Delir bei Krebspatienten

Behandlung mit Neuroleptikum-Benzodiazepin-Kombination


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
In einer kleinen randomisierten Studie mit Patienten im Finalstadium ihrer Krebserkrankung mit agitiertem Delir war die Kombination des Benzodiazepins Lorazepam mit dem Neuroleptikum Haloperidol besser wirksam als eine Haloperidol-Monotherapie.

Bei vielen (älteren) Patienten mit schwerwiegenden Krankheiten, insbesondere bei Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen, kann es im Rahmen der Palliativbehandlung in den letzten Tagen der Lebensspanne zu einem agitierten Delir kommen. Die Standardtherapie besteht entweder in der Gabe von Neuroleptika wie Haloperidol oder Benzodiazepinen. Bisher gab es keine randomisierte Studie, die die Kombination von Benzodiazepinen mit Haloperidol mit einer Monotherapie mit Haloperidol verglichen hätte.

Studiendesign

Es handelte sich um eine monozentrische doppelblinde randomisierte Studie, die an einem Palliativzentrum in den USA durchgeführt wurde (Tab. 1). In die Studie wurden 93 Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung eingeschlossen, die ein agitiertes Delir entwickelten. Die Patienten erhielten entweder 3 mg Lorazepam intravenös oder Placebo zusätzlich zu einer Standardtherapie mit 3 mg Haloperidol intravenös. Der primäre Endpunkt war die Veränderung auf der Richmond Agitation Scale (RASS). Diese reicht von –5 (nicht ansprechbar) bis +4 (schwer agitiert). Die Beobachtungsphase erstreckte sich vom Behandlungszeitpunkt über acht Stunden.

Tab. 1. Studiendesign [nach Hui et al.]

Erkrankung

Delir bei Krebspatienten

Studienziel

Wirksamkeit und Sicherheit einer Kombinationstherapie

Studientyp/Design

Randomisiert, doppelblind, Phase II

Patienten

90

Intervention

3 mg Lorazepam i.v. plus 3 mg Haloperidol i.v.

3 mg Haloperidol i.v.

Primärer Endpunkt

Veränderung auf der Richmond Agitation Scale (RASS)

Sponsor

M.D. Anderson Cancer Center

Studienregisternummer

NCT01949662
(ClinicalTrials.gov)

Ergebnisse

Insgesamt konnten 90 Patienten randomisiert werden, die im Mittel 62 Jahre alt waren. Je 29 Patienten in jeder Therapiegruppe erhielten die vorgesehene Studienmedikation. Die Kombination aus Lorazepam und Haloperidol führte zu einer signifikant höheren Reduktion des RASS-Scores nach 8 Stunden mit 4,1 Punkten verglichen mit einer Haloperidol-Monotherapie mit einer Reduktion von 1,9 Punkten. Der Unterschied war mit einem p-Wert von p<0,01 signifikant. In der Kombinationstherapiegruppe war es auch seltener notwendig, eine weitere Gabe von Haloperidol zu verabreichen. Der Behandlungserfolg wurde auch von dem betreuenden Pflegepersonal und den Angehörigen beurteilt und in der Kombinationstherapiegruppe als besser eingestuft.

  • Kommentar

Die Studie aus den Vereinigten Staaten zeigt, dass die Kombinationstherapie aus Benzodiazepin und Neuroleptikum bei Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung und Delir einer Monotherapie mit Haloperidol überlegen ist. Es handelt sich um die erste randomisierte Studie, die diese beiden Therapieansätze in einem randomisierten Design verglichen hat. Die Studie hat eine relativ kleine Patientenzahl und nur zwei Drittel der randomisierten Patienten erhielten die vorgesehene Studienmedikation. Eine Beobachtungszeit von acht Stunden ist auch relativ kurz, um zu beurteilen, ob der Therapieerfolg für längere Zeit anhält. Darüber hinaus ist nicht klar, ob die Ergebnisse aus der Patientengruppe mit fortgeschrittener Krebserkrankung auf andere Patientengruppen mit einem Delir übertragen werden können.

Quelle

Hui D, et al. Effect of lorazepam with haloperidol vs haloperidol alone on agitated delirium in patients with advanced cancer receiving palliative care: a randomized clinical trial. JAMA 2017;318:1047–56.

Psychopharmakotherapie 2018; 25(01):44-50