Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen
Bis zu 50% aller Patienten mit multipler Sklerose (MS) haben nachweisbare kognitive Störungen. Ginkgo-biloba-Extrakt (EGb 761) hat unter anderem biologische Effekte auf den Platelet-Activating-Faktor (PAF). PAF wird von postsynaptischen Terminalen freigesetzt und ist ein Mediator von Entzündungsprozessen unter anderem im Gehirn. Vor diesem Hintergrund unternahmen die amerikanischen Autoren eine Pilotstudie, um herauszufinden, ob Ginkgo-biloba-Extrakt möglicherweise kognitive Funktionen von MS-Patienten verbessert. In die Studie wurden MS-Patienten eingeschlossen, die bei mindestens einem von vier neuropsychologischen Tests um mindestens eine Standardabweichung unter dem Mittelwert lagen. Im Einzelnen handelte es sich um den Stroop-Test, den California Verbal Learning Test II, den Controlled Oral Word Association Test (COWAT) und die Paced Auditory Serial Addition Task. Randomisiert erhielten die Patienten 2-mal täglich entweder 120 mg Ginkgo-biloba-Extrakt (n=61) oder Plazebo (n=59) für 12 Wochen.
Für keinen der neuropsychologischen Tests ergab sich nach 12 Wochen ein signifikanter Unterschied zwischen Verum und Plazebo. Die Verträglichkeit des Ginkgo-biloba-Extrakts war gut.
Kommentar
Diese Studie zeigt, dass die Einnahme von 120 mg Ginkgo-biloba-Extrakt 2-mal täglich keinen Einfluss auf kognitive Störungen bei Patienten mit multipler Sklerose hat. Die wesentlichen Einschränkungen der Studie sind allerdings, dass die Fallzahl relativ gering ist und eine Beobachtungsdauer von 12 Wochen möglicherweise zu kurz ist. Angesichts der negativen Studienergebnissen dieser Pilotstudie ist es allerdings unwahrscheinlich, dass es eine größere Phase-III-Studie geben wird.
Quelle
Psychopharmakotherapie 2013; 20(02)