Morbus Parkinson

Zuverlässige Therapie mit Pramipexol-Retardformulierung


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Je mehr Medikamente Parkinson-Patienten täglich einnehmen müssen, desto schlechter ist die Compliance und damit der Behandlungserfolg. Eine neue Retardformulierung von Pramipexol gewährleistet über 24 Stunden hinweg eine kontinuierliche Wirkstofffreisetzung und vereinfacht die Therapie. Die Umstellung von der dreimal täglichen unretardierten Pramipexol-Gabe auf die einmal tägliche Gabe Pramipexol retard kann über Nacht erfolgen, berichtete Prof. Dr. Claudia Trenkwalder, Kassel, auf einer Veranstaltung anlässlich des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Nürnberg [1].

Die Aufdosierung der meisten Parkinson-Medikamente erfolgt nach einem komplizierten Schema und erfordert eine Mehrfacheinnahme – ein zeitlicher Mehraufwand für den Arzt und eine potenzielle Gefahr für den Behandlungserfolg. Für die Patienten sind die komplexen Therapieschemata schwierig zu verstehen und einzuhalten. Das kann schließlich zu einer mangelnden Compliance sowie zu einer Divergenz zwischen der verordneten und der tatsächlich eingenommen Medikation führen. Das Compliance-Defizit kann sich sowohl in einer Tabletteneinnahme über das verordnete Maß hinaus äußern als auch in einer Einnahme unter dem verordneten Maß. Im ersten Fall kann es zu unerwünschten Arzenimittelwirkungen und Therapiekomplikationen kommen. Nimmt der Patient dagegen weniger Tabletten ein als verordnet, bleiben die Symptome bestehen und der Arzt wird die Dosis erhöhen. Zudem machen die meisten Patienten Fehler beim Einnahmezeitpunkt. Eine Reduktion der Tablettenzahl und eine Vereinfachung des Einnahmeschemas sind wirkungsvolle Ansätze zur Behebung des Compliance-Defizits.

Tägliche Einmalgabe möglich

Mit Pramipexol retard (Sifrol® retard) ist eine neue Option für die tägliche Einmalgabe eines Dopaminagonisten verfügbar. Die Retardtablette liegt in einer Hydrogel-Formulierung vor, aus der der Wirkstoff über 24 Stunden hinweg kontinuierlich freigesetzt wird. Pramipexol retard steht in fünf Stärken zur Verfügung (0,26, 0,52, 1,05, 2,1 und 3,15 mg). In klinischen Studien mit Patienten mit früher und fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung wurde eine mit der Standardformulierung vergleichbare Bioverfügbarkeit, Wirksamkeit und Verträglichkeit gezeigt. Bei einmal täglicher Gabe führt das Retardpräparat zu gleichmäßigeren Plasmaspiegeln über 24 Stunden als die bisherige dreimal tägliche Gabe [2].

Pramipexol retard in klinischen Studien

In einer randomisierten, Plazebo-kontrollierten Doppelblindstudie mit 259 Parkinson-Patienten mit einer durchschnittlichen Erkrankungsdauer von einem Jahr erwiesen die beiden Präparate eine vergleichbare und gegenüber Plazebo überlegene Wirksamkeit [3]. Auch beim Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen wurde kein Unterschied zwischen Pramipexol retard (1-mal täglich) und dem Standardpräparat (3-mal täglich) festgestellt.

Ähnliche Ergebnisse zeigten sich in einer weiteren randomisierten, Plazebo- kontrollierten Doppelblindstudie mit 517 Patienten im fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Erkrankung [4]. Beide Pramipexol-Formulierungen führten zu einer vergleichbaren und gegenüber Plazebo überlegenen Reduktion des UPDRS(Unified Parkinson disease rating scale)-Werts und erzielten eine ebenfalls vergleichbare Reduktion der Off-Zeit.

Der adäquate Umstellungsmodus wurde in einer weiteren Studie mit 104 Patienten im Frühstadium (Hoehn und Yahr I–III) untersucht [5]. Nach einer Therapie mit nichtretardiertem Pramipexol über 4 Wochen wurde die eine Hälfte der Patienten über Nacht umgestellt, die andere Hälfte wurde mit nichtretardiertem Pramipexol weiterbehandelt. 84,5% der Patienten konnten erfolgreich auf Pramipexol retard umgestellt werden, bei 82,8% war dies ohne Dosisanpassung möglich. Das bedeutet, dass eine Umstellung auf das Retardpräparat von einem Tag auf den anderen möglich ist und dabei in den meisten Fällen die bisherige Tagesdosis beibehalten werden kann.

Quellen

1. Priv.-Doz. Dr. Ilonka Eisensehr, München, Dr. Sven Schreder, Biberach und Prof. Dr. Claudia Trenkwalder, Kassel, Pressegespräch „Eine neue Option für die Parkinson-Therapie: Sifrol® Retard macht den Unterschied“ veranstaltet von Boehringer Ingelheim im Rahmen des DGN-Kongresses, Nürnberg, 23. September 2009.

2. Koenen-Bergmann M, et al. A multiple rising-dose bioequivalence phase I study with a pramipexole extended release (ER) formulation. Eur J Neurol 2008;15(Suppl 3):97 (P1248).

3. Poewe W, et al. Pramipexole extended-release is effective in early Parkinson’s disease. 13. Jahreskongress der Movement Disorder Society, Paris, 7. bis 11. Juni 2009, Poster P-185.

4. Schapira AHW, et al. Efficacy and safety of pramipexole extended-release for advanced Parkinson’s disease. 13. Jahreskongress der Movement Disorder Society, Paris, 7. bis 11. Juni 2009, Poster P-199.

5. Rascol O, et al. Overnight switching from immediate- to extended-release pramipexole in early Parkinson’s disease. 61. Jahres- tagung der Amerikanischen Akademie für Neurologie, Seattle/USA, 25. April bis 2. Mai 2009, Poster P06-152.

Psychopharmakotherapie 2010; 17(01)