Analyse von CYP450-Wechselwirkungen: kleiner Aufwand, große Wirkung


Das Interaktionspotenzial der Coxibe (COX-2-Hemmer)

Holger Petri, Bad Wildungen*

Die drei Coxibe (COX-2-Hemmer) Celecoxib, Etoricoxib und Parecoxib unterscheiden sich in ihrem Metabolismus durch die Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzyme 2C9 und 3A4. In der Interaktionstabelle (Tab. 1) wird das Verhalten der Substanzen zu den Cytochrom-P450-Isoenzymen dargestellt.
Psychopharmakotherapie 2018;25:76–8.

Celecoxib

Celecoxib wird primär über das polymorph exprimierte Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzym 2C9 abgebaut. Der starke CYP2C9-Inhibitor Fluconazol erhöhte in einer klinischen Studie die Celecoxib-Exposition um 134%, während der starke CYP3A4-Hemmer Ketoconazol keinen Einfluss auf die Pharmakokinetik von Celecoxib hatte [2]. Patienten sollten in Kombination mit Fluconazol nur die Hälfte der empfohlenen Dosis des COX-2-Hemmers verordnet bekommen [4]. Diese Dosisreduktion wird auch für langsame CYP2C9-Metabolisierer (poor metabolizer) empfohlen [4]. Die beiden Allele CYP2C9*2 und *3 kodieren Enzyme mit verminderter Aktivität [1]. Etwa 1 bis 3% der Mitteleuropäer sind homozygote Träger dieser Genvarianten und können CYP2C9-Substrate nur in stark reduziertem Umfang verstoffwechseln. Wesentlich häufiger sind heterozygote Allelträger (intermediate metabolizer) (Tab. 1). Bei diesen Patienten sollte Celecoxib in Kombination mit Fluconazol oder anderen klinisch relevanten CYP2C9-Hemmern (Abb. 1) nur mit Vorsicht angewendet werden, da die additiv verminderte Enzymaktivität, analog den langsamen Metabolisierern, zu erhöhten Celecoxib-Plasmaspiegeln führen kann. Klinische Studien hierzu liegen jedoch zurzeit nicht vor.

Der CYP2C9-Induktor Rifampicin senkte bei Probanden die Bioverfügbarkeit von Celecoxib um 64% [2]. Bei gleichzeitiger Gabe mit potenten CYP2C9-Induktoren (Abb. 1) drohen subtherapeutische Plasmaspiegel und eine Dosiserhöhung kann notwendig werden.

Celecoxib erhöhte die Plasmaspiegel der CYP2D6-Testsubstrate Dextromethorphan und Metoprolol um das 2,6-Fache bzw. 1,5-Fache [4]. Dies ist zu berücksichtigen bei Arzneimitteln mit enger therapeutischer Breite, deren Abbau primär abhängig von CYP2D6 ist, zum Beispiel Flecainid, Perphenazin oder Zuclopenthixol.

Etoricoxib

Am Metabolismus von Etoricoxib hat CYP3A4 den größten Anteil. Die Azol-Antimykotika Ketoconazol und Voriconazol erhöhten die Exposition des COX-2-Hemmers um 43% bzw. 49%, Miconazol-Mundgel um 69% [7]. Bei einer längerfristigen Therapie mit Etoricoxib, zum Beispiel bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew), sollte die niedrigere Dosis von 60 mg zunächst gewählt werden, um kardiovaskulären Risiken vorzubeugen. Die höhere Dosis von 90 mg ist für die Patienten mit unzureichender Linderung der Symptome zu wählen. Nach klinischer Stabilisierung sollte eine Dosisreduzierung versucht werden [6]. Vor diesem Hintergrund kann eine etwa 50%ige Erhöhung der Plasmaspiegel durch starke CYP3A4-Inhibitoren (Abb. 1) von klinischer Relevanz sein.

Rifampicin als starker CYP3A4-Induktor bewirkte eine 65%-Abnahme der Plasmakonzentration von Etoricoxib. Obwohl ein Therapieversagen droht, wird keine Dosiserhöhung in Kombination mit Rifampicin empfohlen, weil dies nicht untersucht wurde [3]. Die Patienten sollten engmaschig auf reduzierte Wirksamkeit in Kombination mit starken CYP3A4-Induktoren (Abb. 1) überwacht werden.

Parecoxib

Das parenteral zu verabreichende Parecoxib hydrolysiert rasch zum aktiven Metaboliten Valdecoxib [5]. Dieser wird über CYP2C9 und CYP3A4 verstoffwechselt. Fluconazol erhöhte die Valdecoxib-Exposition um 62%, Ketoconazol um 38%. Bei gleichzeitiger Gabe mit Fluconazol muss die Parecoxib-Dosis reduziert werden. Eine Dosisreduktion bei Patienten, die Ketoconazol erhalten, wird im Allgemeinen als nicht notwendig erachtet [5]. Diese Empfehlung kann auf weitere starke CYP3A4-Hemmer übertragen werden. Anders als bei Celecoxib gibt es keine Untersuchungen zum Abbau von Valdecoxib bei Probanden/Patienten mit verminderter CYP2C9-Stoffwechselaktivität. Auch ist die Wirkung von Enzyminduktoren auf die Plasmaspiegel von Valdecoxib nicht untersucht worden.

Valdecoxib führte zu einem dreifachen Anstieg der Plasmaspiegel von Dextromethorphan, hatte aber keinen Einfluss auf die Exposition von Metoprolol [5, 8]. Es wird empfohlen, bei Patienten, die Arzneimittel mit enger therapeutischer Breite einnehmen, deren Abbau primär über CYP2D6 katalysiert wird, Parecoxib nur mit Vorsicht einzusetzen [5].

Abb. 1. Auswahl von modulierenden Substanzen (stark wirkende fettgedruckt) mit klinisch relevanter Wirkung auf Cytochrom P450 (CYP) 2C9 und 3A4 (Stand 2/2018) [Quelle: mediQ-Interaktionsprogramm]

Literatur

1. Caudle KE, Rettie AE, Whirl-Carrillo M, et al. Clinical pharmacogenetics implementation consortium guidelines for CYP2C9 and HLA-B genotypes and phenytoin dosing. Clin Pharmacol Ther 2014;96:542–8.

2. Davies NM, McLachlan AJ, Day RO, et al. Clinical pharmacokinetics and pharmacodynamics of celecoxib: a selective cyclo-oxygenase-2 inhibitor. Clin Pharmacokinet 2000;38:335–42.

3. Fachinformation Arcoxia® . Stand: April 2016.

4. Fachinformation Celebrex® . Stand: Juni 2016.

5. Fachinformation Dynastat® . Stand: Februar 2017.

6. Rote-Hand-Brief zu Arcoxia® , Juli 2016.

7. Takemoto JK, Reynolds JK, Remsberg CM, et al. Clinical pharmacokinetic and pharmacodynamic profile of etoricoxib. Clin Pharmacokinet 2008;47:703–20.

8. Werner U, Lamprecht C, Werner D, et al. Valdecoxib does not interfere with the CYP2D6 substrate metoprolol. Int J Clin Pharmacol 2006;44:397–400.

*Nachdruck aus Krankenhauspharmazie 2018;39:103–5.

Der Artikel wurde unter Einbeziehung von Diskussionsbeiträgen von Dr. Jörg Brüggmann, Berlin, Prof. Dr. Christoph Hiemke, Mainz, und Dr. Jochen Weber, Bad Wildungen, erstellt.


Holger Petri, Zentral-Apotheke der Wicker Kliniken, Im Kreuzfeld 4, 34537 Bad Wildungen, E-Mail: hpetri@werner-wicker-klinik.de

Psychopharmakotherapie 2018; 25(02):76-78