lipophil und damit zunächst als schlecht wasserlöslich zu betrachten. Um eine verlässliche und ausreichend genaue Dosierung bei der Tee-Herstellung zu gewährleisten, werden nach NRF-Vorschrift (z. B. NRF 22.15) die erhaltenen Cannabis-Pflanzenteile ausreichend mittels einer Kräutermühle zerkleinert (grob gemahlen). Dieser Vorgang gilt als erfolgreich beendet, wenn es (praktisch) keinen Rückstand auf einem 2000-µm-Sieb gibt. Damit kann die Droge fast als „pulverisiert“ bezeichnet werden, auch wenn es sich per Definition um einen Feinschnitt handelt. Wenn der Arzt eine Einzeldosierung seitens der Apotheke verordnet hat, erfolgt die Abfüllung in Papier-Pulverkapseln. Beschichtetes Material muss hier vermieden werden, da eine Interaktion mit den sehr lipophilen Inhaltsstoffen des Cannabis nicht auszuschließen ist. Hartgelatine-Kapseln eignen sich hierfür nicht.

Patienten stellen den Tee dann her, indem der Inhalt einer Pulverkapsel nach der Regel „ein Gramm Blüten auf einen Liter Wasser 15 Minuten“ lang bei schwachem Sieden gehalten wird. Ein einfacher Aufguss oder ein kurzes Aufkochen, wie bei anderen Tees üblich, ist bei der Cannabis-Anwendung aufgrund des notwendigen Aktivierungsschritts nicht ausreichend. Ziel dieses Aufgusses im Sinne der DAC-Monographie D-095 („Wässrige Drogenauszüge“) ist es, eine annähernd vorhersehbare Konzentration der wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe im wässrigen Medium zu erreichen. Nach NRF-Vorschrift liegt diese bei einem „Standard-Verhältnis“ von 1 g Droge auf einen Liter Wasser für ∆9-Tetrahydrocannabinol bei etwa 10 mg/l. Der Patient sollte den Tee in einer Thermoskanne aufbewahren und üblicherweise mit einer Tasse (ca. 200 ml) pro Tag beginnen, was etwa 2 mg THC entspricht. Ungeachtet dieser Vorschrift ist die Teezubereitung sicher nicht die Regel bei der Anwendung.

Nach Zerkleinerung und Einzeldosen-Abfüllung ist eine Anwendung nach Verdampfen ebenfalls denkbar, möglich und sicher die Regel bei der Anwendung. Selbstverständlich funktioniert dies nicht durch Zugabe von heißem Wasser wie bei ätherischen Ölen, da die Temperatur des Wassers für ein Verdampfen nicht ausreichend ist. Pharmazeutisch ist eine Anwendung mittels klassischen Rauchens, beispielsweise als „Joint“, ebenfalls abzulehnen, um toxische Begleitsubstanzen zu vermeiden. Im pharmazeutisch-medizinischen Sinne ist eine inhalative Applikation mittels elektrischer Verdampfer die einzig empfehlenswerte Möglichkeit. Aktuell gibt es wenige entsprechende Geräte, wobei in diesem Marktsektor wahrscheinlich weitere Produkte zu erwarten sind. Bei diesen Verdampfern handelt es sich um klassische Hilfsmittel, die ebenfalls verordnet werden können. Die Apotheke muss einen Kostenvoranschlag an die Krankenkasse zwecks Kostenübernahme erstellen.

Gemäß den Vorschriften sollte die Droge dicht verschlossen und dunkel gelagert werden, um Oxidationsprozesse zu unterbinden. Noch besser ist die Lagerung im Kühlschrank, was auch den Patienten zu empfehlen ist. Schließlich wäre die Lagerung unter Inertgas denkbar, sie ist aber nicht vorgeschrieben.

Cannabis-Extrakt

In der Praxis spielen seit einiger Zeit Cannabis-Vollspektrum-Extrakte eine immer größere Rolle. Aktuell sind „drei Extrakte“ verfügbar, die jedoch keine zugelassenen Fertigarzneimittel darstellen. Sie sind Ausgangssubstanzen für in der Apotheke herzustellende Individualrezepturen. Die Firma Tilray bietet zwei unterschiedliche Extrakt-Varianten (THC 25 mg/ml und THC 10 mg/ml + CBD 10 mg/ml) auf dem deutschen Markt an. Weitere Extrakte sind von der Firma Aurora (zuvor Pedanios) und seit Kurzem von der Firma Vertanical erhältlich. Eine Übersicht zeigt Tabelle 4.

Tab. 4. Übersicht aktuell auf dem Markt befindlicher, standardisierter Cannabis-Extrakte

Anbieter

Tilray

Aurora

Vertanical

Extrakt

Cannabis-Vollspektrum-Extrakt

Cannabis-Vollspektrum-Extrakt

Cannabis-Vollspektrum-Extrakt

Eingesetzte Blüten

???*

Aus den Blüten einer Indica-dominierten Cannabis-Sorte

?*

Eingestellt auf

THC 10 mg/ml und CBD
10 mg/ml

THC 25 mg/ml

THC 5 mg/ml
und CBD
20 mg/ml

5 % THC, < 1 %CBD;
entspricht 50 mg/ml Dronabinol

5 % THC

?

5 % CBD

Grundlage

Raffiniert in Traubenkernöl

MCT

MCT-Öl

Sesamöl

?

Sesamöl

Auszugsmittel

Ethanol

???

Hyperkritische CO2-Extraktion

?

?

?

Inhalt

25 ml

40 ml

10 g

10 g

10 g

10 g

Lagerung

Raumtemperatur

Raumtemperatur

2–8 °C

?

2–8 °C

Bezeichnung

Cannabis Extrakt Tilray THC10:CBD10

Cannabis Extrakt Tilray THC25

Cannabis Extrakt Tilray THC5:CBD20

Cannabis-Vollextrakt Pedanios 5/1

Vertanical THC 50

Vertanical THC50/CBD50

Vertanical CBD 50

PZN

13330905

13330911

15748098

15203430

16234556

16234562

16234579

*Keine Angabe über die verwendeten Blüten seitens des Herstellers erhältlich [4, 5]; MCT: mittelkettige Triglyceride; PZN: Pharmazentralnummer [ABDA-Datenbank, Stand 13.05.2020]

Wichtig bei der Verordnung ist, dass nicht einer der oben beschriebenen Extrakte direkt verordnet wird. Es muss immer erkennbar sein, dass der Arzt eine Individualrezeptur verordnet. Bisherige Grundlage war die NRF-Vorschrift 22.11, wenngleich diese eigentlich nicht für jeden Extrakt passend war. Die neue Ausgabe des DAB (2020) beinhaltet nun eine Monographie „Eingestellter Cannabis-Extrakt“. Diese Monographie ist weiter gefasst und bietet für die unterschiedlichen Extrakte eine bessere Vorschrift.

Dronabinol (THC)

Sollen im Rahmen einer Rezeptur ausschließlich und gezielt die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe, beispielsweise Dronabinol, verarbeitet werden, so sind die Vorschriften des NRF zu beachten, hier NRF 22.7 (Dronabinol-Kapseln) oder NRF 22.8. (ölige Dronabinol-Tropfen). Dronabinol ist bei Raumtemperatur ein festes Harz. Die beiden Vorschriften sehen einen Einsatz als Antiemetikum, Appetitstimulans oder als Muskelrelaxans bei multipler Sklerose vor. Der Einsatz als Tropfen hat den großen Vorteil, dass gerade die bei Therapiebeginn aufwendige Dosisfindung leicht möglich ist. Im Regelfall enthalten die Tropfen 25 mg/ml Dronabinol. Sollten beispielsweise sehr geringe Dosen und damit Volumina notwendig sein, kann diese Konzentration auch verändert werden. Allerdings handelt es sich aufgrund der physiko-chemischen Eigenschaften des Dronabinols immer um ölige und niemals um wässrige Tropfen.

Cannabidiol (CBD)

Cannabidiol ist bei Raumtemperatur ein weißes Pulver. Alle anderen physiko-chemischen Eigenschaften sind denen des Dronabinols sehr ähnlich. Die Rezeptur nach NRF (22.10) beschreibt eine Konzentration von 50 mg/ml bzw. 100 mg/ml. Zur arzneilichen Anwendung bei bestimmten epileptologischen Indikationen (adjuvante Behandlung von Krampfanfällen in Zusammenhang mit Lennox-Gastaut-Syndrom oder Dravet-Syndrom) steht neben den patientenindividuell angefertigten CBD-Rezepturen seit Kurzem auch ein Fertigarzneimittel (Epidyolex®) zur Verfügung.

Im Gegensatz zu THC unterliegt Cannabidiol nicht dem Betäubungsmittelgesetz und gehört auch strenggenommen nicht zu den Änderungen im Rahmen der sogenannten „Cannabis-Gesetzgebung“ aus dem Jahr 2017. Dennoch ist es seit Oktober 2016 ein verschreibungspflichtiger Arzneistoff, und zwar ohne jede Einschränkung von Dosis oder Applikationsweg. Cannabidiol zeichnet sich durch zahlreiche Wirkungen an Rezeptoren und Ionenkanälen aus und besitzt anxiolytische, antipsychotische, antiemetische, neuroprotektive, antikonvulsive, sedative und antiinflammatorische Eigenschaften. Diese Eigenschaften sind eindeutig als pharmakologisch aktiv zu beschreiben. Somit ist klar, dass extrahiertes oder isoliertes CBD aufgrund seiner pharmakologischen Wirkung als Arzneimittel betrachtet werden muss. Demnach müssen Produkte mit isoliertem CBD rezeptpflichtige Medikamente sein. Eine rechtliche Bewertung sollen und müssen Juristen vornehmen [1, 17].

Verbreitet werden seit einiger Zeit freiverkäufliche „CBD-Öle“ als Nahrungsergänzungsmittel oder Medizinprodukte angeboten. Pharmazeutisch gilt es bei deren Bewertung zu betrachten, ob es sich tatsächlich um CBD in Öl, also ein Zweikomponenten-Gemisch analog der NRF-Vorschrift 22.10 handelt, oder ob ein THC-freier Cannabis-Extrakt als Grundlage in das Nahrungsergänzungsmittel verwendet wurde. Vor allem letztere Variante scheint aktuell sehr häufig angeboten zu werden. Ist ein Hanf-Extrakt im Nahrungsergänzungsmittel enthalten, kann von diesem auch eine Wirkung – und Nebenwirkung – ausgehen. Da diese Extrakte nicht genau charakterisiert und deklariert sind bzw. sein müssen (es handelt sich um ein NEM!), ist seitens der Apotheke ein Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht abschätzbar. Aus pharmazeutischer Sicht verbietet sich daher schon deswegen eine Abgabe.

Verordnung, Preisbildung und Kostenübernahme

Der Arzt verordnet das von ihm für die Therapie vorgesehene Präparat auf Basis von Cannabis gemäß Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV). Eine Ausnahme stellt hierbei lediglich Cannabidiol in einer Monotherapie (z. B. gemäß NRF-Vorschrift 22.10) dar, da es kein Betäubungsmittel ist, wohl aber seit Oktober 2016 ein in jeder Dosierung und jeder Darreichungsform verschreibungspflichtiger Wirkstoff. Für alle anderen „Cannabis-Verordnungen“ gilt die BtMVV. Grundlage für ein Rezept ist § 9 BtMVV, wonach u. a. folgende Angaben vorhanden sein müssen:

  • Name, Vorname, Anschrift des Patienten
  • Ausstellungsdatum
  • Arzneimittelbezeichnung
  • Menge des verschriebenen Arzneimittels in Gramm oder Milliliter, Stückzahl der abgeteilten Form
  • Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesgabe

Die Arzneimittelbezeichnung muss eindeutig sein. Bei nicht eindeutiger Bezeichnung (d. h. soweit dies nicht aus dem Arzneimittelnamen hervorgeht) müssen nach BtMVV jeweils zusätzlich Bezeichnung und Gewichtsmenge des enthaltenen Betäubungsmittels je Packungseinheit, bei abgeteilten Zubereitungen je abgeteilter Form, und die Darreichungsform angegeben werden. Eine bloße Verordnung von „Cannabis flos“ oder „Cannabis-Blüten“ wäre in diesem Sinne nicht eindeutig, da es unterschiedliche Varietäten (Sorten) gibt. Die Beschreibung „Cannabis-Blüten“ muss daher durch die Angabe einer definierten Cannabis-Sorte eindeutig festgelegt werden. Auch die Angabe eines THC-CBD-Gehalts statt eines konkreten Sorten-Namens ist nicht ausreichend.

Als Gebrauchsanweisung ist die Angabe „Gemäß schriftlicher Anweisung“ nur dann zulässig, wenn diese schriftliche Anweisung auch der Apotheke bekannt ist; andernfalls muss gemäß § 7 ApBetrO die Verordnung in der Apotheke als unklar („nicht plausibel“) gewertet werden und das Rezepturarzneimittel darf nicht hergestellt werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist. Aus Gründen der Praktikabilität sollte auf dem Rezept deshalb stets eine eindeutige Gebrauchsanweisung vermerkt werden.

Es gilt festzuhalten: Der Arzt legt Arzneistoff, Applikationsform und Dosierung fest! Keinesfalls darf es in der Apotheke zu Diskussionen oder Verhandlungen über die Applikationsform kommen, da dies essenzieller Bestandteil der vom Arzt vorgegebenen Therapie ist.

In § 2 Abs. 1 BtMVV sind folgende Höchstmengen für 30 Tage in Bezug auf Cannabis vorgegeben:

  • Cannabis-Blüten bis zu 100 000 mg
  • Cannabis-Extrakt bis zu 1000 mg (bezogen auf THC-Gehalt)
  • Dronabinol bis zu 500 mg

Eine wesentliche Triebfeder der neuen Cannabis-Gesetzgebung war die Aussicht, dass eine vom Arzt verordnete Cannabis-Therapie auch durch die gesetzlichen Krankenversicherungen erstattet wird. Damit wird im Gegensatz zur ehemaligen, durch eine Sondergenehmigung nach § 3 Abs. 2 BtMG legitimierte Selbsttherapie der Zugang zu Medizinal-Cannabis von etwaigen finanziellen Möglichkeiten des Patienten abgekoppelt.

In § 31 SGB V werden drei Bedingungen für die Kostenübernahme von Cannabis-Blüten, einem Cannabis-Extrakt und den Wirkstoffen Dronabinol sowie Nabilon beschrieben:

  • Es gibt keine Therapiealternative für einen schwerkranken Patienten
  • Es gibt eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Linderung der Symptomatik oder Besserung der Erkrankung
  • Der Patient willigt einer anonymisierten Begleiterhebung ein

Damit ist die Kostenerstattung nicht an eine konkrete Indikation oder Indikationsliste geknüpft. Private Verordnungen dürfen selbstverständlich sowieso unabhängig von den drei genannten Aspekten erfolgen. Wichtig ist die Tatsache, dass eine Genehmigung der Kostenübernahme durch die jeweilige Krankenkasse vor Beginn der Therapie einzuholen ist. Für diese Genehmigung ist der zuständige Arzt verantwortlich und nicht die Apotheke, oder anders formuliert: Die Verordnungsfähigkeit prüft der behandelnde Arzt. Nach übereinstimmenden Veröffentlichungen verschiedener Landes-Apothekerverbände sind die Apotheken nicht prüfpflichtig, was die Kostenübernahme durch die jeweilige gesetzliche Krankenversicherung angeht. Eine Ablehnung der Kostenübernahme kann nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen. Die vorgegebene Frist zur Genehmigung liegt bei drei Wochen (bei Einschalten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen fünf Wochen). Lediglich bei einer Verordnung im Rahmen einer spezialisierten ambulanten Palliativversorgung oder nach erfolgter stationärer Therapieeinstellung muss innerhalb von drei Tagen entschieden werden. Nach SGB V gilt diese Neuregelung der Kostenübernahme für Cannabis-Blüten, Cannabis-Extrakt, Dronabinol sowie Nabilon und damit auch für die Fertigarzneimittel Sativex® und Canemes®. Allerdings entfällt die Notwendigkeit für einen Antrag auf Kostenübernahme, wenn eines der beiden Fertigarzneimittel im Sinne deren zugelassener Indikationen eingesetzt wird. Hierfür spricht auch, dass beispielsweise das Fertigarzneimittel Sativex® einen Zusatznutzen seitens des Gemeinsamen Bundesausschuss in der zugelassenen Indikation zugesprochen bekommen hat.

Die Preisbildung geschieht für die Fertigarzneimittel Canemes® und Sativex® auf Basis der Arzneimittelpreisverordnung. Wird eine Rezeptur hergestellt, gilt § 5 der AMPreisV, beim „bloßen Umfüllen“ gilt § 4 AMPreisV.

Fazit

Cannabis sativa ist eine Arzneipflanze, die in sehr unterschiedlichen Varianten als Arzneimittel zur Anwendung gebracht werden kann. Der Apotheker kann die verschiedenen Zubereitungen charakterisieren und zur Verfügung stellen. Wichtig ist zu unterscheiden, ob die gesamte Pflanze zum Einsatz kommen soll, wie dies beim Einsatz von Cannabis-Blüten oder den Vollspektrum-Extrakten der Fall ist, oder ob einzelne, isolierte Pflanzeninhaltsstoffe eingesetzt werden sollen. Schließlich sind drei Fertigarzneimittel auf dem deutschen Markt verfügbar, die sich allein schon durch das Vorhandensein einer Arzneimittelzulassung von patientenindividuellen Rezepturen unterscheiden. Letztere sind jedoch durch die Apotheke problemlos und qualitätsgesichert herstellbar.

Interessenkonflikterklärung

MW hat Honorare für Vorträge erhalten von: Bionorica ethics GmbH.

CU hat Honorare für Vorträge bzw. Beratung erhalten von: Bionorica ethics GmbH, Tilray Deutschland GmbH

Literatur

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4. Extrakt Pedanios – www.pedanios.com (Zugriff am 24.02.2020).

5. Extrakt Tilray – www.tilray.de (Zugriff am 24.02.2020).

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Dr. Christian Ude, Stern Apotheke Darmstadt, Frankfurter Straße 19, 64293 Darmstadt, E-Mail: c.ude@stern-apotheke-darmstadt.de

Dr. Mario Wurglics, Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt am Main, Max-von-Laue-Straße 9, 60438 Frankfurt

Cannabis and cannabinoids as legal pharmaceuticals. A review from a pharmaceutical point of view

The amendment to the law passed in 2017 has considerably expanded the options for cannabis and cannabinoids in Germany. In addition to the long-standing availability of pure substances like dronabinol and cannabidiol, as well as the medicinal product Sativex® now also dried flowers and preparations (such as extracts) from it may be prescribed. The prescription is not linked to an indication. It is therefore important to examine, before the prescription, the scientific data on cannabis and cannabinoids in the chosen indication and to answer the question of the appropriate cannabis product for the individual patient. Oral or inhalative administration differs massively in time to onset and duration of action. Particular attention should be paid to the dosage, which should be done in each case according to the principle "start low, go slow but treat to target". Last but not least, the dosage depends on the indication and the individually occurring adverse drug reactions.

Key words: Cannabis, thc, tetrahydrocannabinol, cannabidiol, nabilone, nabiximols, cannabis-extract

Psychopharmakotherapie 2020; 27(03)