Gabriele Blaeser-Kiel, Hamburg
Patienten mit einer neu diagnostizierten Epilepsie wünschen sich eine Therapie, die dauerhaft anfallsfrei macht, keine Nebenwirkungen hat und einfach in der Handhabung ist. Zonisamid (Zonegran®) bringt gute Voraussetzungen mit, diesen Anforderungen gerecht zu werden: ein breites Wirkspektrum, eine unkomplizierte Pharmakokinetik und ein geringes Interaktionsrisiko. Für den Lebensalltag der Betroffenen ist darüber hinaus von Vorteil, dass in den meisten Fällen die Einnahme nur einmal täglich erforderlich ist.
In Europa beschränkt sich die Zulassung bisher auf die Zusatztherapie von fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung. In Japan, wo Zonisamid zuerst zugelassen wurde, wird es seit mehr als 20 Jahren auch in Monotherapie eingesetzt. Dies könnte auch hier bald möglich sein, denn bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA wurde im August 2011 die Erweiterung der Zulassung auf die Monotherapie beantragt.
Grundlage für den Antrag sind die Ergebnisse eines randomisiert doppelblinden Vergleichs von Zonisamid (Zieldosis 300 mg/Einmalgabe abends) mit Carbamazepin Retard (Zieldosis 600 mg/zweimal täglich 300 mg), dem Therapiestandard bei fokalen Epilepsien. Für die Studie waren in 120 Zentren in Europa, Asien und Australien 582 bisher unbehandelte Patienten im Alter zwischen 18 und 75 Jahren (im Mittel 37 Jahre) rekrutiert worden. Sie hatten in den vorangegangenen drei bzw. zwölf Monaten im Mittel drei bzw. fünf Anfälle gehabt. In etwa 40% der Fälle waren die Anfälle komplex-fokal und in 60% sekundär generalisiert gewesen.
Primärer Endpunkt war Anfallsfreiheit in der Per-Protocol-Population über mindestens sechs Monate unter gleichbleibender Dosis. In diese Analyse konnten aus beiden Kollektiven knapp 80% der Patienten einbezogen werden. Das Behandlungsziel erreichten im Zonisamid-Arm 79% und im Carbamazepin-Arm 84% der Patienten. Damit war statistisch das Kriterium der Nicht-Unterlegenheit erfüllt (Abb. 1): Die untere Grenze des Konfidenzintervalls für die absolute Differenz lag zwar knapp unterhalb der a priori im Protokoll definierten unteren Grenze von 12%, jedoch innerhalb der von der EMA geforderten 15%-Marge, und die absolute Differenz zwischen beiden Ansprechraten war deutlich kleiner als die relative Abweichung von 20%, die gemäß den ILAE-Leitlinien einen klinisch signifikanten Wirksamkeitsunterschied definiert.
Abb. 1. Patienten mit mindestens sechsmonatiger Anfallsfreiheit unter gleich bleibender Dosis von Zonisamid (ZNS) oder Carbamazepin (CBZ) [3]
Auch hinsichtlich Sicherheit und Verträglichkeit waren Zonisamid und Carbamazepin vergleichbar. Die Zahl der Therapieabbrüche wegen behandlungsbedingter Nebenwirkungen war mit 11 und 12% gering. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren: Kopfschmerzen (10 versus 12%), Appetitminderung (8 versus 2%), Somnolenz (6 versus 8%), Schwindelgefühl (4 versus 8%), Gewichtsabnahme (7 versus 0%), Fatigue (5 versus 4%), Hautausschlag (2 versus 4%) und Fieber (4 versus 4%).
Fazit
Zonisamid hat sich in Monotherapie in puncto sechsmonatiger Anfallsfreiheit bei Patienten mit neu diagnostizierter fokaler Epilepsie dem Standard Carbamazepin als nicht unterlegen erwiesen. Die Erweiterung des Indikationsgebiets auf den Einsatz in Monotherapie ist bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA beantragt. Damit könnte für Patienten mit fokalen Epilepsien in absehbarer Zeit erstmals eine initiale Monotherapie mit nur einmal täglicher Einnahme möglich sein.
Quellen
1. Brodie MJ, et al. Präsentation beim 29th International Epilepsy Congress, Rom 2011.
2. Priv.-Doz. Dr. med. Martin Holtkamp, Berlin, Dr. med. Peter Emrich, Hamburg; Fachpresse-Roundtable „Eisai-Epilepsie-Portfolio: Neue Erkenntnisse – neue Horizonte“, Düsseldorf, 30. November 2011, veranstaltet von Eisai GmbH.
3. Baulac M. Präsentation beim 29th International Epilepsy Congress, Rom 2011.
Psychopharmakotherapie 2012; 19(02)