Multiple Sklerose

Einfluss von Fingolimod auf die Krankheitsfreiheit


Dr. Marion Hofmann-Aßmus, Fürstenfeldbruck

Ging es früher hauptsächlich darum, Schubraten zu reduzieren, rückt inzwischen die „Freiheit messbarer Krankheitsaktivität“ in den Vordergrund. Diesem Anspruch liegen vielversprechende Daten von Fingolimod zugrunde, dessen Einfluss auf verschiedene Krankheitsparameter in einem umfangreichen Studienprogramm untersucht wurde. Welche Parameter dabei zu berücksichtigen sind und was der Begriff „Krankheitsfreiheit“ in der Praxis bedeutet, diskutierten Experten auf einem von Novartis Pharma organisierten Pressegespräch.

Krankheitsfreiheit wird an vier verschiedenen Parametern der multiplen Sklerose (MS) festgemacht. Diese umfassen bislang das Fehlen von Schüben, keine Behinderungsprogression und keine neuaufgetretenen T2-Läsionen in der MRT-Bildgebung. Als vierter Parameter rückt die Hirnatrophie, also der Verlust von Gehirnvolumen, zunehmend in den Fokus der Mediziner, da dieser Parameter wichtige Informationen zur Krankheitsprogredienz liefert. So gilt die Hirnatrophie als Prädiktor für alltagsrelevante kognitive Beeinträchtigungen wie etwa der Merkspanne, der Aufmerksamkeit oder der Wortflüssigkeit. Zudem korreliert der bei MS-Patienten deutlich beschleunigte Verlust von Gehirnvolumen mit der Behinderungsprogression im Expanded disability status scale (EDSS) sowie der Schwere der Erkrankung. Prof. Tjalf Ziemssen (Technische Universität Dresden) plädierte daher dafür, die Hirnatrophie als weiteren Schlüsselparameter der MS aufzunehmen.

Fingolimod verbessert alle MS-Schlüsselparameter

Gepoolte Daten der jeweils zweijährigen FREEDOMS- und FREEDOMS-II-Studien [2] zeigen, dass Fingolimod alle vier MS-Parameter (Abb. 1.) beeinflusst. So reduzierte Fingolimod die nach sechs Monaten bestätigte Behinderungsprogression um 45% (p=0,016), die Bildung neuer T2-Läsionen um 69% (p<0,001) und den Hirnvolumenverlust um 46% (p<0,001), jeweils verglichen mit Placebo. Eine Subgruppenanalyse der TRANSFORMS-Studie [3] belegt zudem eine um 61% verminderte Schubrate (p<0,001) im Vergleich zu Interferon beta-1a (i.m.). Insgesamt haben Patienten unter Fingolimod eine 4-fach höhere Wahrscheinlichkeit, eine Krankheitsfreiheit (gemessen anhand der vier MS-Parameter) zu erreichen als unter Plazebo (p<0,001) [4]. Den Daten einer Phase-II-Extensionsstudie [1] ist zu entnehmen, dass der Effekt auf die Hirnatrophierate über sieben Jahre erhalten bleibt.

Abb. 1. Fingolimod modifiziert vier MS-Schlüsselparameter [nach 2, 3]

Überzeugende Daten unter Alltagsbedingungen

Wie Prof. Mathias Mäurer (Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim) betonte, lässt sich nach einer verzögerten Umstellung auf Fingolimod nicht mehr das gleiche langfristige Behandlungsergebnis erreichen. Daher sollte man den richtigen und frühzeitigen Zeitpunkt zur Therapieoptimierung nicht verpassen. Prof. Stefan Braune (Neurozentrum Prien) ergänzte, dass auf Fingolimod umgestellte Patienten mit der Behandlung in der Regel sehr zufrieden sind und diese Therapie fortführen möchten. Bestätigt werden die praktischen Erfahrungen von der Registerstudie PANGAEA [5], in der 3641 MS-Patienten (Stand Januar 2014) Fingolimod unter Praxisbedingungen erhalten. Demnach bewerten über 90% bzw. 97% der prüfenden Ärzte und Patienten sowohl die Wirksamkeit als auch die Verträglichkeit von Fingolimod mit „gut“ oder „sehr gut“. In einer Zwischenanalyse nach bis zu 24 Monaten Behandlungsdauer wiesen mehr als 63% der Patienten keine Schübe mehr auf, bei 81% blieb der Behinderungsgrad stabil und 10% erreichten sogar eine Besserung im EDSS über sechs Monate. Die Krankheitsfreiheit rückt somit zumindest für einen Teil der Patienten in greifbare Nähe.

Quelle

Prof. Dr. Tjalf Ziemssen, Dresden, Prof. Dr. Mathias Mäurer, Bad Mergentheim, Prof. Dr. Stefan Braune, Prien; Pressegespräch “Krankheitsfreiheit bei MS – hochfliegender Traum oder Realität?”, München, 22. Oktober 2014, veranstaltet von Novartis Pharma GmbH.

Literatur

1. Antel J, et al. Long-term (7-year) data from a phase 2 extension study of fingolimod in relapsing multiple sclerosis. Poster presented at AAN 2012; New Orleans, LA. [Poster P01.129].

2. Bergvall N, et al. Efficacy of Fingolimod in pre-treated patients with disease activity: pooled analyses of FREEDOMS and FREEDOMS II. Poster presented at AAN 2014; Philadelphia, Pennsylvania [Poster P03.174].

3. Cohen JA, et al. Fingolimod versus intramuscular interferon in patient subgroups from TRANSFORMS. J Neurol 2013;260:2023–32.

4. Kappos L, et al. Inclusion of brain volume lost in a revised measure of multiple sclerosis disease-activity freedom: the effect of fingolimod. Joint ACTRIMS-ECTRIMS Meeting, September 2014; Boston Massachusetts, Abstract 1570, [Free Communication FC1.5].

5. Ziemssen T, et al. 24-month interim results of PANGAEA: A 5-year registry study evaluating long-term safety, efficacy and pharmacoeconomic data of German multiple sclerosis patients on fingolimod therapy. Poster presented at AAN 2014; Philadelphia, [Poster P3.152].

Psychopharmakotherapie 2015; 22(02)