Pregabalin und Gabapentin als mögliche Alternativen in der Behandlung des Status epilepticus


Johannes Rösche, Kristin Rantsch und Reiner Benecke, Rostock

Für die Therapie des nonkonvulsiven Status epilepticus (NKSE) und der Epilepsia partialis continua (EPC) machen die meisten Leitlinien nicht so eindeutige Vorgaben wie für den Status generalisierter tonisch-klonischer Anfälle (GTKSE). Sowohl nonkonvulsiver Status epilepticus als auch Epilepsia partialis continua sind aber nicht selten therapierefraktär. Daher kommen hier gelegentlich auch Substanzen zum Einsatz, die über keine Zulassung für die Behandlung eines Status epilepticus (SE) verfügen. Im Rahmen dieser Übersichtsarbeit wurden die bis zum 8. März 2012 im ISI Web of Knowledge gelisteten Fallberichte und Fallserien zur Anwendung von Pregabalin (PGB) und Gabapentin (GBP) bei unterschiedlichen Formen des Status epilepticus, ergänzt um Berichte über den Einsatz von Pregabalin oder Gabapentin im Rahmen einer Status-epilepticus-Behandlung mit Lacosamid oder Levetiracetam, analysiert. Pregabalin wurde im Rahmen von drei Fallserien in Dosen von 150 mg bis 600 mg und zwei Einzelfallberichten, Gabapentin in insgesamt 14 Behandlungsepisoden in Dosen von 800 mg bis 4800 mg eingesetzt. Pregabalin und Gabapentin sind zur Behandlung des Status epilepticus nicht zugelassen. Aufgrund der unsicheren Datenlage sollte der Einsatz beider Substanzen beim Status epilepticus nur mit größter Zurückhaltung erfolgen, wobei im Zweifelsfall aufgrund der etwas besseren Datenlage Pregabalin der Vorzug gegeben werden sollte.
Schlüsselwörter: Status epilepticus, Pregabalin, Gabapentin, Erfolgsrate
Psychopharmakotherapie 2012;19:209–13.

Der Status epilepticus (SE) ist ein häufiges klinisches Problem, das in Abhängigkeit von der Ursache und den Begleiterkrankungen mit einer hohen Letalität einhergeht. Zur Behandlung des generalisierten tonisch-klonischen Status epilepticus (GTKSE) sollen zunächst Benzodiazepine, vorzugsweise Lorazepam (LZP), verabreicht werden, gefolgt von i.v. Antiepileptika insbesondere Phenytoin (PHT), Valproinsäure (VPA), Phenobarbital (PB) (Tab. 1). Bei fortbestehender Therapierefraktäriät nach Gabe eines i.v. Antiepileptikums kommen dann Intubationsnarkosen zum Einsatz [5, 9]. Die Empfehlungen für die Behandlung des nonkonvulsiven Status epilepticus (NKSE) und der Epilepsia partialis continua (EPC) machen dagegen keine so eindeutigen Vorgaben. Besonders bei der Epilepsia partialis continua kann nach Shorvon und Mitarbeitern 2008 [18] nach Versagen der Benzodiazepine letztendlich jedes Medikament versucht werden, welches sich bei der Behandlung refraktärer Epilepsien bewährt hat. Beim nonkonvulsiven Status epilepticus wird nach Erfolglosigkeit der Erst- und Zweitbehandlung an Stelle von Anästhetika die weitere Gabe von i.v. Substanzen wie Levetiracetam (LEV), Phenobarbital oder Valproinsäure empfohlen [12]. Dies geht auf eine Fallserie von Litt und Mitarbeitern 1998 [10] zurück, in der betagte Patienten mit nonkonvulsivem Status epilepticus, die aufgrund einer Patientenverfügung nicht intensivmedizinisch behandelt wurden, nicht häufiger verstarben als die intensivmedizinisch behandelten, aber deutlich früher entlassen werden konnten. Grundsätzlich kann auch die nasogastrale Gabe von Substanzen versucht werden, für die nur orale Darreichungsformen zur Verfügung stehen.

Tab. 1. Im Text genannte Antiepileptika und ihr Zulassungsstatus für die Behandlung des Status epilepticus (SE) (in alphabetischer Reihenfolge)

Wirkstoff

Abkürzung

Handelsname®
(Beispiel)

Zulassung zur SE-Therapie

Carbamazepin

CBZ

Tegretal

Clonazepam

CLN

Rivotril

Ja (Injektionslösung)

Fosphenytoin

FoPHT

(Cerebyx; in D nicht zugelassen)

Gabapentin

GBP

Neurontin

Lacosamind

LCM

Vimpat

Levetiracetam

LEV

Keppra

Lorazepam

LZP

Tavor

Ja (Injektionslösung)

Phenobarbital

PB

Luminal

Ja (Injektionslösung)

Phenytoin

PHT

Phenhydan

Ja (Injektions-/Infusionslösung)

Pregabalin

PGB

Lyrica

Topiramat

TPM

Topamax

Valproinsäure

VPA

Ergenyl

Ja (Injektionslösung)

Aufgrund tierexperimenteller Arbeiten gilt als pathophysiologische Grundlage eines therapierefraktären Status epilepticus eine 50%ige Reduktion der Dichte synaptischer GABA-(Gamma-Aminobuttersäure-)Rezeptoren in Verbindung mit einer vermehrten Expression von glutamatergen NMDA-(N-Methyl-D-aspartat-)Rezeptoren [21]. Daher kann die Frage gestellt werden, ob bei der Behandlung eines Status epilepticus nach Versagen der Benzodiazepine und der i.v. Antiepileptika der ersten Wahl in der dann etablierten späten Phase eines Status epilepticus vielleicht die Gabe von Substanzen eine besondere Rolle spielen könnte, die die präsynaptische Glutamatausschüttung hemmen, wie es Gabapentin und Pregabalin über eine Bindung an die α2δ-1-Untereinheit des Calciumkanals tun [22].

Methode

Wir führten am 8. März 2012 eine Literaturrecherche in der Datenbank Thomson Reuters Web of Knowledge (früher: ISI Web of Knowledge) mit den Suchwörtern „Pregabalin“ und „Status epilepticus“ sowie „Gabapentin“ und „Status epilepticus“ durch. Es wurden sieben Arbeiten gefunden, die über eine Behandlung im Umfeld eines Status epilepticus mit Pregabalin oder Gabapentin berichteten. Pregabalin wurde in zwei Fallserien und Gabapentin in fünf Arbeiten über insgesamt sieben Behandlungsepisoden als mögliche Behandlungsoption beschrieben. Um einen möglichen Publikationsbias zugunsten positiver Behandlungsberichte möglichst gering zu halten, untersuchten wir zusätzlich alle Arbeiten, die in zwei aktuellen Übersichtsarbeiten zum Einsatz von Lacosamid (LCM) [15] und Levetiracetam [16] beim Status epilepticus zitiert wurden, auf Berichte über Behandlungen mit Pregabalin oder Gabapentin.

Ergebnisse

Berichte über Pregabalin

In der Literaturrecherche wurden zwei Fallserien [13, 19] zur Pregabalin-Anwendung bei Status epilepticus gefunden. Die Daten der Fallserie von Novy und Rossetti [13] basieren auf elf Episoden eines Status epilepticus. Darunter litten drei Patienten unter einer Epilepsia partialis continua, sechs Patienten unter einem nonkonvulsiven Status epilepticus und zwei Patienten unter einem generalisierten tonisch-klonischen Status epilepticus. Das durchschnittliche Alter der Patienten (10 weiblich, 1 männlich) betrug 57 Jahre. Pregabalin wurde frühestens als zweite, meist als dritte oder vierte Substanz in durchschnittlichen Dosen von 450 mg (150 bis 600 mg) im Mittel fünf Tage nach der Diagnose eines Status epilepticus verabreicht. Nach der Definition der Autoren wurde eine Pregabalin-Behandlung als erfolgreich angesehen, wenn der Status innerhalb von 24 Stunden nach Pregabalin-Gabe ohne Dosiserhöhung der übrigen Antiepileptika sistierte. Dies war bei fünf Patienten (=45%) der Fall. Bei drei weiteren Patienten war nach Einschätzung der Autoren Pregabalin an der Durchbrechung des Status mit beteiligt. Bei den übrigen drei Patienten hatte Pregabalin vermutlich keinen Effekt.

Tatsächlich ist der Anteil eines bestimmten Antiepileptikums an der Beendigung eines Status epilepticus im Rahmen der bei einem refraktären Verlauf meist etablierten Polytherapie oft schwer einzuschätzen. Swisher und Mitarbeiter [19] gingen daher bewusst den Weg, den Einfluss einer bestimmten Dreierkombination unabhängig von der Reihenfolge der Einführung der Einzelsubstanzen in die Therapie zu untersuchen. Sie identifizierten retrospektiv 23 Patienten, die einen Hirntumor hatten und dadurch bedingt einen nonkonvulsiven Status epilepticus erlitten und mit der Kombination von Phenytoin, Levetiracetam und Pregabalin behandelt worden waren. Das durchschnittliche Alter der Patienten (12 weiblich, 11 männlich) betrug 56,9 Jahre. Pregabalin wurde in sechs Fällen als zweite Substanz, in den übrigen als dritte Substanz gegeben. Die Dosis betrug durchschnittlich 421 mg. Durch die Kombination von Phenytoin, Levetiracetam und Pregabalin konnte bei 16 Patienten (=70%) der Status epilepticus durchbrochen werden, bei fünf dieser Patienten war Pregabalin nicht die als letzte in die Therapie eingeführte Substanz. Nach der Definition für eine erfolgreiche Pregabalin-Gabe in der Arbeit von Novy und Rossetti [13] hätte damit die Erfolgsrate bei 48% gelegen.

In einer weiteren Fallserie, die über die Levetiracetam-Übersichtsarbeit [16] gefunden wurde, war Pregabalin bei vier von 65 Patienten mit Epilepsia partialis continua als zweite bis siebte Substanz eingesetzt worden, davon einmal mit Erfolg [11]. Nach diesen drei Fallserien mit insgesamt 38 Behandlungsepisoden läge der Mittelwert für die Erfolgsrate von Pregabalin beim Status epilepticus bei 44,7% mit einer fallzahlgewichteten Standardabweichung des Mittelwerts von 0,2% und einem 95%-Konfidenzintervall von 44,3% bis 45,1%.

Zwei der Arbeiten zum Lacosamid-Einsatz beim Status epilepticus berichteten über jeweils eine erfolglose Statusbehandlung mit Pregabalin [7, 17]. Zum einen [7] war einer 56-jährigen Frau mit nonkonvulsivem Status epilepticus nach zwei generalisierten tonisch-klonischen Anfällen bei Hirnblutung und Leberversagen nach 2 mg Lorazepam (LZP), 1000 mg Fosphenytoin (FoPHT; im deutschsprachigen Raum nicht zugelassen) und 2000 mg Levetiracetam schließlich Pregabalin in einer Dosis von 2-mal 300 mg gegeben worden. Der nonkonvulsive Status epilepticus persistierte und konnte erst am Folgetag mit Lacosamid in der relativ niedrigen Dosierung von 50 mg i.v. durchbrochen werden. Zum anderen [17] war einer 74-jährigen Frau, die im Rahmen einer symptomatischen Epilepsie nach Meningeom-Operation unter einer Medikation mit Valproinsäure 2000 mg und Levetiracetam 4000 mg einen aphasischen Status epilepticus entwickelt hatte, nach 1 mg Clonazepam (CLN) Pregabalin 2-mal 75 mg zusätzlich gegeben worden. Hier konnte auch die weitere Zugabe von Lacosamid 100 mg/Tag und Topiramat (TPM) 50 mg/Tag den Status nicht beenden. Eine Infusion mit Phenytoin 750 mg konnte zwar den Staus durchbrechen, machte jedoch aufgrund von Intoxikationserscheinungen eine vorübergehende Betreuung auf der Intensivstation erforderlich. Der Fall zeigt eindrucksvoll den Bedarf an gut verträglichen Substanzen zur Behandlung des nonkonvulsiven Status epilepticus im Alter.

Berichte über Gabapentin

In der Literaturrecherche wurden fünf Veröffentlichungen über insgesamt sieben Behandlungsepisoden gefunden [2–4, 14, 23]. In der Übersichtsarbeit zu Levetiracetam [16] findet sich der Verweis auf zwei Fallberichte mit erfolglosem Gabapentin-Einsatz [1, 24] und eine Fallserie von Patienten mit Epilepsia partialis continua, in der bei fünf von 65 Patienten Gabapentin als zweite bis siebte Substanz jeweils ohne Erfolg eingesetzt wurde [11].

In vier Fallberichten [2, 14, 23, 24] wird Gabapentin als mögliche Option im Rahmen der Behandlung eines Status epilepticus bei akuter intermittierender Porphyrie vorgestellt, da durch diese Substanz normalerweise keine Exazerbation der Porphyrie hervorgerufen wird. Bhatia et al. [2] berichteten von einem Patienten, der bereits vor Entwicklung eines Status epilepticus auf Gabapentin und Levetiracetam eingestellt war (Dosis nicht mitgeteilt). Zur Behandlung des Status epilepticus wurde zunächst Lorazepam und dann Propofol (1,5 mg/kg/Stunde) eingesetzt. Es folgte die nasogastrale Gabe von Levetiracetam 1500 mg und Gabapentin 1600 mg. Erst eine zweimalige Erhöhung der Propofol-Dosis auf schließlich 3 mg/kg/Stunde konnte den Status beenden. Die Rolle von Gabapentin und Levetiracetam in dieser Behandlungsepisode ist daher eher als Etablierung bzw. Fortführung einer Basismedikation anzusehen. Yandel und Mitarbeiter [23] berichten von einer Patientin mit nonkonvulsivem Status epilepticus auf der Basis eines anaplastischen Astrozytoms WHO-Grad III. Die Statusbehandlung mit Pentobarbital-Narkose führte zu einer akuten intermittierenden Porphyrie. Die Patientin hatte weiterhin mehrere Anfälle pro Woche. Durch Zugabe von Gabapentin zu Phenytoin und Carbamazepin (CBZ) konnte die Anfallsfrequenz etwas gesenkt werden. Eine eigentliche Statusbehandlung mit Gabapentin erfolgte damit nicht. Bei der 26-jährigen Patientin von Pandey und Mitarbeitern [14] kam es unter 1800 mg Gabapentin/Tag eher zu einer Zunahme der Anfallsaktivität. Erst eine Propofol-Gabe konnte den Status durchbrechen. Gabapentin mit 2700 mg/Tag wurde dann erfolgreich als Erhaltungstherapie eingesetzt. Die Rolle von Gabapentin bei der Statusbehandlung bei Patienten mit akuter intermittierender Porphyrie ist nach diesen Fallberichten eher in der Erhaltungstherapie als in der Statusdurchbrechung zu sehen.

In einem weiteren Fallbericht [24] zum Status epilepticus bei Porphyrie wurde am Beginn einer Anfallshäufung die vorbestehende Medikation mit Gabapentin 2700 mg auf 4800 mg erhöht, was zu einem toxischen Spiegel von 50,6 mg/dl führte. Der Status epilepticus wurde dadurch nicht durchbrochen. Vielmehr steht nach der Literatur [6] zu erwarten, dass der toxische Spiegel zu einer Verschlechterung der Anfallssituation beitrug. Nach Durchbrechung des Status epilepticus mit Levetiracetam betrug die Gabapentin-Erhaltungsdosis 1800 mg. Bei einem weiteren Patienten nach Lebertransplantation [1] wurden 1200 mg Gabapentin ohne Erfolg zur Status-epilepticus-Behandlung eingesetzt. Der Status epilepticus konnte später durch Levetiracetam durchbrochen werden.

Denq und Mitarbeiter [3] beschreiben in einem Abstract den Einsatz von Gabapentin bei zwei Patientinnen als Behandlungsoption bei refraktärem Status epilepticus. Im ersten Fall handelte es sich um einen Status epilepticus bedingt durch eine aseptische Meningoenzephalitis. Gabapentin wurde als fünfte Substanz in einer Dosis von 3600 mg/Tag erfolgreich eingesetzt. In einem laut den Autoren ähnlich gelagerten Fall wurde Gabapentin in einer Dosis von 3200 mg/Tag eingesetzt. In beiden Fällen konnte der Status epilepticus durchbrochen werden. Bedauerlich ist, dass keine ausführliche Publikation der Fälle erfolgte.

Ettinger und Devinsky [4] stellen in ihrer Arbeit zwei Patienten vor, die unter einem refraktären komplex fokalen Status litten. Bei dem ersten Patienten konnte eine Anfallsfrequenz von einem Anfall alle drei bis zehn Minuten durch Phenytoin 1000 mg nicht beeinflusst werden. Insgesamt 24 mg Lorazepam und weitere 1000 mg Phenytoin besserten die Situation nicht. Bereits die Gabe von Gabapentin 600 mg senkte die Frequenz auf einen Anfall pro Stunde. Eine weitere Aufdosierung auf 4500 mg Gabapentin/Tag innerhalb von fünf Tagen führte schließlich zu Anfallsfreiheit. Einschränkend muss gesagt werden, dass der Patient zum Höhepunkt des Anfallsgeschehens einen Blutglucosespiegel von 300 bis 400 mg/dl hatte. Nicht-ketotische Hyperglykämien auch in diesem geringen Ausmaß sind als Ursachen von nonkonvulsivem Status epilepticus und Epilepsia partialis continua bekannt und die Blutzuckersenkung gilt in diesen Situationen als die entscheidende Behandlungsmaßnahme [8]. Über die weiteren Blutzuckerwerte bei dem hier beschriebenen Patienten ist nichts bekannt, sodass der Anteil der Blutzuckersenkung am Behandlungserfolg nicht abgeschätzt werden kann. Der zweite von Ettinger und Devinsky [4] beschriebene Patient entwickelte unter einer Medikation mit Phenobarbital und Phenytoin einen nonkonvulsiven Status epilepticus, dessen Symptomatik nach Gabe von 1000 mg Fosphenytoin und 2 mg Lorazepam in einen Zustand von Bewusstlosigkeit überging, dem fortlaufende elektroenzephalographische Anfallsäquivalente zugrunde lagen. Zwei Stunden nach Gabe von 600 mg Gabapentin gingen die Anfallsmuster in Häufigkeit und Dauer zurück. Eine weitere Aufdosierung auf eine Tagesdosis von 1200 mg führte zur vollständigen Rückbildung der Anfallsmuster und zum Aufklaren des Patienten.

Diskussion

Aus theoretischen Erwägungen erscheint im refraktären Status epilepticus der Einsatz von Substanzen, die wie Gabapentin und Pregabalin unter anderem die Glutamatausschüttung hemmen, sinnvoll. Dessen eingedenk überrascht die geringe Zahl der bisherigen klinischen Veröffentlichungen zum Einsatz dieser beiden Substanzen in dieser Situation.

Für die Behandlungsepisoden mit Gabapentin wird teilweise lediglich über den Einsatz von Gabapentin als Erhaltungstherapie berichtet. Nur vier Behandlungsepisoden [3, 4] lassen allenfalls relativ eindeutig einen Behandlungserfolg des Gabapentin im Sinne einer Durchbrechung des Status epilepticus erkennen. Dem stehen acht Behandlungsepisoden [1, 11, 14, 24] ohne Therapieerfolg gegenüber. Bedenkt man, dass erfolglose Behandlungsepisoden üblicherweise nicht publiziert werden (Publikations-Bias), dass Gabapentin bei idiopathischen generalisierten Epilepsien zur Provokation epileptischer Anfälle beitragen [20] und in toxischen Dosierungen auch bei bisher anfallsfreien Menschen Myoklonien und generalisierte Spike-Wave-Muster hervorrufen kann [6], sollte der Einsatz beim therapierefraktären Status epilepticus äußerst zurückhaltend erfolgen. Aufgrund der Datenlage ist eine Erfolgsrate von maximal 30% zu erwarten.

Etwas günstiger erscheint die Situation bei Pregabalin. Auch dieses ist nicht zur Behandlung des Status epilepticus zugelassen. Es liegen jedoch drei Fallserien [11, 13, 19] vor, die eine gewisse Wirksamkeit vermuten lassen. Man sollte aber bedenken, dass das auf der Basis dieser Fallserien errechnete 95%-Konfidenzintervall für den Mittelwert der Erfolgsrate mit 44,3% bis 45,1% deutlich unter den mit der gleichen Methode errechneten Erfolgsraten (95%-Konfidenzintervalle des Mittelwerts) von 53% bis 63% für Lacosamid [15] und von 53,7% bis 58,1% für Levetiracetam [16] liegt, die beide ebenfalls nicht offiziell zur Statusbehandlung zugelassen sind. Der Einsatz von Pregabalin beim Status epilepticus sollte daher besonderen Situationen vorbehalten bleiben.

Interessenkonflikte

JR erhielt Vortragshonorare von UCB Pharma GmbH und GlaxoSmithKline, Reisekostenunterstützung von UCB Pharma GmbH, war als Berater für UCB Pharma GmbH tätig und erhielt Forschungsgelder von Pfizer GmbH.

KR und RB geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

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3. Denq JC, Lee JT, Shyu YD. Gabapentin in treatment of refractory status epilepticus: Two case reports. J Neurol Sci 2005;238(Suppl 1):120.

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Dr. Dr. Johannes Rösche, Kristin Rantsch, Prof. Dr. Reiner Benecke, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universität Rostock, Gehlsheimer Straße 20, 18147 Rostock, E-Mail: johannes.roesche@med.uni-rostock.de

Pregabalin and gabapentin as a possible alternative in treatment of status epilepticus

The non-convulsive status epilepticus and epilepsia partialis continua are common epileptic conditions for which straightforward recommendations based on controlled randomized trials for treatment in therapy refractory courses are lacking. Therefore sometimes antiepileptic drugs are used in these conditions, which are not approved by the governmental authorities for the treatment of status epilepticus. Here we review all case-reports and case-series concerning the treatment of status epilepticus (SE) with pregabalin (PGB) or gabapentin (GBP), which were listed in ISI-Web-of-Knowledge until March 8th 2012. Reports of treatment with PGB or GBP in studies concerning the treatment of SE with lacosamide or levetiracetam were taken into account additionally. PGB was used in three case series and two case reports in dosages between 150 mg and 600 mg. The use of GBP (800 mg–4,500 mg) was described in 14 treatment episodes. PGB and GBP are not approved for treatment of SE. Due to the very few data available they should be used very cautiously in the treatment of SE. Since there are some more favorable data for PGB than for GBP in cases where the inhibition of presynaptic glutamate release is considered PGB should be preferred.

Key words: Status epilepticus, pregabalin, gabapentin, success-rate

Psychopharmakotherapie 2012; 19(05)