Therapie der Chorea Huntington

Pridopidin ist in der symptomatischen Behandlung nicht wirksam


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
In einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Dosisfindungsstudie bei 408 Patienten mit Chorea Huntington hatte eine symptomatische Behandlung mit dem Dopamin-Stabilisierer Pridopidin keine bessere Wirkung als Placebo.

Die Chorea Huntington ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die initial mit Hyperkinesen und choreatiformen Bewegungsstörungen und im weiteren Verlauf mit zunehmenden kognitiven Störungen und psychiatrischen Auffälligkeiten einhergeht. Die Krankheit endet nach einem Verlauf von 10 bis 20 Jahren tödlich. Bisher gibt es keine wirksame krankheitsmodifizierende Therapie. Antisense-Therapien befinden sich im experimentellen Stadium. Pridopidin ist ein Dopamin-Stabilisierer, der über Dopamin-Typ-II-Rezeptoren wirkt. In der Vergangenheit hatten zwei randomisierte Studien mit niedrigeren Dosen von Pridopidin keine Wirksamkeit in der Behandlung der Chorea Huntington gezeigt. Für Dosierungen von Pridopidin von 2-mal 25 mg zeigte sich aber möglicherweise eine therapeutische Wirkung. Daher sollten in einer weiteren Dosisfindungsstudie nochmals höhere Dosen von Pridopidin bei Patienten mit Chorea Huntington untersucht werden (NCT 02006472).

Studie

Es handelte sich um eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Dosisfindungsstudie bei erwachsenen Patienten im Alter von über 21 Jahren mit Huntington-Erkrankung. Die Diagnose stützte sich auf eine genetische Untersuchung. Die Patienten erhielten über einen Zeitraum von 52 Wochen entweder Placebo oder Pridopidin (45 mg, 67,5 mg, 90 mg oder 112,5 mg 2-mal/Tag). Der primäre Endpunkt war die Veränderung der Unified Huntington’s Disease Rating Scale Total Motor Score (UHDRS-TMS) über einen Zeitraum von 26 Wochen.

Ergebnisse

Die Studie schloss insgesamt 408 Patienten ein. Das mittlere Alter lag bei 50 Jahren. Die Zahl der CAG-Repeats in den genetischen Untersuchungen betrug im Mittel 45. 38 % der Patienten erhielten zusätzlich Neuroleptika. Für den primären Endpunkt, den UDHRS-TMS-Score, ergab sich nach 26 Wochen kein signifikanter Unterschied zwischen Placebo und den einzelnen Dosen von Pridopidin. Nebenwirkungen von Pridopidin umfassten Durchfall, Erbrechen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Angstzustände. Schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen traten nur in der Pridopidin-Gruppe auf und umfassten häufige Stürze (5), Suizidversuche (4), Suizidalität (3), Schädelhirntrauma (3) und Aspirationspneumonie (3).

Zusammengefasst ist Pridopidin bei der Behandlung der Huntington-Erkrankung einer Behandlung mit Placebo nicht überlegen.

Kommentar

Nach zwei negativen Studien mit niedrigeren Dosierungen von Pridopidin zeigt diese Studie, dass auch höhere Dosierungen offenbar nicht wirksam sind. Ein grundsätzliches Problem der Substanz ist, dass sie nur auf das dopaminerge System wirkt. Es ist aber bekannt, dass bei der Huntington-Erkrankung auch andere Transmittersysteme beteiligt sind. Pridopidin hätte, wenn wirksam, nur Auswirkung auf die motorischen Symptome. Die im weiteren Krankheitsverlauf viel wichtigeren kognitiven Störungen würden nicht beeinflusst und für diese steht auch weiterhin keine Therapie zur Verfügung. Darüber hinaus hatte Pridopidin erhebliche Nebenwirkungen und eine hohe Anzahl von schwerwiegenden unerwünschten Nebenwirkungen.

Quelle

Reilmann R, et al. Safety and efficacy of pridopidine in patients with Huntington’s disease (PRIDE-HD): a phase 2, randomised, placebo-controlled, multicentre, dose-ranging study. Lancet Neurol 2019;18:165–76.

Psychopharmakotherapie 2019; 26(05):307-311