Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen
Das Restless-Legs-Syndrom geht mit unangenehmen Sensationen in den Beinen, Muskelkrämpfen und einen Bewegungsdrang einher. Die Symptome treten insbesondere dann auf, wenn man zur Ruhe kommt oder liegt. 75% der Patienten berichten über ausgeprägte Schlafstörungen. Die Prävalenz eines behandlungsbedürftigen Restless-Legs-Syndrom liegt bei 2 bis 3% der Bevölkerung. Die Behandlung erfolgt derzeit in erster Linie mit Levodopa oder Dopaminagonisten, wobei insbesondere bei Levodopa das Problem besteht, dass es nicht lange genug wirkt, um die Patienten die ganze Nacht beschwerdefrei zu halten. Dopaminagonisten haben eine Vielzahl von Kontraindikationen und bei einem Teil der Patienten kommt es zu einer sogenannten Augmentation, das heißt, trotz zunehmender Dosierung des Dopaminagonisten treten die Symptome des Restless-Legs-Syndroms immer wieder auf. Daher besteht eine Notwendigkeit neue Therapien für das Restless-Legs-Syndrom zu finden.
XP13512/GSK1838262 ist eine Modifikation des Gabapentin-Moleküls (Gabapentinenacarbil, Abb. 1). Gabapentin als Muttersubstanz hat pharmakokinetische Eigenschaften, die es für die Anwendung beim Restless-Legs-Syndrom als ungeeignet erscheinen lassen. Die neue Substanz ist dahingehend modifiziert, dass sie sehr gut resorbiert wird und im Gegensatz zur Muttersubstanz eine lineare Kinetik hat.
Abb. 1. Gabapentin (1) und Gabapentinenacarbil (XP13512/GSK1838262 (2)
Studiendesign und -ergebnisse
An der vorliegenden 12-wöchigen multizentrischen, randomisierten, doppelblinden und Plazebo-kontrollierten Studie nahmen 222 Patienten teil. Sie nahmen einmal täglich nachmittags um 17 Uhr entweder 1200 mg Studiensubstanz (n=114) oder Plazebo (n=108) ein. Endpunkte waren die mittlere Veränderung gegenüber der Baseline in der International Restless Legs Scale (IRLS) und der Prozentsatz der Patienten, die als Responder eingestuft wurden, also eine sehr ausgeprägte oder deutliche Verbesserung ihrer Symptome nach 12 Wochen hatten.
192 Patienten beendeten die Studie (Verum 100, Plazebo 92). Nach 12 Wochen hatte der IRLS-Score mit der aktiven Substanz im Mittel signifikant stärker abgenommen als mit Plazebo (–13,2 Punkte vs. –8,8 Punkte). Eine Kovarianzanalyse ergab einen Unterschied des Behandlungseffekts zwischen den beiden Behandlungsgruppen von 4 Punkten (p=0,0003).
Der Anteil der Responder betrug mit XP13512 76% und mit Plazebo 39%. Bereits nach einer Woche zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Therapien.
Die häufigsten geklagten Nebenwirkungen waren Benommenheit (mit aktiver Substanz 27%, Plazebo 7%) und Schwindel (20% versus 5%). Die meisten Nebenwirkungen waren allerdings nur leicht ausgeprägt und ließen im Laufe der Behandlung nach.
Kommentar
Diese gut geplante und durchgeführte Studie zeigt, dass ein modifiziertes Gabapentinmolekül mit guter Resorption und langer Halbwertszeit bei der Behandlung des Restless-Legs-Syndroms im Verhältnis zu Plazebo wirksam ist. Wichtig ist die Tatsache, dass das Medikament nur einmal täglich eingenommen werden muss. Im Verlauf der 12-wöchigen Studie ergab sich auch kein Hinweis darauf, dass die Substanz im Laufe der Zeit an Wirksamkeit verliert. Die Nebenwirkungen sind denen der Muttersubstanz Gabapentin vergleichbar und waren bei den meisten Patienten nur vorübergehend ein Problem.
Eine zweite Studie mit derselben Substanz ist inzwischen abgeschlossen. In den USA wurde bereits ein Zulassungsantrag für Gabapentinenacarbil zur Behandlung des Restless-Legs-Syndroms gestellt.
Quelle
Kushida CA, et al.; XP052 Study Group. Randomized, double-blind, placebo-controlled study of XP13512/GSK1838262 in patients with RLS. Neurology 2009;72:439–46.
Psychopharmakotherapie 2009; 16(03)